Küss mich, Werwolf - Warren, C: Küss mich, Werwolf - Wolf at the Door (Others 01)
wieder zu wechseln. Behalten Sie den Kram. Dafür haben wir die Sachen doch im Haus. Und wenn Sie sie unbedingt zurückgeben wollen, schicken Sie sie einfach mit der Post zurück. Oder Sie geben sie irgendwann im Club ab. Machen Sie sich bloß keinen Kopf deswegen.«
Ihre schwatzhafte neue Bekannte verließ vor ihr den Raum und ging einen dunkelgetäfelten Korridor hinunter. Irgendwie wirkte der Gang bewohnt; bewohnter, als sie das Vircolac-Haus bisher kennengelernt hatte. Sie zog die Stirn kraus.
»Komisch. Nachdem meine Nana mich so viele Jahre lang ständig hergeschleppt hat, glaubte ich eigentlich, jeden Winkel des Hauses zu kennen. Aber ich muss zugeben, dass ich mich an diesen Bereich überhaupt nicht erinnere.«
»Wir sind auch nicht mehr im Club. Wir sind im Haus von Graham und Missy nebenan«, erklärte Annie mit einem Blick über ihre Schulter.
»Ich dachte, das hätten Sie mitbekommen. Aber dann ist’s ja wohl wirklich besser, wenn ich Sie zurück zum Dach bringe. Sie scheinen sich tatsächlich leicht zu verlaufen.«
Befand sie sich etwa in den Privatgemächern des Alphawerwolfs des Silverback-Clans?
»Ja, so geht’s mir immer«, sagte sie und versuchte, es mit einem Lachen abzutun.
»Das sollte mir wohl eine Lehre sein, nächstens lieber in der Nähe meiner Großmutter zu bleiben.«
Annie blieb vor einer ebenfalls getäfelten Tür stehen und drehte am Knauf. Dann hielt sie sie offen, damit Cassidy hindurchgehen konnte. Und sie grinste, also schien sie wirklich nichts dabei zu finden.
»Machen Sie sich keine Gedanken. Wenn es irgendetwas gibt, wofür unser Anführer und seine Partnerin Verständnis haben, dann ist es das Bestreben, mal von Verwandten und Freunden wegzukommen. Vor allem von denen, die es nur gut mit einem meinen.«
Cassidy lachte und trat durch die Tür auf den kalten Teerboden des Daches.
»Danke fürs Zeigen«, sagte sie.
»Ich laufe nur schnell und hole meine Schlüssel, und dann verschwinde ich von hier. Ich glaube, die Treppe hinunter zum Club finde ich selber wieder.«
»Das denke ich aber auch«, sagte Annie, hob die Hand zum Abschied und trat wieder ins Haus.
»Dann noch einen schönen Abend, Ms. Poe. War nett, Sie kennengelernt zu haben.«
»Nennen Sie mich doch bitte Cassidy.«
»Also, Cassidy, sagen Sie einfach Bescheid, falls Sie noch etwas benötigen. Jeder, den Sie hier im Haus fragen, wird wissen, wo ich zu finden bin.«
»Danke.«
Annie winkte noch einmal und verschwand hinter der Tür, die sie ins Schloss zog und Cassidy damit alleine auf dem Dach zurückließ.
So hatte der ganze Ärger angefangen.
Nachdem sie sich ängstlich umgeblickt hatte, bewegte sie sich mit leisen Schritten auf das Gewächshaus zu. Sie hielt die Augen offen, die Ohren gespitzt und witterte mit der Nase, damit ihr ja kein Lebenszeichen ihres wölfischen Angreifers von vorhin entging. Eine leichte Brise bewegte die kalte Abendluft und trug den Geruch der winterlichen Stadt zu ihr herüber, aber keine Spur eines Wolfes. Erleichtert atmete sie aus, eilte aber trotzdem flugs zu der Stelle, an der sie ihre Schlüssel zuletzt bei sich gehabt hatte. Sie durfte jetzt nicht unachtsam werden.
Nach der Kälte draußen verursachte ihr die warme Treibhausluft eine Gänsehaut. Sie erschauderte und blickte sich in dem mit Pflanzen gefüllten Raum um. Mit ihren scharfen Augen, die auch bei Nacht sehr gut zu sehen vermochten, suchte sie den Boden nach einem metallischen Glitzern ab. Da drüben, bei den Dahlien.
Sie fand ihren kleinen Schlüsselbund mit dem Kleingeldtäschchen am Ring in ihrer Abendtasche unter dem Tisch zu ihrer Linken neben ihrem Kleid, auf das sie nur einen einzigen Blick zu werfen brauchte, um es als hoffnungslosen Fall abzutun, denn es war voller Erde und rostfarbener Fellfetzen und an mindestens zwei Stellen von scharfen, schwarzen Klauen aufgerissen. Ein rascher Rundumblick offenbarte allerdings keine Männerkleidung, also hatte sie der Werwolf wahrscheinlich wieder angezogen und war gegangen. Dennoch wollte sie kein Risiko eingehen.
Sie nahm ihre Schlüssel an sich, blickte sich noch einmal vorsichtig um und sah zu, dass sie wieder zu dem Treppenabgang kam. Nichts wie nach Hause – dort konnte sie dann vergessen, dass es diese Nacht je gegeben hatte.
Sie drehte den Türknauf, trat einen Schritt vor und spürte, wie ihr das Herz in die Hose rutschte.
»Gütiger Gott! Cassidy Emilia! Was um alles in der Welt ist denn mit dir passiert?«
5
Wenn das Schicksal es gut
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