Kuesse sich, wer kann
Pickel aller Pickel.«
Ich tastete meine Stirn ab. Tatsächlich, eine Riesenbeule.
»Heute Morgen beim Aufstehen war er noch nicht da«, sagte ich. »Ist das auch wirklich ein Pickel? Kein Furunkel oder so?«
Lula kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. »Scheint ein ordinärer Pickel zu sein, aber wer weiß.«
Connie untersuchte ihn ebenfalls. »Ich würde sagen, es ist ein Pickel, der das Zeug hat, sich zu einem Furunkel auszuwachsen.«
Ich holte mein Schminkset aus der Handtasche, begutachtete den Pickel im Spiegel – ihh! – und betupfte ihn mit Puder.
»Puder reicht bei dem nicht mehr«, sagte Lula. »Der Pickel sieht aus wie der Vulkan, der mal so heftig ausgebrochen ist. Der Krakatau.«
Ich schmierte noch etwas Abdeckcreme auf meinen Krakatau und dachte an Grandma Mazurs Traum mit den Pferdeäpfeln.
»Das ist schon viel besser«, sagte Lula. »Jetzt sieht er wie ein Tumor aus.«
Na toll.
»Also, falls es ein Tumor ist, dann nur ein ganz kleiner«, sagte Lula. »Ein Tumor im Anfangsstadium.«
»Hör auf mit diesem Tumorgerede!«
»Das ist nicht so einfach, wenn man immer draufgucken muss. Jetzt, wo ich weiß, dass er da ist, sehe ich nichts anderes mehr. Wie bei Rudolph, dem Rentier. Bei dem sieht man auch immer nur die rote Nase.«
Ich blickte Connie an. »Ist es wirklich so schlimm?«
»Es ist ein dicker Pickel.«
»Hast du gehört?«, sagte ich zu Lula. »Es ist nur ein dicker Pickel.«
Lula überlegte kurz. »Eine Ponyfrisur wäre ganz praktisch.«
»Ich habe aber keine Stirnfransen«, sagte ich. »Nie gehabt!«
»Ja, aber du könntest dir welche zulegen«, sagte Lula.
Ich verstaute die Abdeckcreme wieder in meiner Tasche und nahm Merlin Browns Akte heraus. Vor zwei Jahren hatte Vinnie ohne Probleme eine Kaution für ihn gestellt. Die Anklage damals: Kaufhausdiebstahl; Merlin hatte nur eine kurze Strafe abgesessen. Schwer zu sagen, worum es diesmal genau ging, jedenfalls lautete die Anklage auf bewaffneten Raubüberfall. Entweder hatte Brown seinen Termin einfach nur verschwitzt, oder ihm behagte die Vorstellung nicht, zurück ins Gefängnis zu müssen. Ich tippte seine Telefonnummer in mein Handy und wartete. Beim dritten Klingelton hörte ich eine männliche Stimme am anderen Ende der Leitung, und ich legte auf.
»Er ist zu Hause«, sagte ich zu Lula. »Die Jagd ist eröffnet.«
7
Merlin Brown hauste in einer Sozialsiedlung, gegen die meine Absteige wie ein Palast aussah. Roter Backstein, drei Geschosse ohne jeden Schmuck, abgesehen von Graffiti. Keine Balkone, kein aufgehübschter Hauseingang, Siebzigerjahre-Alufenster, null Gartengestaltung. Die Blöcke standen auf festgestampftem Lehmboden im Niemandsland zwischen Schrottplatz und einer ausgeschlachteten Bleirohrfabrik in der oberen Stark Street.
Am Rand des Parkplatzes vergammelten ein ausgedienter Kühlschrank und ein durchgesessenes Lümmelsofa, die von der Müllabfuhr verschmäht worden waren. Vier Männer hockten auf dem Sofa und süffelten aus Flaschen, die sie zur Tarnung in braune Papiertüten gewickelt hatten. Der Typ ganz außen wog schätzungsweise drei Zentner und brachte das Sofa in eine gefährliche Schieflage.
»Vielleicht sollte ich mehr darauf achten, was ich esse«, sagte Lula. »Ich bin zwar gerne eine starke Frau, aber es soll auch nicht ausufern. Ich will keine Sofas in Schieflage bringen.«
Lula kann machen, was sie will, nach einem gesunden Ernährungsplan leben, irgendeine alberne Modediät befolgen, die Kalorienanzahl einschränken oder alles in sich hineinstopfen, was ihr gerade in die Finger kommt – ihr Gewicht bleibt immer gleich.
»Er wohnt in Gebäude B«, sagte ich. »Zweiter Stock, Apartment dreihundertsieben.«
»Als was sollen wir uns ausgeben? Pizzaservice, Volkszählung, örtlicher Escort-Service?«
»Wir klingeln einfach und gucken, was passiert.«
»Klar, der freut sich über unseren Besuch. Gefängnis ist vielleicht eine Verbesserung zu diesem Bunker hier.«
Wir betraten die kleine Eingangshalle, Briefkastenreihe auf der einen, Aufzug auf der anderen Seite, neben dem Aufzug ein Schild »Defekt«. Es sah aus, als hinge es da schon ziemlich lange. Lula drückte trotzdem den Aufzugknopf, und wir warteten ein paar Minuten. Schließlich vernahmen wir ein Stöhnen und Ächzen, und die Aufzugtüren öffneten sich, doch nach einem Blick in den dunklen Käfig entschieden wir uns für die Treppe.
»So schlimm ist es hier doch gar nicht«, sagte Lula, als wir im zweiten Stock
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