Küsse im Morgenlicht
gegen seine Brust drückten, ihr Körper ein köstliches Gewicht, das auf dem seinen lastete.
Der Leidenschaft, die sie in ihm weckte, die sie so vorsätzlich immer wieder aufs Neue entfachte und anheizte, wohnte eine unwiderstehliche Macht inne. Es gab kein Wort dafür, keine Bezeichnung, mit der er genau hätte benennen können, was sie in ihm auslöste. Er wusste nur, dass es ein geradezu zwanghafter Drang war, brutal, überaus heftig in seiner Intensität, aber nicht zerstörerisch. Es war kein Drang, der Schmerz forderte, um befriedigt zu werden, sondern etwas ganz anderes. Und wenn er in den Klauen jener Macht war, dann wollte er, Luc, nur noch eines.
Sich ihr ergeben. Sich einfach von ihr mitreißen lassen und auf ihrer wilden Woge reiten, ungeachtet aller möglichen Konsequenzen.
Letztendlich lief es immer auf das Gleiche hinaus: Er war zum Wahnsinnigwerden verdammt, wenn er sich gegen diese Macht wehrte; wahnsinnig, wenn er ihr nachgab.
Luc hielt Amelia noch immer eng umschlungen, ließ sich rücklings in das Gras zurücksinken, starrte gedankenverloren zum Himmel hinauf und fragte sich, wie er bloß in eine solch scheußliche Zwickmühle hatte geraten können.
Es schlug Mitternacht, ein Uhr, zwei Uhr - die Stunden verstrichen. Und auch wenn Luc sich noch nicht ganz im Klaren darüber war, wie die Antwort auf seine Frage wohl lauten mochte, so hatte er mittlerweile doch zumindest einen leisen Verdacht, wie in etwa diese ausfallen könnte. Entspannt und tief in ihrer Traumwelt versunken, lag Amelia neben ihm. Sie war bei ihm, und sie schlief in vollkommener Sicherheit. Und genau dieses Bewusstsein erlöste Luc endlich von seiner Besessenheit von ihr. Nun waren jene wenigen Stunden des Tages angebrochen, in denen er wieder klar denken konnte.
Abends, nach dem Essen, hatte er Amelia ganz bewusst allein in ihr Schlafgemach vorausgehen lassen - er gab sich alle Mühe, den diskreten und allein von kühler Distanz geleiteten jungen Ehemann zu spielen. Amelia hatte ihn kurz angesehen, und über ihre Lippen war ein kleines Lächeln gehuscht, dann hatte sie sich umgedreht und das Esszimmer verlassen. Er war froh gewesen, dass sie nicht über seine Scharade gelacht hatte.
Dann hatte er sich gezwungen, noch eine gute halbe Stunde zu warten, ehe er schließlich die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinaufgestiegen war.
Amelia hatte in dem dunklen Raum bereits auf ihn gewartet - in nichts anderes als in das Mondlicht gehüllt, das wie mit silbrigen Fingern über ihre Haut strich.
Da hatte er sie sofort und auf der Stelle genommen, hatte sie sich nackt vor ihn auf das Bett knien lassen; und sie hatte laut gestöhnt, als er sie abrupt ausfüllte und sie beide in die Ekstase trieb. Danach hatte er sich endlich seiner Kleider entledigt und sich zu Amelia auf das Bett gelegt. Und dann hatte er sie abermals geliebt - diesmal jedoch lange und gründlich, aus den Tiefen seiner Seele heraus und unter Aufbietung all seines Könnens.
Und da war es wieder, jenes kleine Wort, das er so verzweifelt zu ignorieren versuchte. Vor dem er geradezu flüchtete. Der bloße Gedanke daran reichte aus, dass Luc sich unruhig auf den Laken wand. Dann wurde er sich wieder Amelias Hand auf seiner Brust bewusst. Es war ihr bereits zur Gewohnheit geworden, so zu schlafen - die Finger sanft über sein Herz gelegt. Vorsichtig hob Luc ihre Hand, küsste sie zart auf die Innenfläche, legte sie zurück auf seine Brust und schloss seine Finger darum.
Liebe. Das war die schlichte Wahrheit. Und lange würde er sich vor dieser Tatsache wohl nicht mehr verschließen können, auch wenn ihn die Erkenntnis zugegebenermaßen recht überraschend getroffen hatte. Sicherlich, was ihn persönlich betraf, so würde sich dadurch wohl ohnehin nur wenig ändern. Er würde Amelia nicht plötzlich anders behandeln, er würde sich nicht plötzlich anders benehmen. Es würde seine Wahrnehmung verändern und seine Beweggründe - aber das waren alles Dinge, die sich nicht zwangsläufig auch in seinem Handeln zeigen mussten. Er hatte schon immer gut verbergen können, was in seinem Inneren vor sich ging. Und er war von der Natur mit genügend Arroganz ausgestattet worden, um stets nur seinem eigenen Willen zu folgen, nie etwas zu erklären, sondern einfach nur dann, wenn er es für richtig hielt, zu tun, was er tun wollte.
Und selbst wenn nun diese seltsame Macht von ihm Besitz ergriffen hatte, so bedeutete das noch lange nicht das Ende der Welt. Er würde damit schon
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