Küsse im Morgenlicht
zurechtkommen und die Wahrheit, wie stets, einfach verbergen.
Zumindest so lange, bis er sich sicher war, dass auch Amelia ihn liebte. Erst dann würde er ihr gestehen, dass er sie nicht wegen ihrer Mitgift zur Ehefrau genommen hatte - erst dann wollte er sie den wahren Grund für ihre Heirat erkennen lassen.
In der Zwischenzeit aber... würde er das kleine Spiel, das sie mit ihm begonnen hatte, wohl noch weiter mitspielen müssen. Es hatte ein Weilchen gedauert, bis er begriffen hatte, worauf sie mit ihren kleinen Raffinessen hinauswollte. Denn sie wusste ja nicht, dass er sie bereits liebte. Sie wusste nur, dass er sie begehrte, dass er sich auf geradezu schmerzliche Weise regelrecht nach ihr verzehrte. Aber Liebe... nein, niemals käme sie auf die Idee, dass von Anfang an allein die Liebe ihn an sie band. Schließlich war Amelia eine Cynster. Sie war es also gewohnt, die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Sie dachte noch immer, dass allein ihre Initiative der Grund dafür gewesen wäre, dass sie geheiratet hatten. Und Luc hütete sein kleines Geheimnis gut, achtete streng darauf, sie nichts von seinen wahren Gefühlen für sie erahnen zu lassen.
Offenbar - so schien es zumindest - wollte Amelia ihn mit ihrer Lust, mit ihrem Verlangen an sich binden.
Und Luc musste eingestehen, dass ihre Taktik auch durchaus Sinn machte.
Denn mit ihren verbotenen kleinen Intermezzi, die Amelia an den unterschiedlichsten Orten inszenierte, verstärkte sie das Verlangen, das zwischen ihnen beiden flirrte, in der Tat noch um einiges mehr, als wenn sie sich einfach nur geduldig in ihre ehelichen Pflichten gefügt hätte. Sie hatte also den sichersten Weg gewählt, um das Feuer ihrer Beziehung noch weiter zu schüren. Zumal Amelia zugleich dafür sorgte, dass auch sie dabei nicht leer ausging. Tagsüber bereitete sie Luc die unterschiedlichsten kleinen Überraschungen. Abends aber, sobald sie sich in ihr Schlafzimmer zurückgezogen hatten, holte sie sich die Belohnung dafür.
Die Flammen ihres gegenseitigen Verlangens loderten immer höher - Tag für Tag, Nacht für Nacht.
Somit hatte Luc am vergangenen Nachmittag trotz seines Argwohns ihren Spielchen gegenüber also quasi gar keine andere Wahl gehabt, als sich Amelia anzuschließen und mit ihr gemeinsam zu der kleinen Landzunge am Fluss hinabzureiten. Ganz gleich, wie man diesen Ritt nun auch interpretieren mochte.
Er konnte ihr ganz einfach nicht widerstehen. Zumal ihre Taktik letztendlich nicht nur ihr, sondern auch ihm in die Hände spielen könnte. Denn er wollte, dass sie ihn liebte. Er brauchte die Gewissheit, dass sie ihn liebte. Er hatte einfach zu viel Erfahrung, um noch daran zu glauben, dass Lust oder Leidenschaft allein ihn auf Dauer noch würden befriedigen können. Nein, es musste Liebe sein. Offen eingestandene und freimütig dargebotene Liebe. Erst diese vorbehaltlose Erklärung ihrer Verbundenheit könnte seine Ängste zerstreuen, könnte seine verletzliche Seele besänftigen. Und dann, schließlich, würde er sich auch sicher genug fühlen, um ihr seinen Betrug zu beichten, um ihr seine wahren Gefühle für sie zu gestehen.
Im Augenblick allerdings glaubte Luc noch nicht, dass Amelia ihn bereits liebte. Noch hatte er keinerlei Anhaltspunkt für irgendwelche tieferen Empfindungen bei ihr gesehen. Sicherlich, die Leidenschaft, die er für sie empfand, erwiderte sie stets ohne jegliche Vorbehalte. Doch das war noch keine Liebe. Keiner wusste das besser als er, Luc. Früher war er noch so leichtgläubig gewesen, anzunehmen, dass es bereits ein sicheres Zeichen für wahre Liebe sei, wenn eine Frau - eine Dame - von ihrem Stande sich einem Mann überhaupt hingab. Wenn sie ihm ihre Seele und ihren Körper darbot, wie Amelia es nun tat. Die Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre jedoch hatten ihm diese unschuldigen Fantasien ein für alle Mal ausgetrieben.
Die Frauen, ganz besonders sogar die Damen unter ihnen, waren ebensolche Sklaven der Leidenschaft wie die Männer. Wie er. Es brauchte also lediglich ein wenig gegenseitiges Vertrauen und Begehren, und schon kam die vorbehaltlose Hingabe von ganz allein.
Und im Grunde war das sogar eine durchaus vielversprechende Basis für eine Beziehung. Wie sich auch in Amelias Fall zeigte. Denn je öfter sie sich ihm hingab, desto mehr vertraute sie ihm und umso näher kamen sie einander. Auf das Begehren folgte die emotionale Verbundenheit. Das konnte selbst Luc spüren, der für derlei gefühlsduselige Erkenntnisse
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