Küsse im Morgenlicht
Dann, mit einem verführerischen Lächeln auf den Lippen, nickte sie schließlich. »Was das betrifft, muss ich mich natürlich deiner Weitsicht und deinem reichen Schatz an Erfahrungen beugen.«
Damit legte sie eine Hand auf seinen Arm, trat neben ihn - und nahm genau die Position ein, die Luc nun auch von ihr erwartete. Und sogleich durchströmte ihn ein überaus wohliges Gefühl - wie immer, wenn Amelia bei ihm war, wenn sie neben ihm stand und ihre Hand auf seinem Arm ruhte. Er unterdrückte einen Seufzer und willigte ein, durch den Ballsaal zu schlendern.
Normalerweise hätte er nun schon einmal unauffällig den Blick durch die Räumlichkeiten schweifen lassen, um nach kleineren Nischen zu suchen, in die er die Dame, die im Moment noch so sittsam neben ihm herging, entführen konnte - um sich mit ihr gewissen intimeren Vergnügungen hingeben zu können. An diesem Abend aber, und mit ebenjener Dame an seinem Arm, die im Augenblick den Großteil seiner Aufmerksamkeit für sich beanspruchte, sorgte er sich eher darum, ob er es schaffen würde, besagte intime Vergnügungen zu umgehen - das heißt, sofern dies überhaupt irgendwie möglich sein sollte.
»Amelia.« Es wurde Zeit, dass er die Zügel wieder etwas fester in die Hand nahm. Und seine Amelia in eine andere Richtung dirigierte. »Ich weiß, du siehst das natürlich ganz anders. Aber ich sage dir, wir gehen noch immer viel zu schnell voran. Wir rasen unseren... privaten kleinen Weg ja geradezu hinunter.«
Es dauerte einen kurzen Moment, ehe Amelia zu ihm aufsah, das Kinn bereits wieder leicht störrisch vorgeschoben. »Du willst mir jetzt doch wohl hoffentlich nicht vorschlagen, dass wir uns wieder rückwärts bewegen sollen?«
»Nein.« Denn er wusste, dass sie das niemals akzeptieren würde. »Aber...« Wie sollte er ihr jetzt erklären, dass die Anzahl der Tempel, die vor dem eigentlichen Akt lagen, nun, sagen wir, eben auch nicht mehr unbegrenzt war? Zumindest dann, wenn Luc nicht vorzeitig den Verstand verlieren wollte. Und natürlich wusste er auch, dass er ihr erst vor kurzem noch etwas vollkommen anderes erzählt hatte. Aber... »Bitte glaub mir. Es gibt wirklich nicht mehr viel auf unserem Wege, das wir nicht schon gesehen hätten. Wenigstens fürs Erste.«
Zu Lucs Überraschung verzichtete Amelia ausnahmsweise einmal darauf, nun mit steifem Rücken und grimmig blitzendem Blick ein Streitgespräch mit ihm anzufangen. Stattdessen blieb sie lediglich ruhig stehen und sah ihn an. Sie schaute zu ihm auf; dann lächelte sie. Eines jener Lächeln, die sämtliche seiner Instinkte sofort in höchste Alarmbereitschaft versetzten. Dann trat sie noch ein wenig dichter an ihn heran, sodass sie sich miteinander unterhalten konnten, ohne dass andere sie womöglich belauschten.
»Du erklärst mir also gerade, dass der Zeitpunkt für meine endgültige Verführung noch nicht gekommen ist?«
Luc spürte, wie seine Gesichtszüge starr wurden. Den Blick fest in ihre Augen gerichtet, dachte er zunächst noch einmal gründlich nach, ehe er seinen Standpunkt abermals bekräftigte. »Richtig. Fürs Erste ist dieser Zeitpunkt noch nicht gekommen.«
Amelias Lächeln wurde noch eine Spur breiter. Und sie trat noch ein bisschen dichter auf ihn zu. Dann hob sie die Hand und legte zart einen Finger an seine Wange. »Hör doch bitte endlich mal auf, immer so ehrbar zu sein.« Sie sprach bewusst nur mit leiser, tiefer Stimme - der Stimme einer Sirene. »Denn ich bin nun wirklich bereit, mich endlich verführen zu lassen. Von dir.« Sie schaute ihm aufmerksam in die Augen, dann legte sie fragend den Kopf schief. »Oder ist es etwa deshalb, weil du mich schon so lange kennst?«
Die Versuchung, nun einfach mit »Ja« zu antworten, war groß. Die Versuchung, als Begründung ihre langjährige Bekanntschaft vorzuschieben und auf Amelias Mitgefühl zu hoffen.
»Nein, es hat nichts damit zu tun, wie lange ich dich nun schon kenne.« Luc spie die Worte geradezu aus, doch Amelia nahm daran keinerlei Anstoß, sondern wartete stattdessen einfach nur ab, sah ihm weiterhin fest in die Augen und hob in leicht fragender Geste die Brauen.
Sie hatte ihre Hand mittlerweile bis zu seiner Brust hinabgleiten lassen. Und sie stand so dicht vor ihm, dass sie fast schon in seinen Armen lag. Ein rascher Blick auf seine Umgebung versicherte Luc, dass seine Instinkte, die Instinkte eines Eroberers, trotz seiner Verwirrung noch immer ordnungsgemäß zu funktionieren schienen. Sie befanden sich am
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