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Küss mich wie damals

Küss mich wie damals

Titel: Küss mich wie damals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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hol deinen Hut und deine Pelisse. Ich will mich deinetwegen nicht verspäten.“
    Die Tochter erhob sich und murmelte etwas Unverständliches. Sie war aufsässig und schwer zu bändigen. Er war hundemüde. Aber er liebte sie.

6. KAPITEL

    Frances war klar, dass sie nicht Kopfschmerzen oder Erschöpfung vortäuschen konnte, um den Duke of Loscoe und dessen Tochter nicht sehen zu müssen. Das hätte sich nicht gehört. Sie musste zumindest den Anschein der Normalität wahren und wie die ruhige, gereifte Witwe wirken, für die alle Welt sie hielt.
    Nach dem Frühstück ging sie in das Atelier. Irgendwie musste sie Lady Lavinia beschäftigen, ihr etwas zu tun geben, das die Tochter des Duke of Loscoe interessierte, damit sie das Porträt zu Ende malen konnte. Die Arbeit wurde ihr langsam zur Last, und mit dem bisherigen Ergebnis war sie nicht zufrieden. Das Bild war ausdruckslos, hatte keine Aussagekraft. Die Gesichtszüge ähnelten zwar denen Lady Lavinias, aber deren Persönlichkeit, das feurige Temperament, kam nicht zum Ausdruck.
    Feuer war das Wort, das Marcus in Bezug auf Frances benutzt hatte. Es war passend, weil sie früher in Liebe zu ihm entbrannt gewesen war und nicht den Versuch unternommen hatte, ihre Gefühle zu verbergen. Sie war so sicher gewesen, dass Marcus sich ihr erklären werde, und in diesem Standpunkt von der Mutter bestärkt worden. Nun fragte sie sich, wie sie so einfältig hatte sein können. Jetzt war Marcus wieder in ihr Leben getreten, und die Vernunft lag mit ihrem Herzen im Widerstreit. Er ging ihr nicht aus dem Kopf, weder bei Tag noch bei Nacht, und es half ihr nicht, sich vorzuhalten, wie sehr er sie verletzt hatte und das wieder tun würde, sollte sie es zulassen.
    Sie hörte, dass der Türklopfer betätigt wurde, und zählte in Gedanken die Sekunden, in denen der Butler zur Haustür ging und sie öffnete. Und es wurden noch mehr Sekunden, während er die Besucher ins Entrée bat, und noch mehr, derweil er die Treppe heraufkam und schließlich an die Ateliertür klopfte. Frances holte tief Luft und setzte, als er den Raum betrat, ein freundliches Lächeln auf. „Lady Lavinia Stanmore, Mylady.“
    Marcus war nicht mitgekommen! Seine Tochter war allein hier. Erleichtert und zugleich enttäuscht atmete Frances durch und lächelte das Mädchen an. „Wie pünktlich Sie sind, Lady Lavinia!“
    „Papa hat mich hergebracht, und er verspätet sich nie. Er bittet um Entschuldigung dafür, dass er Sie nicht begrüßt hat. Aber er habe dringende Geschäfte zu erledigen. Er wird mich mittags abholen.“
    „Dann lassen Sie uns anfangen“, erwiderte Frances in sachlichem Ton. Die Konfrontation mit Marcus fand vorläufig nicht statt, und sie musste ihn sich aus dem Sinn schlagen. „Sollen wir den Unterricht fortsetzen, oder möchten Sie, dass ich am Bild weitermale?“
    Lavinia zuckte mit den Schultern. „Das ist mir gleich.“
    „Dann mache ich an dem Porträt weiter.“ Frances konnte sich nicht darauf verlassen, dass Lady Lavinia länger als einige Minuten stillsaß. Daher war es das Beste, den Augenblick zu nutzen, solange es noch ging. „Bitte nehmen Sie Positur ein.“
    Nach einigen Minuten wurde offenkundig, dass die Arbeit nicht gut vonstatten ging. Frances war gewillt, sie für diesen Tag zu beenden, hatte jedoch plötzlich einen Einfall. „Mir ist ein Gedanke gekommen“, sagte sie. „Warten Sie bitte einen Moment.“
    Sie eilte in die Küche und holte das Kaninchen aus der Kiste. Das verletzte Bein war geheilt, und bald würde man das Tier in die Freiheit entlassen müssen. Aber vorher konnte es noch nützlich sein. Sie trug es ins Atelier und setzte es Lady Lavinia auf den Schoß.
    „Oh, Sie haben es behalten!“ Vor Entzücken setzte das Mädchen eine strahlende Miene auf. „Ich dachte, Sie würden Papas Worten folgen und es töten und kochen lassen.“
    „Nein, ich hatte doch versprochen, das nicht zu tun, nicht wahr? Mein Enkel Andrew wird es bei seinem nächsten Besuch hier sehen wollen. Also, wenn Sie es bitte festhalten würden …“
    Plötzlich ging alles wie von selbst. Lady Lavinia saß ganz still mit dem Kaninchen auf den Armen da, streichelte es sacht und redete leise auf es ein. Es schien sie zu verstehen und zappelte nicht. Mehr noch, die leise Stimme hatte eine besänftigende Wirkung auf das Tier. Frances tauchte den Pinsel in die Farbe.
    Eine Stunde später, kurz vor elf Uhr, erschien der Butler und kündigte die Ankunft des Earl of Corringham an. Frances

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