Kuesse sich, wer kann
Von Gesicht und Brust der Zweimeterriesin Stephanie tropfte es.
»Was ist denn hier passiert?«, fragte ich Mooner.
»Eben ist eine kleine alte Frau vorbeigekommen, ganz in Schwarz, und hat dein Konterfei mit Eiern beworfen. Dabei fing sie an zu lachen, ein total irres, abgedrehtes Lachen, das reinste Hexengackern. Dann hat sie einen Finger ans Auge gelegt, auf den Boden gespuckt und ist wieder abgehauen. Gruselig, Mann, echt.«
Zugegeben, Morelli war sexy und smart und hübsch, mit ihm machte es Spaß. Aber wäre das genug Entschädigung dafür, dass er nur mit seiner bösen Oma im Gepäck zu haben war? Vielleicht hatte meine Mutter ja doch recht, und ich sollte es mit Dave versuchen. Seine Großeltern waren bestimmt schon unter der Erde.
Ich machte das Peace-Zeichen, setzte mich wieder ins Auto, aß das Sandwich und trank das Wasser. Im Rückspiegel begutachtete ich meine Frisur und fragte mich schon wieder, ob meine Mutter nicht doch recht hatte. Vielleicht brauchte ich tatsächlich eine kleine Aufhübschung, besonders jetzt, wo ich in einem Shelby durch die Gegend gondelte. Ein paar blonde Strähnen, die Mr Alexander mir ins Haar zaubern würde, konnten nicht schaden.
Ich musste unbedingt Ziggy schnappen.
Ich hatte mir die Strähnchen machen lassen und konnte mich auf einmal nicht mehr bremsen. Anschließend hatte ich mir nicht nur eine Maniküre und eine Pediküre gegönnt, sondern war auch noch auf Shoppingtour gegangen. Kaum waren meine Zehen hübsch pink bemalt, musste ich das volle Programm durchziehen.
Ich bog auf den Parkplatz hinter meinem Haus und war erleichtert, dass alles zur Normalität zurückgekehrt war. Keine Rettungsfahrzeuge, kein Absperrband, kein Auto mit einem Toten auf dem Fahrersitz. Ich schloss meine Wohnungstür auf, begrüßte kurz meinen Hamster Rex und verzog mich gleich ins Schlafzimmer. Erschöpft ließ ich die Einkaufstaschen fallen, warf mich aufs Bett und streckte alle viere von mir. Tief durchatmen, sagte ich mir. Es ist nichts Schlimmes, bloß eine kleine Panikattacke, die überfällt jeden mal. Du musst nur Ziggy zurück in den Knast bringen, dir bei Connie die Fangprämie abholen, dann kannst du alle Rechnungen bezahlen. Außerdem ist es gut möglich, dass du in den neuen Klamotten grauenhaft aussiehst und du sie zurückbringen musst. Dass sie dir im Geschäft so gut standen, heißt nicht, dass sie dir jetzt auch noch gut stehen.
Ich richtete mich auf und leerte die Tüten auf dem Bett aus. Schickes rotes Kleid mit tiefem Rundausschnitt und Glockenrock, dazu passende rote Pumps mit Pfennigabsätzen. Ich zog beides an und drehte mich vorm Schlafzimmerspiegel. Umwerfend! Niemals würde ich die Sachen zurückbringen.
Ich schlüpfte wieder in Jeans, T-Shirt und Sneakers, setzte mich mit einem Notizblock an den Esstisch und machte eine Liste aller Orte, wo Ziggy sich aufhalten könnte. Abends gab es vielerlei Möglichkeiten, am Tag blieben mir nur zwei Spuren, sein eigenes Haus und Maronellis Beerdigungsinstitut. Jetzt nach ihm zu suchen hatte keinen Zweck, lieber heute Abend.
Ich klappte mein Notebook auf und gab den Namen Nick Alpha in eins unserer Personen-Suchprogramme ein. Aus dem Netz erfuhr ich lediglich, dass Nick momentan nicht liiert war. Er war zweimal verheiratet gewesen, zweimal geschieden, hatte zwei erwachsene Kinder aus erster Ehe, keine aus der zweiten. Keine Kredite, keine aktuelle Adresse. Sein Bewährungshelfer würde seine Adresse kennen, aber auf den besaß ich keinen Zugriff.
Ich rief Connie an, weil Connie Zugriff auf fast alles und jeden hatte.
»Was ist denn das für ein Lärm im Hintergrund?«, fragte ich sie. »Feiert ihr eine Party? Ich kann dich kaum verstehen bei der Musik.«
»Es ist das Fernsehen. Ich habe die Lautstärke aufgedreht, um das Summen meiner Mutter zu übertönen.«
»Ich brauche Informationen über Nick Alpha.«
»Was?«
»Nick Alpha«, schrie ich in den Hörer. »Ich habe ihn durch unsere Basisprogramme gejagt, aber keine aktuellen Daten gefunden. Ich brauche seine Adresse. Hat er ein Auto? Einen Job?«
»Ich horche mich mal um und melde mich dann wieder bei dir.«
Ich legte auf, und im selben Moment klopfte es an der Tür. Es gab mal eine Zeit, da wäre ich ganz aufgeregt vor Glück gewesen, wenn mich spontan jemand besucht hätte. Diese Zeit war vorbei. Heute löste ein Klopfen an der Tür ganz anderes aus: Ich stellte mir vor, Regina Bugle stünde im Hausflur. Oder ein großer schwerfälliger Kerl mit
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