Küsse niemals deinen Chef! (German Edition)
einer Nobelbar von Lucas Wolfe auf den Schoß ziehen und fast bis zur Besinnungslosigkeit hatte küssen lassen. Und damit den Namen verdiente, den ihre Mutter ihr damals an den Kopf geworfen hatte.
Mit aller Macht riss Grace sich zusammen und schluckte heftig. „Lucas …“, brachte sie schließlich heiser hervor und wusste, dass dies einer Kapitulation gleichkam. „Wenn du den anderen bitte erzählen könntest …“
So weit hätte es nie kommen dürfen! warf sie sich vor, während er zu reden begann. In bewährter Manier wickelte er seine geneigten Zuhörer um den kleinen Finger. Er startete eine bedachte Charmeoffensive mit launigen Sprüchen über die gestrige Party, gab kleine Einblicke, die exklusiven Gäste betreffend, die niemand von den Anwesenden je persönlich kennenlernen würde, es sei denn, durch seine Gnaden. Wie gebannt hingen die Teammitglieder an seinen Lippen, um nichts zu verpassen.
Und ich bin nicht besser!
Die Erkenntnis war Grace gar nicht mal neu, schockierte sie aber immer wieder zutiefst und drohte ihr den Boden unter den Füßen wegzuziehen, den sie über Jahre hinweg so mühsam zementiert hatte. Lucas Wolfe besaß nicht eine ehrenwerte Charaktereigenschaft, und trotzdem schmolz sie dahin, sobald er in ihrer Nähe war. Und geruhte er womöglich noch, sie aus seinen grünen Augen anzuschauen oder ihr gar sein verheerendes Lächeln zu schenken, war sie komplett verloren.
Und seit gestern Abend wusste sie, dass er alles von ihr haben konnte …
Grace dachte an den atemlosen Moment zurück, als sie im strömenden Regen vor dem Hotel gestanden und einander nur angeschaut hatten. Immer noch glaubte sie, seinen besitzergreifenden Blick auf sich zu spüren, und wieder fühlte sie ihre eigene Hilflosigkeit und den verrückten Drang, ihm zu folgen, wie er es offensichtlich von ihr erwartete.
Doch all das schob sie in einem ungeheuren Kraftakt zur Seite und zwang sich, nur noch an ihren Job zu denken. Nach der Gala wäre ohnehin alles vorbei. Dann gab es keinen Grund mehr, Lucas Wolfe noch einmal über den Weg zu laufen. Dass sein Interesse an der Zugpferdnummer für Hartington von Dauer sein würde, daran glaubte Grace keinen Moment. Ihrer Meinung nach war es für Lucas nur eine Herausforderung und willkommene Abwechslung zu seinem inhaltslosen Partyleben.
Und das Gleiche gilt auch für mich!
Dass er ihr gegenüber jemals echte Gefühle aufbringen könnte, erschien ihr ebenso unglaubwürdig.
Und je eher ich das akzeptiere, desto besser!
Hauptsache, es war nicht schon zu spät, denn wie ihre Mutter wollte sie nicht sein.
Niemals!
Lucas hatte eine kalte Begrüßung erwartet. Oder dass Grace so tun würde, als wäre nichts gewesen, und einfach zur Tagesordnung überging. Aber dass Grace Carter, die offensivste und kratzbürstigste Frau, mit der er je zu tun gehabt hatte, seinen Blick komplett mied und in aller Öffentlichkeit errötete, damit hätte er nicht gerechnet. Und nach der Sitzung hastete sie zur Tür, als wäre der Leibhaftige hinter ihr her.
Kurz war Lucas versucht zu triumphieren, doch seltsamerweise stellte sich das Gefühl nicht ein. Stattdessen durchströmte ihn etwas Warmes, Beunruhigendes.
„Grace!“, rief er ihr laut genug nach, um auch alle anderen verharren zu lassen. Damit nahm er ihr die Chance, so zu tun, als hätte sie ihn nicht gehört. „Kann ich dich kurz sprechen?“
Er sah, wie sie sich versteifte, doch als sie sich umdrehte, lag das gewohnt professionelle Lächeln auf ihren Lippen. Möglicherweise fielen ja nur ihm die Sturmwolken in den samtbraunen Augen auf. Sie wartete an der Tür, die Hand auf der Klinke und wechselte ein paar unverbindliche Worte mit den Leuten, die an ihr vorbeigingen. Nachdem der letzte Mitarbeiter gegangen war, zog Grace die Tür zu und schloss sie damit beide in das große Goldfischglas ein, an das der Raum sie schon immer erinnert hatte. Drei Seitenwände waren nämlich vom Boden bis zur Decke verglast und daher von den umliegenden, ebenfalls transparenten Arbeitsplätzen gut einsehbar.
Lucas überlegte, ob Grace sich durch diesen Umstand vielleicht sicherer fühlte als zum Beispiel in ihrem eigenen Büro. Ihn machte es jedenfalls nervös und brachte ihn höchstens auf dumme Ideen. Darum blieb er auch lieber auf seinem Platz sitzen, mit dem riesigen Tisch als Barriere zwischen ihnen. Sonst hätte er ganz sicher nicht die Hände von Miss Carter lassen können. Und nach dem gestrigen Intermezzo in der Bar wollte er sich lieber
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