Küsse im Morgenlicht
nächste, wesentlich schwierigere Aufgabe heranwagte. Aber auf der anderen Seite war sie doch erst dreiundzwanzig, sie war also noch voller Tatendrang. Und das Verlangen, endlich jene Ehe zu leben, wie sie sie schon immer hatte führen wollen, hatte keineswegs nachgelassen. Sie wusste genau, was sie wollte - das und nichts anderes. Mit etwas Geringerem würde sie sich nicht zufriedengeben. Allein der Gedanke an den Lohn ihrer Mühen reichte schon aus, um in Amelia bereits wieder dieses gewisse kribbelige Gefühl der Ungeduld hervorzurufen.
Zudem war da noch eine vage, nur schwer zu definierende Empfindung… dieser Gedanke, dass irgendetwas in ihrer Ehe noch fehlte. Dabei war Amelia keineswegs unzufrieden. Und doch gab es noch eine winzig kleine, aber unverkennbare Lücke in ihrem Zusammenleben. Nur dass dieses letzte Stückchen in dem Puzzle, als das sich die Ehe für Amelia manchmal darstellte, leider erst noch gefunden werden musste.
Das noch fehlende Bindeglied war da, es existierte bereits, das spürte Amelia genau. Zumindest, was sie betraf. Sie wusste ganz einfach, dass sie Luc liebte, auch wenn sie ihm dies noch nie gesagt hatte. Im Augenblick jedoch war es noch zu riskant, ihm das zu offenbaren. Denn falls Luc ihre Liebe nicht erwidern könnte oder aber seine Gefühle für sie einfach noch nicht offen eingestehen wollte, würde eine solche einseitige Liebeserklärung nur eine sehr unangenehme Stimmung zwischen ihnen beiden heraufbeschwören. Schlimmer noch - womöglich würde Amelia ihm mit dem Eingeständnis ihrer Liebe sogar das Gefühl geben, sie wolle ihn unter Druck setzen, wolle ein ebensolches Geständnis von ihm erpressen. Woraufhin Luc, da er nun einmal Luc war, mit Sicherheit sofort die Flucht vor ihr ergreifen und sich fortan störrisch weigern würde, an eine Liebeserklärung auch nur zu denken.
Doch trotz aller Hindernisse war dies Amelias nächstes Ziel. Sie wollte die Liebe in ihre Beziehung bringen, und zwar offen und ohne falsche Scham. Und dazu wiederum würde zunächst einmal sie, Amelia selbst, ihre Deckung verlassen müssen. Erst dann könnte sie auch Luc dazu verlocken, seinen Schutzschild endlich sinken zu lassen. Sie musste die Liebe aus ihrem Versteck hervorholen. Denn unbemerkt und von keinem so recht wahrgenommen, hatte diese sich doch schon längst in ihre Beziehung hineingeschlichen. Sie lauerte dicht unter der Oberfläche ihres gemeinsamen Lebens. Amelia musste sie nun eigentlich nur noch hervorkitzeln und fest in ihrer beider Leben, in ihre Beziehung einflechten, auf dass die Liebe endlich zu einem lebendigen und bedeutenden Teil des Ganzen wurde.
Damit sie ihnen, Luc und Amelia, Kraft und Halt schenkte.
Doch zunächst einmal musste Amelia Luc davon überzeugen, musste ihn überreden, musste ihm die Erkenntnis klar vor Augen führen und ihn dazu verleiten, dass er sich endlich zu seiner Liebe bekannte.
Die Frage war nur, wie sie dies anstellen sollte. Wie sollte sie einen Mann wie ihn dazu ermutigen, sich mit einer Emotion wie der Liebe auseinanderzusetzen? Einem Gefühl, das er wahrscheinlich um alles in der Welt zu vermeiden suchte?
Amelia wusste genau, mit welcher Raffinesse sich Männer wie ihre Cousins, Männer wie Luc um das Eingeständnis ihrer Liebe herumzudrücken pflegten. Zudem war Luc einfach durch nichts zu manipulieren.
Sie hatte es eben schon immer geahnt, dass die Schlacht, die ihr nun bevorstand, die schwerste von allen werden würde.
Also, wie sollte sie nun am besten vorgehen?
Inmitten der zerknüllten Laken und der wild verstreuten Kissen konzentrierte Amelia sich ganz auf diese eine Frage. Im Geiste ging sie noch einmal alles durch, was sie in den vergangenen Wochen über Luc gelernt hatte, durchforstete ihre Erinnerungen...
Und langsam nahm ein Plan Gestalt an. Ein Plan, wie sie Luc schließlich doch noch von der wahren Bedeutung ihrer Beziehung überzeugen konnte. Und dazu würde Amelia ihn mit dem einzigen Argument konfrontieren, dem er überhaupt zugänglich war. Sie würde sich der einzigen Sprache bedienen, mit der sie unter Garantie seine Aufmerksamkeit erregen konnte.
Ihr Plan war wahrhaft verrucht. Und sogar ein wenig hinterhältig. Oder zumindest würde Luc ihr Vorgehen so bezeichnen. Aber wenn eine Dame wie sie sich mit einem Gentleman wie Luc arrangieren musste... Nun, wie hieß es doch so schön? Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt.
Zumal sich die perfekte Gelegenheit, um Luc von ihrer gegenseitigen Liebe zu überzeugen,
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