Küsse im Morgenlicht
die zudem auch noch eindeutig verboten waren, betäubten Amelias Verstand, peinigten ihre Sinne. Doch als er plötzlich seine Hand zwischen ihren Schenkeln hervorzog und seine Lippen auf ihre feuchten Locken drückte, zuckte Amelia zusammen, plötzlich unsicher. »Luc?«
Er gab keine Antwort.
Bei der nächsten Berührung seiner Lippen schrie sie regelrecht auf. »Luc!«
Er kümmerte sich jedoch nicht im Geringsten darum, und innerhalb von Sekunden hatte Amelia jede Hoffnung verloren, ihn noch irgendwie wieder davon abbringen zu können - jede Hoffnung und auch jedes Bedürfnis danach -, hatte sie ihren Verstand, ihre fünf Sinne in einem wilden, reißenden Strudel körperlicher Empfindungen verloren.
Sie hätte sich niemals träumen lassen, dass so etwas überhaupt möglich war, dass ein Mann sie so berühren könnte, an jener gewissen Stelle, geschweige denn, dass er es auch tatsächlich tun würde. Sie hatte sich gewünscht, dass Luc sie lieben, dass er sie zu der seinen machen würde, und genau das tat er ja auch, tat es in jeder Beziehung außer in einer. Und so ergab sie sich schließlich, erlaubte ihm, sie zu nehmen, wie es ihm beliebte, überließ sich seinen wissenden Lippen, seinen geschickten Händen und ließ sich treiben auf der Woge erotischer Wonnen, die er ihr bescherte.
Willenlos, kraftlos, sämtlicher Widerstand wie fortgeweht, ließ sie Luc gewähren, erlaubte sie ihm, sich an ihrem Körper zu laben. Wie bei allen seinen Liebkosungen, so herrschte auch diesmal seine Vorliebe für das Langsame und Bedächtige, das betont Gründliche vor - er nahm sich alles und noch mehr, versetzte Amelia in einen derartigen Taumel sinnlicher Erregung, dass sie befürchtete, nicht mehr atmen zu können, jeden Moment das Bewusstsein zu verlieren. Dann, als sie spüren konnte, wie jenes überwältigend süße Lustgefühl, das sie schon einmal zuvor erlebt hatte, in ihrem Inneren aufwallte und stärker und immer stärker wurde, drauf und dran, sie mit sich fortzureißen - da endlich drang Luc mit seiner Zunge in sie ein, geradezu qualvoll langsam, qualvoll durchtrieben, und ließ Amelia endgültig in den Abgrund der Ekstase stürzen.
Später hielt er sie einfach nur in seinen Armen, und als sie zu protestieren versuchte, küsste er sie intensiv und ließ sie die Essenz ihrer Weiblichkeit auf seiner Zunge und seinen Lippen schmecken.
»Noch nicht«, war das Einzige, was er sagte.
Noch eine Weile später kehrten sie schließlich wieder in den Ballsaal zurück, wo sie auf Lucs Drängen hin einen Walzer miteinander tanzten und dann auf den Moment warteten, in dem sämtliche Ballgäste ihre Masken abnahmen, damit auch alle wissen würden, dass Luc Ashford und Amelia Cynster da waren, jawohl, nämlich im Ballsaal, wo sie von Rechts wegen sein sollten. Danach begleitete er Amelia höchst korrekt nach Hause.
Als Luc am nächsten Morgen in der Upper Brook Street vorsprach, sagte man ihm, dass Amelia mit Reggie auf einen Spaziergang in den Park gegangen sei.
Nur einen ganz kurzen Moment überlegte er, was er nun tun sollte, und entschied sich dann dafür, den beiden zu folgen. Denn er musste mit Amelia sprechen. Allein. Aber am besten in sicherer, also öffentlicher Umgebung.
Luc sah Amelia, noch ehe sie ihn entdeckte. Sie stand mit einer Gruppe von jungen Damen und Gentlemen mitten auf einer der Grünflächen. Luc duckte sich unter einen Baum, halb verdeckt von den dicht belaubten Zweigen, und dachte nach - dachte über Amelia nach, über ihn und darüber, was er nun als Nächstes tun sollte.
Er musste irgendwie noch etwas Zeit schinden; brauchte diese Zeit, um zu lernen und zu begreifen. Um Antworten auf Fragen zu finden, wie zum Beispiel: Seit wann war die Verführung einer Dame eigentlich gleichbedeutend mit der Unterwerfung unter ebendiese Frau? Und, da dies merkwürdigerweise nun einmal so zu sein schien: Welche Konsequenzen hatte das für ihn?
Luc wusste ganz genau, dass die Eroberung einer anderen Frau nicht gleichzeitig seine eigene Niederlage bedeutet hätte, aber bei Amelia... bei Amelia sah es nun einmal leider genauso aus. Und zwar vollkommen unabhängig davon, wie er ihre Situation nun gern definieren wollte; unabhängig davon, was er sich wünschte. Er hatte die halbe Nacht wach gelegen und sich bemüht, sich mit ebendieser Wahrheit abzufinden. Und er hatte versucht zu erahnen, was wohl jenseits dieser Kapitulation noch auf ihn warten mochte.
Das Erste, was ihm dabei vor seinem inneren Auge erschien,
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