Kuess mich
mochte unkonventionelle Partys und sie mochte dieses markante Gesicht mit den Huskyaugen. Nein. Natürlich mochte sie es nicht, trotzdem starrte sie gerne hin, wenn sie sicher war, dass er es nicht bemerkte. Er war ein Arsch, aber ein unglaublich gutaussehender, soviel durfte man sich eingestehen.
The Offspring dröhnten in beachtlicher Lautstärke aus dem Inneren der großen Scheune. Die Musik war schon von Weitem zu hören gewesen, die Anlage musste bis zum Anschlag aufgedreht sein. Sam mochte die Band, aber sie hätte den drei Bademodenmodels nicht so viel musikalischen Geschmack zugetraut. Wenn sie raten hätte müssen, hätte sie sich die Jungs kopfnickend zu gehirnzellen-zermürbender House Music vorgestellt. Vor allem Chris, The Offspring waren zu unkonventionell für ihn, das war Sams Art von Musik und Bastians.
Sie war spät dran, weil es peinlich lange gedauert hatte, sich ausgehfertig zu machen. Einen Look hinzubekommen, der weder nach Amy Winehouse Gedenk-Liedstrich, noch nach „Ich bin in einer Kommune ohne fließend Wasser großgeworden“, aussah, war schwieriger gewesen als gedacht.
Bevor sie das Scheunentor öffnete, machte sich Sam ihre Taktik nochmal bewusst. Desinteresse zeigen, kühl wirken, Chris nur anstarren, wenn er nicht hinsah.
Knarrend verkündete die Holzbretter den Neuankömmling. Sam zog sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Mickey, Donald und Goofy hatten sich um den großen Tisch in der Mitte versammelt, jeder ein Bier in der Hand. Zwei von dreien präsentierten die weißen Zähne, Mickey zog nur kurz, kaum merklich, die Mundwinkel nach oben.
>> Hey! Cool, dass du da bist! << , rief Matthias durch die Bässe.
>> Hatte zufällig Zeit! << , brüllte Sam zurück.
>> Was für ein Kleid? <<
Chris drehte auf Matthias‘ merkwürdige Frage hin die Musik deutlich leiser.
>> Sie hatte zufällig Zeit << , wiederholte der Blonde und grinste schwach.
Sam sah weg, irgendwohin, nur nicht auf Chris‘ Grübchen.
>> Was willst du trinken? << , fragte Sev und stand auf, um in Richtung Bar zu verschwinden.
>> Was habt ihr da? <<
Der Schwarzhaarige präsentierte stolz eine rege Auswahl an Spirituosen. Sam war beeindruckt.
>> Wow, wie hast du das ganze Zeug denn an der nervenden Kassiererin vorbeibekommen? <<
>> Habs geklaut! << , entgegnete er zwinkernd.
Sev streckte kurz die Zungenspitze heraus, um zu verdeutlichen, dass er einen Scherz gemacht hatte. Sam hätte aber auch nicht vermutet, dass er es nötig hatte irgendetwas zu klauen. Wenn er den Kopf schief legte und lächelte, bekam er bestimmt alles was er wollte hinterhergeschmissen, selbst von der steinalten Dauerwelle im Supermarkt. Seltsamerweise störte sie diese Tatsache bei ihm nicht. Sev durfte ein Aufreißer sein.
>> Wenn du mir vertraust, mix ich dir was Leckeres! <<
>> Ja, sicher! Nur bitte nichts mit Bacardi! <<
>> Mal damit abgeschossen? <<
>> Ja, Bacardi redet mir immer ein ich könnte tanzen. <<
Sam nahm auf dem letzten freien Stuhl neben Chris platz, während Sev hinter der Bar herumhantierte. Bis sie ihr Getränk bekam, machte Matthias Smaltalk über das Dorf. Chris schwieg konsequent. Er wirkte angespannter als sonst, nicht ganz so hardcore gelassen wie heute am See. Sam fragte sich gerade, wie Sev ihr Getränk so leuchtend blau bekommen hatte, als der Eisberg neben ihr plötzlich eine Regung zeigte.
>> Du hast einen Sonnenbrand << , tönte es monoton von rechts.
Chris deutete auf die Rötung an ihrem Arm.
Völlig perplex starrte Sam ihn an. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass er nach seiner Interpretation eines beleidigten Stummen nun doch ein Wunder geschehen lassen wollte. Sie zog eine Augenbraue nach oben und schlürfte provokant weiter ihren Cocktail. Einfach würde sie es ihm nicht machen, soviel war sicher.
>> Ganz schön stark, dein Poolwasser << , meinte sie an Sev gewandt. Der blaue Cocktail brannte ein wenig in der Kehle nach. Der Schwarzhaarige grinste wissend.
>> Du darfst dir von ihm auch nichts zusammenmischen lassen! Sevs Mischungen sind quasi Medizin << , klärte sie Matthias auf.
>> Ah, die Warnung wäre vor zwanzig Minuten noch hilfreich gewesen << , hauchte Sam und räusperte sich.
>> Und was macht ihr hier sonst immer so? Dass ihr nicht schwul seid, hab ich ja inzwischen mitbekommen. Bier und Rockmusik, wars das? <<
>> Normalerweise spielen wir „Arschloch“, kennst du das? <<
Obwohl Chris ihr geantwortet hatte, konnte sie ihn diesmal nicht ignorieren. Sam musste einfach
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