Küsse im Morgenlicht
als eine Frau, die er bereits glühend begehrte. Und doch verband sie beide mehr als das, etwas, was deutlich tiefer ging.
Denn er war bereits der perfekte zukünftige und liebende Ehemann. Genau genommen füllte er diese Rolle sogar schon weitaus besser aus, als Amelia in diesem frühen Stadium jemals von ihm erwartet hätte. Was wiederum nahelegte, dass sie seine gegenwärtige Unentschlossenheit am besten mit ein wenig mehr Großmut behandeln sollte.
Sie legte also noch etwas mehr Wärme in ihr Lächeln, hob die Arme und schlang sie um seinen Hals. »Also gut. Ganz wie du wünschst.«
Misstrauen blitzte in seinen dunklen Augen auf, sodass Amelias Grinsen schließlich unwillkürlich nur noch umso breiter wurde. Sie zog seinen Kopf zu sich herab, bis seine Lippen dicht an den ihren lagen. »Fürs Erste überlassen wir es den Dingen einfach selbst, wie sie sich entwickeln.«
Ihre Münder berührten sich, besiegelten ihre Absprache. Luc konnte sein Glück zunächst kaum glauben. Doch schon bald darauf mischte sich in seine spontane Erleichterung auch schon wieder ein leicht zynischer Skeptizismus, als Amelias und seine Lippen sich nämlich zunächst wieder voneinander lösten und dann fast augenblicklich abermals miteinander verschmolzen - getrieben von ihrem beiderseitigen Verlangen.
Zumal dieses Verlangen keineswegs schwächer wurde, als sie schließlich wieder die Köpfe hoben und sich in einer Art unausgesprochener Übereinkunft auf die Tanzfläche zu den anderen Paaren gesellten, um gemeinsam den ersten Walzer des Abends zu genießen. Und schließlich, während Luc Amelia mit weit ausgreifenden Schritten durch den Saal führte und bis tief ins Innerste hinein spürte, wie sie den Moment genoss, wie sie in dem Gefühl schwelgte, fest von seinen Armen umschlossen zu werden und sich einfach nur von der Musik tragen ließ - nun, spätestens von diesem Moment an betrachtete Luc die Nachgiebigkeit, mit der Amelia sich seinem Plan gefügt hatte, nur noch mit abgrundtiefem Misstrauen.
Das letzte Mal, als er versucht hatte, sich Amelia zu verweigern und das Tempo, mit dem sie ihre Intimität vertieften, drosseln wollte, hatte Amelia einfach die Nase in die Luft gehoben und war davongerauscht, um mit anderen Männern zu flirten. Und ausgerechnet auf einer Maskerade erstreckten sich die Möglichkeiten des Flirtens mit anderen Gentlemen ja naturgemäß geradezu ins Unendliche. Es war also nur gut, dass Amelia bereits fest in seinen Armen lag. Und er würde sie für den Rest des Abends auch nicht mehr loslassen. Denn auf einer Maskerade konnten eventuelle Beobachter ja nur schlecht nachvollziehen, ob eine Dame die Tanzpartner - wie allgemein üblich - stetig wechselte oder ob sie den gesamten Abend nur mit einem einzigen Mann verbrachte. Das war wiederum der Vorteil solcher Bälle.
Im Übrigen haftete Luc nicht umsonst der Ruf des erfahrenen Schwerenöters an, und so fiel es ihm nicht schwer, Amelias Aufmerksamkeit so geschickt zu fesseln, dass sie die anderen Herren an diesem Abend gar nicht erst wahrnahm. Und dabei konzentrierte Luc Amelias Wahrnehmung keineswegs auf seine eigene Person, sondern vielmehr auf die vielen kleinen, verbotenen Gesten, mit denen er ihre Sinne kitzelte. Es war ihm ein Leichtes, Amelia hier und da einmal kurz zu berühren, sie unter ihrem voluminösen Umhang zu liebkosen und ihr, verborgen in den Schatten, den einen oder anderen Kuss zu stehlen.
Und genau darum sah Luc auch nicht die Gefahr, die auf ihn lauerte, als ihrer beider Hunger schließlich so groß wurde, dass sie den Ballsaal und seine nur begrenzten Möglichkeiten verlassen mussten und Luc sich auf die Suche nach einem geeigneten Ort machte, wo sie sich einander noch ein wenig intimer hingeben konnten.
Nein, er nahm die Gefahr tatsächlich überhaupt nicht wahr.
Beinahe schon aus Gewohnheit suchte Luc ihnen ein kleines Arbeitszimmer aus - einen Raum, der so winzig war, dass es wohl keinen der übrigen Gäste dort hineinziehen würde. Und, was noch besser war, die Tür zu diesem Raum besaß auch noch ein Schloss, das Luc natürlich augenblicklich verriegelte. An einer Wand der schmalen Kammer stand ein Tisch, und in der Mitte befand sich ein riesiger Kapitänssessel, vor dem wiederum ein schwarzes Panterfell lag.
Mit einem leisen, kehligen Lachen, aus dem die pure Vorfreude hervorsprudelte, schob Amelia ihre Kapuze in den Nacken und warf die beiden Hälften ihres Umhangs je rechts und links über ihre Schultern zurück. Luc trat
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