Kuesse sich, wer kann
angelangt waren. »Keine Ratten, kein verspritztes Blut und auch keine Krokodile. Das Einzige, was gegen das Haus spricht, ist, dass es keinen Komfort für die Mieter bietet, abgesehen von der Sitzecke neben den Müllcontainern.«
Wir gingen den Flur bis zur Mitte ab, fanden die Nummer 307 und blieben lauschend vor der Tür stehen, drinnen dröhnte ein Fernseher.
»Hat wahrscheinlich eine Waffe, der Kerl«, sagte Lula. »Wozu wird er sonst wegen bewaffneten Raubüberfalls gesucht? Falls ich mich gerade jedoch in einen Vampir verwandle, brauche ich eigentlich keine Angst zu haben, erschossen zu werden. Deswegen wäre es vielleicht das Beste, ich gehe zuerst rein.«
»Alles klar. Geh du zuerst.«
»Und wenn ich mich nun doch nicht in einen Vampir verwandle? Vielleicht hat sich nicht genug Vampirgift übertragen, ich habe ja nur einen Knutschfleck von Ziggy.«
»Kein Problem. Ich übernehme das.«
Ich klopfte an die Tür, Lula drückte sich an die Wand daneben. Die Tür ging auf, und Merlin sah uns an.
»Was ist?«
Merlin Brown war ein Hüne von fast zwei Metern und gebaut wie ein Linebacker der Dallas Cowboys. Seine Haut eine Spur dunkler als Lulas, auf der Stirn ein Blitzpfeil eingeritzt, zwei Goldkronen, die seine Vorderzähne zierten. Und zur Feier des Tages zeigte er sich uns auch noch splitterfasernackt. Sein Schwengel baumelte auf halbmast und war immer noch so lang wie das beste Stück eines Zuchthengstes.
Lula konnte sich gar nicht sattsehen. »Heiliger Bimbam!«
»Ka… Ka… Kau…«, stammelte ich, blies die Backen auf und verbesserte mich: »Kautionsagentur.«
»Ich bin gerade beschäftigt«, sagte Brown.
Handarbeit?
»Ist Ihre Freundin da?«, fragte Lula.
»Nö.«
»Ihr Freund?«
»Nö.«
»Laufen Sie immer so rum?«
»Meistens. Ich bin seit zwei Monaten arbeitslos, habe also nicht viel zu tun. Hin und wieder überfalle ich ein Geschäft, das ist aber auch schon alles. So verbringe ich meine Zeit eben mit … na, Sie wissen schon.«
»Dann ist heute Ihr Glückstag«, sagte Lula. »Wir hätten da nämlich eine Beschäftigung für Sie. Sie müssen sich nur was anziehen und mitkommen.«
»Mitkommen? Da lande ich doch nur wieder im Knast. Da war ich schon mal und habe mich nicht wohlgefühlt. Ich habe eine bessere Idee«, sagte Brown. »Ich ziehe mich nicht an, sondern Sie ziehen sich aus und bleiben hier. Ich bin Ihnen auch gern behilflich. Fangen wir doch gleich mit Missy Knackarsch Kautionsagentin an«, wandte er sich an mich.
Ich wich zurück und zischte Lula von der Seite zu: »Hast du deine P. I. S. T. O. L. E. dabei?«
»Ja«, sagte Lula. »Soll ich sie rausholen?«
»Ich weiß schon, was Sie da tuscheln«, sagte Brown. »Ich habe Pistole von Ihren Lippen abgelesen. Sie wollen mich bedrohen? Dass ich nicht lache. Ihr seid doch nur Girlies! Außerdem dürfen Sie nicht auf einen Unbewaffneten schießen! Ich kann machen, was ich will, Sie dürften nicht auf mich schießen.«
Lula holte ihre 9-mm-Glock aus der Handtasche, zielte auf Browns Fuß und schoss. Sie verfehlte ihr Ziel um knapp zwanzig Zentimeter, unternahm einen neuen Versuch und drückte ab. Auch dieser Schuss ging daneben. Kein Wunder, Lula war eine miserable Schützin. Sie hätte nicht mal eine Tür getroffen, und wenn sie direkt davorgestanden hätte.
»Ihr fetten Tussis könnt einfach nicht schießen«, sagte Brown. »Das habe ich schon öfter beobachtet.«
»Wie bitte?«, sagte Lula mit zusammengekniffenen Augen und bebenden Nüstern. »Fette Tussis? Haben Sie uns gerade fette Tussis genannt? Ich kann nur hoffen, dass ich das falsch verstanden habe, denn so möchte ich nicht genannt werden.«
Und dann hatte Lula endlich mal Glück oder Pech, je nachdem, jedenfalls schoss sie Brown einen kleinen Zeh ab.
»Ahhh!«, brüllte Brown. »Sind Sie wahnsinnig? Sind Sie komplett wahnsinnig?«
Rums! Er wurde ohnmächtig. Klappte flach mit dem Rücken auf den Boden, nur seine Stange stand stramm.
Lula beglotzte Browns Steifen. »Der muss sich irgendeine Pille reingepfiffen haben. So eine Latte ist doch nicht normal.«
»Hör endlich auf, ständig auf Leute zu schießen!«, sagte ich. »Dafür kannst du ins Gefängnis kommen.«
»Er hat fette Tussie zu mir gesagt.«
»Das ist noch lange kein Grund, jemandem den kleinen Zeh abzuschießen.«
»Für mich schon«, sagte Lula. »Was sollen wir denn jetzt machen? Den Fettarsch zum Auto schleppen?«
»Bevor wir ihn auf der Wache abliefern können, müssen wir ihn zuerst ins
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