Küsse im Mondschein
hörbar nach Luft und warf ihr einen scharfen Blick zu, doch dann wurde seine Aufmerksamkeit sogleich durch die über den Spazierweg gleitenden Schatten abgelenkt - es waren zwei Herren und zwei Damen, die da gemächlichen Schrittes näher kamen.
»Wir sollten jetzt wohl besser in den Ballsaal zurückkehren.« Amanda blickte ihm in die Augen. »Ich bin nun schon ziemlich lange fort.«
Ein kurzer Augenblick verstrich, dann neigte Martin zustimmend den Kopf. Er bot ihr seinen Arm an; Amanda akzeptierte sein Geleit. Ohne weitere Umwege führte er sie zurück in den Ballsaal. Dann, nach einer überaus höflichen Verabschiedung, verließ er das Fest.
Am folgenden Abend trafen sie sich auf Lady Hepplewhites Anwesen. Das Herrenhaus der Hepplewhites war ein sehr weitläufiges und verwinkeltes altes Gebäude, das eine Vielzahl von Möglichkeiten zu einem heimlichen Rendezvous bot, so dass Amanda in einem der kleineren Salons dann auch im wahrsten Sinne des Wortes geradezu in Martin hineinrannte. Sie war gerade auf der Flucht vor Percival Lytton-Smythe.
»Na, wunderbar!« Sogleich hakte sie sich bei Martin ein und zog ihn mit sich fort. »Komm mit. Denn wenn wir hier stehen bleiben, fangen die Leute an, über uns zu reden.« Sie blickte zu ihm auf und zog fragend eine Braue hoch. »Dürfte ich also vorschlagen, dass wir uns in den Wintergarten begeben?«
Martin betrachtete ihre Augen, ihren lebhaften, offenen Gesichtsausdruck. Dachte einen flüchtigen Moment lang darüber nach, ob... »Ich habe eine bessere Idee«, entgegnete er schließlich.
Sie betraten den Gartensalon: Einen schmalen, ganz verlassen daliegenden Raum, über den man in einen kleinen Hof gelangen konnte, hinter dem sich wiederum der weitläufigere Teil der Gartenanlagen erstreckte. Das Gartenzimmer verlief zwar parallel zu einem der größeren Salons, doch man erreichte es nur über eine Reihe von miteinander verbundenen Korridoren.
»Hier bin ich noch nie gewesen.« Amanda schaute sich neugierig um, als sie den Salon betrat.
Martin schloss die Tür, beobachtete Amanda, während diese sich langsam umwandte und ihn anblickte. Das Licht in dem Raum war nur schwach, und doch konnte er die unverhohlene Vorfreude auf ihrem Gesicht erstrahlen sehen, als sie ihm die Hände entgegenstreckte.
»Komm - lass uns tanzen. Selbst hier können wir die Musik noch hören.«
Er trat auf sie zu. Gedämpft drangen durch das dicke Mauerwerk die Melodien zu ihnen herüber, die das Orchester im Hauptsalon spielte. Martin schloss Amanda in seine Arme und begann, sich langsam mit ihr zu drehen.
Das Lied folgte einem sehr einfachen Takt, so dass Amanda und ihr Tanzpartner ihre Gedanken ungehindert schweifen lassen konnten. Sie ergaben sich in ihre Träumereien, schwelgten in Fantasien. Martin träumte von den verlockenden weiblichen Kurven, die sich in seine Arme schmiegten; dachte an das geschmeidige Sichwiegen ihres Rückgrats unter seiner Hand, an die verführerischen Bewegungen, mit denen ihre in Seide gehüllten Hüften an seinen Oberschenkeln entlangstreiften. Er neigte den Kopf und murmelte: »Es gibt da noch eine andere Art von Tanz, einen Tanz, den ich auch sehr gerne mit dir wagen würde.«
»Hmmm.« Amanda lächelte, dann zog sie ihre Arme aus seinem Griff und schlang sie ihm stattdessen um den Hals. »Aber bedauerlicherweise« - ganz bewusst drückte sie sich ein wenig enger an ihn und spürte, wie er sofort reagierte und die Arme anspannte - »sieht es ganz so aus, als ob wir uns im Augenblick mit diesem Walzer begnügen müssten.«
Ihre Erwiderung war eine genau berechnete Herausforderung. Sie hob das Gesicht zu Martin empor, bot ihm ihre Lippen an. Und er nahm sie sich, ohne zu zögern. Mit einer verführerischen Bewegung seiner Zunge brachte er Amanda dazu, ihren Mund zu öffnen, drang in ihn ein, eroberte ihn geradezu - Martin versuchte, Amandas Verstand auszuschalten. Allerdings war da auch noch so eine gewisse Zurückhaltung bei ihm zu spüren.
Und doch war sein Bemühen beinahe von Erfolg gekrönt.
Denn Amanda fühlte, wie ihr Verlangen nach ihm langsam mächtiger wurde, spürte, wie zugleich auch seine Begierde wuchs, während sie ihre Nägel in seinen Nacken grub und sich provozierend an ihm rieb. Sofort mit der ersten Berührung, mit der ersten Liebkosung, in der er seinen Daumen zart über ihre Brust gleiten ließ, erwachte auch die Sehnsucht in ihrem Inneren wieder zu neuem Leben. Jene geradezu als körperlicher Schmerz spürbare Sehnsucht, die
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