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Küss mich wie damals

Küss mich wie damals

Titel: Küss mich wie damals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MARY NICHOLS
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letzten langen Blick auf ihn verließ sie den Salon.
    „Donnerwetter, Mama! Sie ist wirklich ein bezauberndes Kind, nicht wahr?“
    „Ja, aber für dich ist sie doch viel zu jung und zu gut erzogen.“
    „Ich mag alles Mögliche sein, bin aber kein Wüstling, Mama“, erwiderte James gekränkt. „Ich verführe keine kleinen Mädchen! Wie kannst du das auch nur denken!“
    „Nein, natürlich tust du das nicht. Ich bin mir meiner Verantwortung nur sehr bewusst, wenn Lady Lavinia bei mir ist. So, nun kannst du dich zurückziehen. Ich werde deine Schulden für dich begleichen.“
    „Oh, kleine Mama, du bist ein Schatz! Ich verspreche dir, anständig zu sein.“
    James verließ das Haus in weitaus besserer Stimmung, als er es betreten hatte. Frances lächelte und war sich bewusst, dass er sie um den kleinen Finger gewickelt hatte. Das war nichts Neues. Seufzend ging sie ins Atelier zurück. Marcus würde viel zu schnell eintreffen, um seine Tochter abzuholen, und sie wusste nicht, wie sie diese Begegnung überstehen solle.
    Kaum hatte sie ihren Arbeitsraum betreten, fiel ihr sofort auf, dass Lady Lavinia die an der Wand lehnenden Bilder anders hingestellt hatte. Das Mädchen stand vor dem Fenster und hielt das Gemälde in der Hand, das Frances nach den Skizzen gemalt hatte, die Marcus als Boxer zeigten.
    „Was fällt Ihnen ein?“, fragte sie scharf. Sie war verärgert über Lady Lavinias Neugier.
    „Ich habe mich gelangweilt und wollte mich beschäftigen. Daher habe ich Ihre Bilder durchgesehen. Ich dachte, ich könnte etwas lernen, wenn ich sie studiere.“
    „Und haben Sie etwas gelernt?“
    Lavinia lächelte, als Ihre Ladyschaft ihr das Gemälde abnahm. „Oh, ja! Ich weiß jetzt, dass Sie meinen Vater schon früher kannten. Dieses Bild zeigt ihn als jungen Mann, nicht wahr?“
    „Es könnte irgendein junger Mann sein.“
    „Nein. Sie sind eine viel zu gute Porträtmalerin, Madam, als dass man die Person, die Ihnen Modell gesessen oder gestanden hat, nicht sofort erkennen würde. Außerdem ist der spitze Haaransatz für Papa sehr bezeichnend. Ich habe den gleichen“, fügte sie hinzu und hob die Haare aus der Stirn. „Ganz zu schweigen von der Form der Augenbrauen, die sehr hoch angesetzt und stark gewölbt sind. Sie sehen aus wie kleine Flügel, die zum Fliegen ausgebreitet sind.“
    Trotz des Zorns über das schlechte Benehmen des Mädchens fand Frances den Vergleich sehr passend. „Das Bild stellt also Ihren Vater in der Jugend dar“, erwiderte sie, nahm es an sich und trug es an seinen Platz an der Wand zurück. „Was besagt das? Sie hätten es nicht wegnehmen dürfen.“
    „Warum stand es verkehrt herum an der Wand?“
    „Das ist nicht die Art von Bild, das junge Damen sich ansehen sollten.“
    „Sie meinen mich. Sollte ich es nicht sehen, weil es meinen Vater darstellt?“
    „Nein, das betrifft nicht nur Sie, sondern auch die anderen Schülerinnen, die ich unterrichte.“
    „Es ist sehr persönlich. Wie gut kennen Sie ihn?“
    „Ich glaube, er wäre nicht erfreut, Sie mich ausfragen zu hören, Lady Lavinia.“
    „Oh, antworten Sie doch! Nur so kann ich etwas über ihn erfahren. Als Kinder haben Duncan und ich ihn kaum gesehen. Er war beinahe ein Fremder für uns.“
    „Sie hatten Ihre Mutter. Fragen dieser Art hätten Sie ihr stellen sollen.“
    „Sie war nie bei guter Gesundheit. Wir mussten wie Schatten durchs Haus huschen, um Mama nicht zu stören. Miss Hastings hat sich um uns gekümmert. Sie war jedoch nicht sehr bewegungsfreudig, und deshalb sind mein Bruder und ich auf eigene Faust losgezogen, bis er dann zur Schule musste. Ich vermisse ihn. Vermutlich bin ich deshalb so ungebärdig. Mama ist an mir verzweifelt. Papa hat versucht, seit ihrem Tod nett zu mir zu sein. Aber er ist so distanziert und streng. Als ob mich das sittsamer machen könnte! Es wäre schön zu wissen, dass er auch menschlich sein kann.“
    „Natürlich ist er das, Lady Lavinia. Wie können Sie so etwas sagen?“
    „Dann erzählen Sie mir, wie er früher war.“
    „Er war ein junger Mann wie jeder andere. Ein Edelmann, ein Athlet.“
    „Ja, das konnte ich sehen“, erwiderte Lavinia lächelnd. „Wie kam es, dass Sie dieses Bild gemalt haben? Wo ist es entstanden? In Ihrem Atelier?“
    „Ja, aber die Skizzen dazu habe ich bei Mr. Jackson gemacht.“
    „Was Sie nicht sagen! Wie wagemutig von Ihnen!“
    Das war tatsächlich der Fall gewesen. Im Bemühen, ungestört zu sein, waren Marcus und Frances auf die

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