Küsse im Morgenlicht
Child um eine Erklärung über meine Verhältnisse gebeten. Nur für den Fall, dass Euch Gerüchte darüber zu Ohren gekommen sein sollten, dass die gegenwärtige Position der Calvertons durch die früheren Aktivitäten meines Vaters noch in irgendeiner Weise in Mitleidenschaft gezogen sein könnte.«
Arthur blinzelte, nahm das Schreiben aber dennoch entgegen, öffnete es und las sorgfältig Zeile für Zeile - seine Brauen hoben sich stetig ein Stückchen höher. »Mein Wort darauf«, entgegnete er schließlich. »In der Hinsicht braucht Ihr Euch wirklich nicht zu sorgen.« Er faltete den Brief wieder zusammen und reichte ihn Luc zurück. »Im Übrigen hatte ich auch nie irgendetwas in der Art erwartet.«
Luc wollte das Schreiben gerade wieder entgegennehmen - da hielt Arthur das Dokument noch einen Moment fest. Luc schaute ihn an, erwiderte über das Dokument hinweg Arthurs durchdringend blauen, fast schon einschüchternd geschäftstüchtigen Blick.
»Luc, um es noch einmal zu wiederholen: Ich habe nie daran gedacht, dass Ihr in finanziellen Schwierigkeiten stecken könntet. Warum also dieser Brief?«
Endlich ließ Arthur Childs Schreiben los, lehnte sich zurück und wartete - geduldig und väterlich. Es war schon einige Zeit her, seit Luc zuletzt einer solchen Befragung hatte standhalten müssen.
Und er wusste es besser, als dass er nun auf Lügen ausgewichen wäre; hätte auch ohnehin nicht lügen wollen. »Ich...« Er blinzelte, dann atmete er einmal tief durch und fing noch einmal an. »Der Punkt ist der, dass Amelia denkt, ich wäre deutlich weniger vermögend, als es in Wirklichkeit der Fall ist. Genau genommen meint sie sogar, dass ihre Mitgift bei der Besiegelung unserer Ehe eine gewisse Rolle... eine große Rolle spielt.«
Arthurs Brauen waren in die Höhe geschnellt. »Aber das entspricht doch überhaupt nicht den Tatsachen.«
Über die Lippen von Lucs zukünftigem Schwiegervater huschte unverkennbar ein kleines Lächeln. Luc spürte, wie der Boden unter seinen Füßen sich wieder etwas zu festigen schien. »Doch, genau das denkt sie. Aber wie dem auch sein mag... Ich möchte sie in jedem Fall nicht... nicht in dieser Phase unserer Hochzeitsvorbereitungen mit der Offenbarung meiner wahren Verhältnisse überfallen.«
Nun ließ auch Luc sich entspannt gegen die Rückenlehne seines Sessels sinken und deutete auf das zusammengefaltete Dokument, das auf seinen Knien ruhte. »Es besteht wirklich keinerlei Anlass zur Sorge, dass Amelia in Armut leben müsste, wenn sie mich heiratet. Aber Ihr wisst doch, wie sie ist - wie alle Frauen sind. Amelia und ich sind sehr rasch und unerwartet zu der Übereinkunft gekommen, dass wir heiraten möchten. Es verging nur sehr wenig Zeit zwischen der ersten Überlegung und dem letztendlichen Entschluss, sodass es während dieser Entwicklung einfach keinen passenden Augenblick mehr gab, um ihre Fehlinterpretation von meinen finanziellen Verhältnissen aufzuklären. Und nun... da sie ja unbedingt so rasch heiraten möchte, will ich dieses Thema wiederum nicht mehr vor der Hochzeit aufklären müssen -«
»Weil Ihr befürchtet, dass meine Tochter sich sonst plötzlich querstellt und darauf besteht, jede einzelne Kleinigkeit in Eurer Beziehung noch einmal genau zu erörtern. Weil sie Euch das Leben zur Hölle machen würde, und das nur, weil sie etwas falsch verstanden hat. Und wahrscheinlich würde es auch erst einmal eine Weile dauern, bis sie endlich wieder einlenkt und schließlich doch noch einwilligt, Euch zu heiraten... Was dann wiederum bedeutet, dass Amelia keine Junibraut mehr sein würde. Und das wiederum würde sie Euch wohl für den Rest Eures Lebens noch vorhalten.«
Nun, ganz so weit hatte er sich die Folgen einer vorschnellen Offenbarung dann doch noch nicht ausgemalt, aber Amelias Vater hatte zweifellos Recht. Es fiel Luc also nicht schwer, ein betrübtes Gesicht aufzusetzen. »Ja, wenn man es so kurz zusammenfassen will... ja. Dann seht Ihr das Problem an der ganzen Geschichte also aus dem gleichen Blickwinkel wie ich?«
»Oh, aber natürlich.« Und das kleine Zwinkern, mit dem Lord Cynster ihn anblickte, ließ vermuten, dass dieser wahrscheinlich sogar noch mehr Probleme sah, als es Luc lieb war. Doch offenbar war Amelias Vater zugleich auch fest entschlossen, Luc helfen zu wollen. »Also, wie lautet Euer Vorschlag, wie sollen wir vorgehen?«
»Ich hatte gehofft, dass Ihr, was mein Vermögen betrifft, zunächst einmal Stillschweigen bewahren könntet.
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