Küsse im Mondschein
durchaus möglich...«
»Dann wäre es möglich, dass dieser Schachzug von ihm letztendlich nicht etwa ihm, sondern dir in die Hände spielt.«
»Richtig.« Amanda dachte einen Moment über diese Möglichkeit nach, betrachtete sie in Gedanken aus jedem nur erdenklichen Blickwinkel. »Das Ganze ist also definitiv schon mal ein Schritt in die richtige Richtung, und da er ja auch noch meint, das alles sei sein Plan, wird er sich wahrscheinlich auch keine Verteidigungsstrategie dagegen zurechtgelegt haben.« Damit warf Amanda Amelia einen raschen Blick zu, denn sie spürte, dass ihre Zwillingsschwester sich im Geiste schon wieder in eine ganz andere Richtung gewandt hatte. »Und wie steht es mit deinem Vorhaben?«
Amelia begegnete Amandas Blick, dann verzog sie das Gesicht zu einer Grimasse. »Nun ja, ich habe eine bemerkenswert lange Liste an Möglichkeiten, an Verehrern, die ich jeden Tag und jede Nacht unablässig immer weiter zusammenstreiche.« Damit legte sie den Kopf auf eines der Kissen und schloss die Augen. »Aber es wird wohl trotz alledem ein sehr langer Weg werden.«
Amanda bezwang ihren Impuls, Amelia nun einfach eine Abkürzung vorzuschlagen - eine Art List vielleicht, die Amelia anwenden könnte und mit der dann schon in Kürze nur noch ein Name übrig bliebe. Doch auch, wenn Amelias Vorgehensweise wahrlich nicht die ihrer Schwester war, so konnte Amanda doch nachvollziehen, dass Amelia sich erst wirklich sicher sein musste, wen sie wollte, ehe sie sich daranmachte, diesen einen Mann einzufangen. Denn sollte Amelia sich tatsächlich für jenen einen, bestimmten entscheiden, den sie im Stillen bereits ins Auge gefasst hatte - dann würde sie zweifellos eine ungeheure Kraftanstrengung unternehmen müssen, um sich ihn zu angeln.
Dieser Gedanke führte Amanda wieder zurück zu ihrem eigenen Vorhaben, zu ihrem ganz persönlichen Gentleman. Amanda schloss die Augen, gab sich im Geiste ganz der köstlichen Vorstellung hin, wie sie ihren Löwen in seiner eigenen Falle fangen würde.
Amanda war sich sicher, dass er auf dem Ball der Cottlesloes erscheinen würde. Der Ballsaal befand sich im Erdgeschoss, und die Verandatüren längs der einen Schmalseite des Saales gingen auf eine Terrasse hinaus, über die man wiederum in einen nach französischem Vorbild angelegten Garten gelangte, der an exakt zurechtgestutzte Sträucher grenzte. Der Abend war mild, geradezu perfekt dazu geeignet, um einen kleinen Spaziergang im Mondschein zu machen.
Das Abendessen bei den Wrexhams hatte sich arg in die Länge gezogen. Endlich auf dem Ball angekommen, erwiesen sich als das eigentliche Hindernis vor einem weiteren Treffen mit Martin allerdings Amandas zunehmend aufmerksame Möchtegerngalane. Denn diese schienen nun, da die Saison in vollem Gange war, geradezu in Horden über sie herzufallen.
»Wie die Heuschrecken«, murmelte sie, während sie sich hastig einen Weg durch das Getümmel im Saal bahnte. Amanda musste ihre Augen quasi überall gleichzeitig haben, und das war ganz schön anstrengend. Darum bemüht, immerzu höflich zu lächeln, kämpfte sie sich also bis in jene Ecke des Ballsaals vor, in die am wenigsten Licht drang.
»Endlich!« Amanda schlüpfte an den letzten, den Zugang zu dem Schlupfwinkel versperrenden Gästen vorbei. Doch zu ihrer Enttäuschung wartete in der dunklen Ecke diesmal kein großer, attraktiver Mann auf sie. Dafür erstreckte sich jenseits der Fenster die Terrasse. Und die Türen, durch die man auf diese Terrasse gelangte, lagen unmittelbar zu ihrer Rechten.
Amanda runzelte die Stirn, überlegte, ob sie die Situation wohl falsch gedeutet hatte, ob sie womöglich Martin oder zumindest seine Absichten nicht richtig verstanden hatte. Sie wandte sich um, ließ noch einmal den Blick durch den Saal schweifen, fragte sich, ob es vielleicht noch eine andere geeignete Stelle in diesem Raum gäbe, wo er womöglich gerade auf sie wartete und die sie bisher bloß übersehen hatte -
Lange, kühle Finger glitten um ihr Handgelenk, schlossen sich über ihrem rasenden Puls. Verdutzt schaute Amanda hinter sich und blickte in Martins moosgrüne Augen.
»Wo...?« Sie spähte um ihn herum, doch da gab es keine Tür oder auch nur ein Fenster, durch das er hätte hereingelangen können. Er stand seitlich hinter ihr. Sie spürte, wie die Glut seines Körpers über ihren Rücken zu kriechen schien. Diese Hitze war gerade eben noch nicht da gewesen. Sie hob den Blick zu seinem Gesicht empor. »Du bewegst dich
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