Küsse im Morgenlicht
dass Luc klug genug wäre, um nun besser Stillschweigen zu bewahren. Stattdessen aber hörte er sich - zu seiner eigenen Verwunderung - knurren: »Es ist einfach so verdammt einladend.«
Amelia wirkte ehrlich überrascht. »Tatsächlich?«
»Ja!« Zuerst hatte er gedacht, dass das Kleid in der Eingangshalle seines Hauses schon seine schlimmstmögliche Wirkung gezeigt hätte. Dann, unter den Kronleuchtern des Empfangssaals, hatte es noch verführerischer ausgesehen. Jetzt jedoch, im Zwielicht des Mondes, raubte einem der Anblick geradezu den Verstand. Das war ihm bereits aufgefallen, als sie unter den Bäumen im Park entlanggewandelt waren - was letztlich auch dazu beigetragen hatte, dass er dort plötzlich so ein sinnloses Zeug gestammelt hatte. Je schwächer das Licht, desto intensiver wurde der Schimmer, den das Kleid auf Amelias Haut zauberte, sodass es letztlich so aussah, als ob ihre nackten Schultern und die verführerisch gerundeten Ansätze ihrer Brüste mitten aus einem luftigen Nichts von Meerschaum aufstiegen. Als ob sie sich anböte und bloß darauf wartete, dass der richtige Mann kam, um ihre Schönheit zu erkennen und sie zu erobern, sie zu entführen, um schließlich auch den Rest dieses wunderbaren Wesens zu entblößen, das zurzeit noch unter dem Stoff verborgen lag...
Es war also kein Wunder, dass Luc kaum mehr einen klaren Gedanken fassen konnte.
»Es ist...« Wild gestikulierend suchte er nach den richtigen Worten, um sich aus dem Sumpf, in den er sich selbst hineingeritten hatte, wieder zu befreien.
Amelia sah noch immer nachdenklich an ihrem Ballkleid hinab. »Einladend... aber sollte es denn nicht genauso aussehen?«
Es war diese gewisse Art und Weise, mit der sie den Kopf hob und seinen Blick erwiderte, geradeheraus und ohne Umschweife, die seinen vorübergehend wie gelähmten Verstand schließlich wieder die normale Gangart aufnehmen ließ. Langsam kniff Luc die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, während er nachdachte - über Amelia und über das, was sie gerade eben gesagt hatte. »Du weißt es.« Drohend trat er einen Schritt auf sie zu. Amelia ließ ihre Röcke wieder fallen, richtete sich auf, wich aber nicht zurück. Luc blieb stehen und sah ihr mit böse funkelndem Blick in die Augen. »Du weißt, verdammt noch mal, ganz genau, welche Wirkung du mit diesem - verfluchten - Kleid auf uns Männer hast.«
Erstaunt starrte sie ihn an. »Aber natürlich.« Dann neigte sie den Kopf, als ob sie sich darüber wunderte, dass Luc dies alles erst jetzt begriffen hatte. »Was meinst du denn, warum ich es angezogen habe?«
Er gab einen leisen, erstickt klingenden Laut von sich - das war der Überrest jenes dumpfen Knurrens, das er Amelia lieber nicht hören lassen wollte. Denn Luc Ashford verlor niemals die Beherrschung - ausgenommen jene vergangenen Tage in Amelia Cynsters Gesellschaft! Er deutete mit dem Finger auf ihre Nase. »Wenn du mich tatsächlich heiraten möchtest, dann wirst du dieses Kleid nicht noch einmal tragen... und auch sonst nichts, was diesem Fähnchen irgendwie ähnlich sieht. Zumindest nicht, bis ich es dir offiziell erlaube.«
Amelia hielt seinem Blick stand, straffte die Schultern und verschränkte die Arme -
»Und, um Himmels willen, lass das sein!« Luc kniff die Augen zusammen, um nicht mit ansehen zu müssen, wie ihre Brüste durch diese Geste nur noch höher über den bauschigen Rand ihres Oberteils geschoben wurden.
»Aber ich bin der Ansicht, dass ich nichts Verbotenes mache.«
Amelia sprach schroff, und ihr Ton klang sogar ein klein wenig ätzend.
Luc wagte es, seine Lider wieder ein winziges bisschen zu öffnen, und sein Blick richtete sich - natürlich - starr auf die elfenbeinfarbenen Hügel, die geradezu marktschreierisch durch dieses höchst aufreizende Kleid zur Schau gestellt wurden. Ihre Brustwarzen konnten nur noch knapp -
»Wer dich jetzt so sieht, könnte meinen, du hättest noch niemals zuvor den Busen einer Frau gesehen. Und du glaubst ja wohl nicht, dass ich dir das abnehme.« Amelia verbarg ihren Triumph darüber, wie leicht er sich von ihren Reizen beeindrucken ließ. Andererseits aber musste sie sich dazu schon arg beherrschen, denn ihr gefiel die Richtung, in die sich die Diskussion mittlerweile zu wenden begann, ganz und gar nicht.
Dreist schaute Luc noch immer auf ihre Brüste; und unter dem dichten Schleier seiner schwarzen Wimpern schienen seine dunklen Augen eigenartig zu glitzern.
»In diesem Fall ist es mir vollkommen egal,
Weitere Kostenlose Bücher