Kuess mich, und ich bin verloren
Ringfinger berührt hatte. Seine Anziehungskraft auf sie schien kein bisschen nachgelassen zu haben – obwohl er sie inzwischen hasste.
Was war nur mit ihr los? Hatte er sie nicht wegen einer anderen Frau verlassen? Wie konnte ein Mann sie reizen, der sie so unübersehbar verachtete? Es war verrückt. Aber es gab eine Möglichkeit, ihn für immer loszuwerden. Unsicher überlegte sie, ob sie wirklich alle Brücken zwischen ihnen unwiderruflich zerstören sollte. Schließlich hatte er ihr die Chance verweigert, alles zu erklären. Und ebenso wenig hatte er seinerseits etwas erklärt. Auch nicht, als sie ihn darum gebeten hatte.
Nein, Brand liebte sie nicht mehr. Nur Argwohn, Misstrauen und Hass. Mehr empfand er nicht mehr für sie. Dagegen musste sie sich schützen.
„Ich habe den Ring abgenommen, weil …“ Sie stockte und schluckte schwer. Endlich schob sie ihre Zweifel beiseite. Es musste sein. Ihre wundervolle Ehe war nichts als eine Illusion gewesen. Nun galt es für sie nur noch, ihren Stolz und ihr Gesicht zu bewahren. „Gestern Abend war nicht nur die Eröffnung der Ausstellung.“
Brand starrte sie unbewegt an. Die Sonne arbeitete seine markanten Wangenknochen heraus, konnte aber nichts gegen die dunklen Linien ausrichten, die links und rechts seinen Mund einrahmten. Er sah wirklich so Furcht einflößend wie der Teufel selbst aus. Clea zitterte.
„Harry hat mich gebeten, seine Frau zu werden und …“
„Nein!“ Sein Ausruf glich einer Explosion.
Clea streckte ihm abwehrend die Hände entgegen, obwohl er sich keinen Schritt nach vorne bewegt hatte. Schnell fügte sie noch hinzu: „Und ich habe Ja gesagt.“ Sie hob den Blick und sah Brand in die Augen. „Ein Kind braucht einen Vater.“
Im Stillen entschuldigte sie sich bei Harry für ihre Feigheit, weil sie den einfachen Weg wählte. Brand hielt Harry ohnehin schon für den Vater. Jetzt würde er sie wohl endgültig in Ruhe lassen. Nein, sie wollte ihn nicht zurück. Oder besser gesagt: Sie wollte nicht diesen kalten, misstrauischen Fremden zurück, dessen Liebe nicht stark genug war, um ihr zu vertrauen.
„Du kannst Hall-Lewis nicht heiraten. Wir sind verheiratet.“
„Das sind wir nicht. Denn du bist offiziell tot.“
„Wie bitte?“ Brand kam näher, plötzlich sehr bedrohlich wirkend. „Ich könnte kaum lebendiger sein.“
„Juristisch sieht das etwas anders aus. Ich habe dich für tot erklären lassen.“
„Ach ja?“
„Du bist tot, Brand. Vor dem Gesetz bin ich Witwe.“
Brand verzog den Mund. „Das ist doch Unfug. Ich bin hier, ich lebe, und du bist noch immer meine Frau.“
Er hielt inne, und Clea sah, wie es in ihm arbeitete.
„Für tot erklärt“, meinte er ruhig. „Darum also waren meine Konten eingefroren.“
Bei dem Ausdruck in seinen Augen fühlte sie sich schuldig. „Ja, bis dein Nachlass endgültig geregelt ist. Dann wird alles, was du besessen hast, an die Erben verteilt.“ Sie hatte ihm noch gar nicht von dem Termin am nächsten Morgen bei der Bank erzählt. „Brand …“
„Die Erben? Die Haupterbin bist doch wohl du.“
Seine finstere Miene wirkte beängstigend.
„Jetzt verstehe ich, warum du mich für tot erklären ließest.“
„Brand, ich bin nicht auf dein Geld angewiesen. Das Erbe meiner Oma, mein Job …“
„Den dein Vater dir besorgt hat“, warf er höhnisch ein.
Clea spürte, wie das Blut aus ihrem Gesicht wich. „Geld war mir nie wichtig. Und auch wenn mir die Beziehungen meines Vaters bei meinem Praktikum geholfen haben: Es war allein meine Leistung, warum man mich erst eingestellt und dann befördert hat.“ Clea wischte ihre Locken beiseite, doch verbarg sie schnell wieder die ringlose Hand, als sie sah, wie Brand die Zähne zusammenbiss. „Ich habe für morgen früh einen Termin bei der Bank vereinbart.“
„Du solltest besser auch deine Anwälte anrufen und den Gerichtsbeschluss aufheben lassen, mit dem ich für tot erklärt wurde“, brummte er.
Clea nickte. In der Stille, die plötzlich herrschte, zuckte sie innerlich bei jeder Regung von Brand zusammen. Seine Brust hob und senkte sich unter seinem schwarzen T-Shirt. Jedes Mal, wenn er einatmete, schien er drohend näher zu rücken.
Sie machte einen vorsichtigen Schritt in Richtung Tür.
Doch dort stand Brand. Er drängte sich näher, bis Clea gegen die Glastür stieß. Gefangen. Sie erstarrte, als er sich zu ihr vorbeugte.
Sein vertrauter Duft stieg ihr in die Nase, und ihre Beine wurden weich. So nah, wie sie
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