Küss mich, wenn Du kannst
Wochenende blamieren?«, fragte er leise.
Obwohl sein Argwohn begründet war, durfte sie sich nicht gekränkt fühlen. Trotzdem war sie beleidigt. »Trauen Sie mir das zu?«
»Ich will mich vergewissern, dass wir auf derselben Seite stehen.«
»Auf Ihrer Seite.«
»Ich möchte Sie nur um etwas bitten. Kommen Sie mir nicht in die Quere. Um alles andere kümmere ich mich selber.«
»Das bezweifle ich nicht«, erwiderte sie sarkastisch.
»Was wurmt Sie eigentlich? So bissig sind Sie schon den ganzen Nachmittag.«
Also hatte er‘s bemerkt. Sehr gut. »Keine Ahnung, was Sie meinen.«
»Und nicht nur heute Nachmittag. Wann immer Sie eine Gelegenheit finden, feuern Sie Giftpfeile in meine Richtung. Geht das gegen mich persönlich? Oder symbolisiert das Ihre Gefühle für die Männer im Allgemeinen? Schließlich ist es nicht meine Schuld, dass Ihr letzter Freund beschlossen hat, im selben Team zu spielen wie Sie.«
Okay. Jetzt war sie ernsthaft wütend. »Wer hat Ihnen das erzählt?«
»Durfte ich das nicht erfahren? War es ein Geheimnis?«
»Nicht direkt.« Molly hatte sicher geschwiegen. Aber ihr Mann akzeptierte Robs Handlungsweise noch immer nicht.
Also musste er die unselige Story ausgeplaudert haben. Sie schob einen der Stühle unter den Klapptisch. Mit Heath wollte sie nicht über Rob sprechen. »Tut mit Leid, wenn ich schlecht gelaunt war«, fügte sie hinzu, immer noch schlecht gelaunt. »Aber es fällt mir schwer, Menschen zu verstehen, die ihre Arbeit zum Lebensinhalt erklären und private Beziehungen vernachlässigen.«
»Genau deshalb haben Sie mich hierher gebracht. Um das zu ändern.« Wieder einmal wurde sie festgenagelt. »Gehen wir zum Strand?«, schlug er vor.
»Warum nicht?« Annabelle warf ihr Haar in den Nacken und stapfte an ihm vorbei. »Höchste Zeit, mit der Operation Arschkriechen anzufangen.«
»Sehen Sie? Diese Art von Engagement gefällt mir.«
Das Lagerfeuer knisterte, Funken flogen zum Himmel empor. Auf dem Picknicktisch stand immer noch die Platte mit den Brownies, die Molly an diesem Nachmittag in der Küche der Frühstückspension gebacken hatte. Normalerweise kümmerte sich ein junges Ehepaar um die Verpflegung der Gäste. Aber sobald Molly und Kevin hierher kamen, mischten sie mit. Die Mahlzeit war köstlich gewesen - gegrillte Steaks, gebackene Kartoffeln mit üppigen Saucen, süße Zwiebeln, an den Rändern perfekt geröstet, und ein Salat mit saftigen Birnenscheiben. Am Abend hatten die Tuckers ihre Kinder dem jungen Ehepaar überlassen, niemand musste nach Hause fahren, Wein und Bier flössen in Strömen. Heath war ganz in seinem Element. Den Frauen begegnete er charmant und liebenswürdig, mit den Männern verband ihn fröhliche Kumpanei. Ein Chamäleon, dachte Annabelle. Wie subtil er sein Verhalten dem jeweiligen Publikum anpasst. Alle außer Phoebe genossen seine Gesellschaft. Doch sogar sie begnügte sich mit ein paar vernichtenden Blicken.
Als immer fetzigere Musik aus dem Lautsprecher drang, wanderte Annabelle auf den verlassenen Pier hinaus. Aber kaum begann sie sich in der Einsamkeit zu entspannen, hörte sie Sandalen auf dem Bretterboden klappern und drehte sich zu Molly um. Da die Freundin ihr Baby stillte, war ihr Busen größer geworden. Ansonsten sah sie genauso aus wie das lerneifrige Mädchen, das Annabelle vor über zehn Jahren in einem Seminar für vergleichende Literatur kennen gelernt hatte. An einer Seite hielt eine Spange das glatte braune Haar aus dem Gesicht, winzige silberne Seeschildkröten schmückten die Ohrläppchen. Zu einer violetten Caprihose trug sie ein passendes Top und eine Halskette aus Muscheln.
»Warum hast du mich nicht zurückgerufen?«, fragte sie.
»Tut mir Leid. In letzter Zeit ging‘s ziemlich hektisch zu.« Vielleicht kann ich sie irgendwie ablenken, überlegte Annabelle. »Habe ich dir von meinem hypochondrischen Klienten erzählt? Den will ich mit einer Frau zusammenbringen, die...«
»Vergiss es. Was ist mit dir und Heath los?«
Annabelle kramte die großäugige kleine Unschuld aus dem abgewetzten Beutel ihrer schauspielerischen Aktivitäten am College hervor. »Was meinst du? Das ist rein geschäftlich.«
»Mach mir nichts vor. Dafür sind wir schon zu lange befreundet.«
Nun versuchte Annabelle, mit einer gerunzelten Stirn ihr Glück. »Er ist mein wichtigster Klient. Wie viel mir das bedeutet, weißt du.«
Auch das kaufte Molly ihr nicht ab. »Ich habe gesehen, wie du ihn anstarrst. Als wäre er ein
Weitere Kostenlose Bücher