Küsse im Morgenlicht
was du glaubst.«
Es lag so ein ganz bestimmter Unterton in seiner Stimme, in der langsamen und deutlich akzentuierten Art und Weise, mit der er sprach... Amelia blieb absolut reglos stehen, sämtliche ihrer Instinkte schienen sich allein auf Luc zu richten.
Ganz langsam hob er den Blick und sah ihr in die Augen.
»Und ich wiederhole es noch einmal: Wenn du mich tatsächlich heiraten möchtest, dann wirst du dieses Kleid nicht wieder tragen, und auch sonst nichts in dieser Art.«
Amelia hob das Kinn. »Ja, für eine Weile vielleicht nicht. Aber so gegen Ende unserer -«
»Nein. Du wirst es nicht noch einmal tragen. Das brauchst du nicht, und das wirst du auch nicht.«
Sie spürte, wie sie halb unbewusst die Zähne zusammenbiss, spürte beinahe körperlich, wie sein Wille und der ihre zusammenprallten, doch während ihr Wille wie ein unnachgiebiges Bollwerk, wie eine Mauer war, glich der seine eher der Flut - strömte um sie herum, zerrte und sog an ihrem Widerstand, unterspülte ihre Fundamente.
Amelia kannte Luc viel zu gut. Sie wusste, dass sie sich ihm auf Dauer nicht würde widersetzen können, und wagte es auch nicht, ihn bereits an diesem Punkt zur Kapitulation zu zwingen.
Es fiel ihr nicht leicht, doch sie rang sich zu einem einsichtigen Nicken durch. »Also gut.« Amelia tat einen tiefen Atemzug. »Aber nur unter einer Bedingung.«
Luc blinzelte, senkte den Blick, riss ihn dann aber abrupt wieder empor und schaute Amelia starr mitten ins Gesicht. »Und die wäre?«
»Ich wünsche mir, dass du mich noch einmal küsst.«
Er sah sie verdutzt an. Ein Augenblick des Schweigens verstrich. »Jetzt?«
Hilflos spreizte Amelia die Hände und riss die Augen auf. »Na ja, nun stehen wir doch schon einmal hier - sind ganz allein -, und die Tür ist verschlossen.« Sie deutete auf ihr Kleid. »Und ich trage dieses unmögliche Ding hier. Unsere kleine Scharade sieht doch wohl an irgendeiner Stelle auch mal eine leichte Annäherung vor, oder?«
Starr blickte Luc Amelia in die Augen - er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so hin- und hergerissen gefühlt wie in diesem Moment. Sein Instinkt, sein Verlangen und vor allem der kleine Teufel in seinem Inneren - alles in ihm drängte danach, den schlanken Körper, der sich ihm so herausfordernd anbot, endlich zu packen und seinen sinnlichen Hunger zu stillen. Sämtliche seiner Triebe schienen nur noch ein Ziel zu haben. Alle, bis auf einen, denn es gab auch noch eine andere Stimme in seinem Hinterkopf - seinen Selbsterhaltungstrieb. Und der warnte Luc eindringlich, sich auf keinen Fall zu früh mit Amelia einzulassen.
Und die warnende Stimme wurde auch noch zunehmend lauter.
Andererseits aber fiel Luc zu Amelias Vorschlag auch keine Alternative ein. Mal ganz abgesehen davon, dass sich in ihm ohnehin alles dagegen sträubte, auch nur noch eine Sekunde länger den unnahbaren Eisklotz zu spielen.
Er hob kurz die Schultern, versuchte, die Anspannung zu vertreiben, die sich mittlerweile fest in jedem einzelnen seiner Muskeln eingenistet hatte - und gleichzeitig bemühte er sich, diese Geste bloß wie ein harmloses Schulterzucken aussehen zu lassen. »Also gut.« Er sprach ganz entspannt, der Unterton in seiner Stimme klang sogar regelrecht gleichmütig. »Ein Kuss.«
Ein sehr beherrschter und allerletzter Kuss.
Luc streckte die Arme nach Amelia aus; sie trat auf ihn zu. Und noch ehe er sie um die Taille fassen und damit zugleich ein wenig auf Abstand halten konnte, hatte sie sich auch schon in seine Arme geschmiegt. Ihr höchst irritierendes Kleid streifte raschelnd über seinen Gehrock, ihr biegsamer Körper drängte sich an den seinen, während sie die Arme hob und sie ihm um den Nacken legte.
Luc neigte den Kopf, berührte mit dem Mund ihre Lippen, nahm sie ein - alles, ohne auch nur ein einziges Mal nachzudenken. Fest legte er die Hände um ihre Taille, doch seine Arme waren seltsamerweise viel zu kraftlos, um Amelia wieder von sich zu schieben. Stattdessen verschmolzen ihre Lippen immer inniger miteinander, und der Impuls, Amelia nur noch enger an sich zu ziehen, wurde stärker und stärker.
Sie öffneten ihre Münder.
Behutsam strich er mit den Händen über die kostbare Seide ihrer Robe, über die weichen Kurven, die unter dem Stoff versteckt lagen. Dann presste er Amelia absichtlich und mit vollem Bewusstsein an sich, schmiegte ihren nachgiebigen Körper gegen seine harte Silhouette. Raubte ihr den Atem, schenkte ihn ihr dann wieder und eroberte
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