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Kuesse sich, wer kann

Kuesse sich, wer kann

Titel: Kuesse sich, wer kann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janet Evanovich
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schon einige Male erlebt, aber ich wollte nicht eingreifen, solange keine Massenschlägerei ausbrach oder ich einen Pistolenschuss hörte.
    Jemand rempelte mich an, ich fuhr herum und starrte in Nick Alphas Gesicht.
    Er beugte sich vor und raunte mir zu: »Die ganze Zeit im Gefängnis habe ich auf den Tag hingelebt, an dem ich rauskomme und mich für Jimmy rächen kann. Ich werde dich töten, so wie du meinen kleinen Bruder getötet hast. Ich gebe dir noch ein bisschen Zeit. Aber nicht zu lange, nur ein bisschen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich jemanden töten muss, aber bei dir wird es mir eine besondere Freude sein.«
    Seine Augen waren kalt, sein Mund zusammengekniffen. Er trat zurück und tauchte im Meer der Trauergäste, Schnüffler und Partygänger unter.
    Manchmal sollte man mit seinen Wünschen vorsichtig sein, sonst bekommt man sie am Ende noch erfüllt. Mein Wunsch war es gewesen, Nick Alpha zu sprechen, jetzt war mir der Wunsch vergangen. Wenigstens verblieb mir noch etwas Zeit zum Angstkriegen, was hieß, dass er mich nicht gleich töten würde, wenn ich den Fuß vor die Tür setzte. Es war also alles gut. Falls er auch für die anderen Toten verantwortlich war, würde er mich außerdem zuerst würgen. Das würde meine Chancen erhöhen, nicht sofort erschossen zu werden. In meiner Fantasie nämlich gab ich mich der Vorstellung hin, ich würde dem Angreifer mit meiner Nagelfeile ins Bein stechen und mich so dem Würgegriff entziehen.
    Der Direktor des Beerdigungsinstituts verschaffte sich Platz zwischen all den Leuten und führte Grandma zu mir. »Bringen Sie sie nach Hause«, sagte er. »Bitte.«
    »Ich gehe erst, wenn ich einen Keks kriege«, sagte Grandma. »Nach Beileidsbekundungen esse ich immer gerne ein paar Kekse.«
    Der Direktor steckte mir fünf Dollar zu. »Da, kaufen Sie ihr die Kekse. Von mir aus eine ganze Schachtel. Wenn Sie nur Ihre Oma wegbringen.«
    »Ein bisschen freundlicher, wenn ich bitten darf«, wandte sich Grandma an den Direktor. »Ich bin alt, ich werde bald sterben, und ich habe schon ein Auge auf die Deluxe-Schlummerkiste mit den Mahagonischnitzereien geworfen. Ich will stilvoll abtreten.«
    Der Direktor ließ die Schultern sinken. »Auf Ihr Wort würde ich mich ja gerne verlassen, aber das Leben ist grausam, und ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie schon in nächster Zukunft von uns gehen werden.«
    Ich packte Grandma am Ellbogen und geleitete sie aus dem Schlummerraum. Wir machten einen Umweg über den Tisch mit den Erfrischungen, Grandma wickelte drei Kekse in eine Papierserviette, steckte sie in die Tasche, und wir huschten hinaus zum Auto.
    »Was hast du diesmal gemacht?«, fragte ich sie unterwegs.
    »Gar nichts. Ich habe mich wie eine Dame benommen.«
    »Jetzt komm schon. Irgendwas musst du doch gemacht haben.«
    »Na ja, vielleicht habe ich versucht, den Deckel einen Spalt anzuheben, aber es ging nicht, er war zugenagelt. Dabei habe ich eine Blumenvase umgestoßen, sie fiel auf die Frau des Verstorbenen. Die Frau ist ein bisschen nass geworden.«
    »Ein bisschen?«
    »Klatschnass. Es war eine große Vase. Die Frau sah aus, als hätte man sie den ganzen Tag im Regen stehen lassen. Dabei wäre das alles nicht passiert, wenn der Bestatter den Deckel nicht zugenagelt hätte.«
    »Der Tote war nur ein Haufen verrotteter Knochen.«
    »Kann ja sein, aber du hast diesen Haufen zu sehen bekommen. Ich nicht. Warum nicht? Ich hätte gerne gewusst, wie seine verrotteten Knochen aussehen.«
    Ich setzte Grandma ab, wartete so lange, bis sie ins Haus gegangen war, ließ Burg an der nächsten Kreuzung hinter mir und überquerte die Grenze zu Morellis Viertel. Vor seinem Haus blieb ich mit laufendem Motor stehen; es brannte kein Licht, sein SUV war nicht da. Ich hätte ihn anrufen können, fürchtete aber, ihn bei einem Date zu stören. Allein bei dem Gedanken krampfte sich mir der Magen zusammen. Allerdings krampfte sich mir in letzter Zeit bei allem Möglichen der Magen zusammen.
    Ich fuhr nach Hause, stellte den Wagen ab und nahm den Aufzug in den ersten Stock. Oben im Flur war Dave. Er saß auf dem Boden mit dem Rücken zur Wohnungstür.
    »Hi«, sagte er, stand auf und nahm seine Weinflasche und die Einkaufstüte.
    »Was machst du denn schon wieder hier?«
    »Auf dich warten.«
    »Warum?«
    »Ich habe Lust zu kochen.«
    Ich seufzte laut und schloss auf. »Sagt dir das Wort Stalker etwas?«
    »Wieso, stellt dir jemand nach?«
    »Du! Du entwickelst dich zu einem

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