Küsse im Morgenlicht
widmete sich wieder ganz ihrem kleinen Champion. Sobald Luc außer Hörweite war, flüsterte sie ihm zu: »Galahad. Mein lieber Mann hatte noch nie sonderlich viel für die Sage von König Artus übrig. Also wird er diesen Namen mit Sicherheit noch nie benutzt haben.«
Luc hatte sich in sein Arbeitszimmer zurückgezogen und überprüfte einige Investitionsberichte. Er hatte kaum zwanzig Minuten über den Anlageprotokollen gesessen, da musste er auch schon wieder aufstehen und eines der Hauptbücher aus dem Regal auf der anderen Seite des Raumes zu Hilfe nehmen. Gedankenverloren sah er einen Moment aus dem Fenster - und entdeckte Amelia, die umringt von den Welpen auf dem Rasenplatz vor seinem Arbeitszimmer stand. Sugden und Belle sahen ihr aus einiger Entfernung zu. Ihre goldenen Locken tanzten im Sonnenschein, und der Himmel hatte an diesem Morgen zufällig die gleiche Nuance wie ihr Kleid. Lachend stand sie inmitten der quirligen Schar und kämpfte mit den Kleinen um ein verknotetes Tauende.
Die Welpen stolperten über Amelias Füße, fielen über ihre eigenen Pfoten, sprangen übermütig an ihr hoch, zerrten mit den Pfoten an ihrem Kleid, schnappten nach Amelias Rocksaum. Doch ihr schien das alles gar nichts auszumachen.
Nach einer Weile rief Sugden ihr irgendetwas zu. Sie hob den Kopf, winkte ihm kurz zu, dann ging Sugden davon. Belle legte sich hin, bettete die Schnauze auf ihre Vorderpfoten und schien offensichtlich davon überzeugt, dass ihre Welpen bei Amelia gut aufgehoben waren.
Mit dem Hauptbuch in den Händen blieb Luc zögernd einen Augenblick stehen. Vielleicht könnte er ja -
Plötzlich ertönte ein Klopfen an der Tür. Er wandte sich um. »Herein.«
McTavish trat ein. »Die Kostenvoranschläge, auf die wir gewartet hatten, sind soeben eingetroffen, Mylord. Möchtet Ihr sie jetzt gleich durchgehen?«
Am liebsten hätte Luc nun einfach »nein« gesagt. Er wollte alle Arbeit beiseiteschieben und mit seiner jungen Frau und den Welpen draußen auf dem Rasen spielen. Zwar hatte er bereits den gesamten Morgen mit ihr verbracht, aber er würde nur allzu gern auch noch den Nachmittag in ihrer Gesellschaft genießen. Dieser Gedanke war geradezu beängstigend.
»Auf jeden Fall.« Damit bedeutete er McTavish mit einer knappen Geste, auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz zu nehmen. Mit dem Hauptbuch in der Hand kehrte Luc auf seinen Platz zurück. »Wie viel verlangen sie denn?«
Es war alles so einfach gewesen. So überraschend unkompliziert.
Zwei Tage später, das Sonnenlicht tanzte bereits in goldenen, kleinen Wellen über die Zimmerdecke, lag Amelia noch einige Augenblicke lang versonnen in ihrem Bett und beobachtete das Spiel der Funken und Lichtreflexe an der Decke. Am Ende der Terrasse, unmittelbar unter den Schlafzimmerfenstern, befand sich ein kleiner Teich, der das Tageslicht reflektierte und ihr Schlafzimmer regelmäßig mit wogenden Bahnen von Licht erfüllte.
Ihr Schlafzimmer - das war das Schlafzimmer der Hausherrn, das war ihr und Lucs ganz privates Reich. Und das Bett, in dem Amelia nun lag, war das Bett, das sie miteinander teilten, jede Nacht und jeden Morgen.
Bei diesem Gedanken wurde Amelias Lächeln noch ein wenig träumerischer - bei der Erinnerung an die bereits erlebten Nächte und Morgen. Zwar waren erst fünf Tage vergangen, seit sie vor dem Traualtar gestanden hatten, und doch fühlte Amelia sich bereits durchströmt von einem Gefühl der Sicherheit und der Zuversicht. Sie fühlte sich geborgen - sowohl im Hause selbst als auch auf Lucs Anwesen und im Kreise ihrer Nachbarn. Und sie spürte die Gewissheit, dass sie die Position als neue Lady Calverton zweifellos würde ausfüllen können. Denn genau diese Stellung, jener Machtbereich, den sie nun innehatte, war von Anfang an ihr Ziel gewesen. Amelia hatte also das Gefühl, endlich angekommen zu sein, endlich den richtigen Platz gefunden zu haben. Den richtigen Platz in der Gesellschaft, im Miteinander mit den Nachbarn - in ihrer Beziehung mit Luc.
Zumindest fürs Erste.
Vor allem aber hatte sie diesen ersten Schritt wesentlich schneller geschafft, als sie es ursprünglich für möglich gehalten hätte. Was wiederum bedeutete, dass sie sich auch mit der Ausarbeitung des nächsten Abschnitts in ihrem Plan deutlich eher auseinandersetzen musste, als sie eigentlich vorgehabt hatte. Natürlich könnte sie sich nun erst einmal entspannt zurücklehnen und das, was sie bereits erreicht hatte, genießen, ehe sie sich an die
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