Küssen auf eigene Gefahr
Kaylee zuckte gleichgültig mit den Schultern.
»Jetzt überleg mal«, setzte Bobby von neuem an, »du hast mir doch selbst erzählt, dass Catherine ein sehr vorsichtiger Mensch ist.«
Kaylee drehte sich auf ihrem Sitz zu ihm um und zog ein Bein hoch. »Darauf kann man sich bei ihr unter allen Umständen verlassen«, bestätigte sie mit ernster Miene. »Natürlich, sie kann auch sehr einfallsreich sein, keine Frage«, fügte sie rasch hinzu, als habe Bobby Zweifel an ihrer Einschätzung geäußert. »Aber wenn man eines über meine Schwester sagen kann, dann dass sie immer, wirklich immer, sehr, sehr vorsichtig ist.« Auf ihrem Gesicht erschien ein zaghaftes Lächeln, und Bobby musste an sich halten, um sich nicht zu ihr hinüberzubeugen und sie in die Arme zu nehmen.
»Na also, dann wird ihr schon nichts passieren.«
»Nein, ihr wird nichts passieren«, sagte Kaylee. Wie zur Bestätigung schüttelte sie leicht den Kopf, und die Bewegung setzte sich wie eine Welle über ihre runden weißen Schultern und ihre Arme bis zu ihren vollen, nur von einen Hauch Stretch bedeckten Brüsten fort. »Gut, suchen wir uns ein Zimmer«, schlug sie mit neu erwachter Zuversicht vor. »Ich könnte eine Dusche vertragen, und außerdem muss ich dringend mein Make-up erneuern. Du hast Recht, Cat wird nichts passieren. Sie ist die Vorsicht in Person.«
9
C atherine sah Sam, der sie aus wenigen Zentimetern Entfernung spöttisch anblickte, in die Augen, und ihr war klar, dass es am klügsten wäre, ihn so lange in Ruhe zu lassen, bis er sich wieder eingekriegt hatte. Man musste nicht gerade ein Hellseher sein, um zu erkennen, dass sich hinter seinem unsäglich arroganten Verhalten immer noch eine gehörige Portion Wut verbarg.
Aber der Tag war einfach zu lang gewesen, dieses Motelzimmer war so schäbig, dass man Depressionen bekommen konnte, und sie war überreizt ... ganz zu schweigen davon, dass ihr seine überhebliche Art allmählich den letzten Nerv raubte.
Catherine legte beide Hände auf Sams Brust und gab ihm einen kräftigen Stoß, damit er aufhörte, ihr so dicht auf die Pelle zu rücken. Zu ihrer Erleichterung trat er einen Schritt zurück und befreite sie von der Wärme und dem Geruch seines Körpers. Sie atmete einmal tief durch und schob sich dann an ihm vorbei, um nach ihrem Koffer zu greifen. Sie legte ihn auf die abgewetzte Bettdecke, machte ihn auf und holte das Hemd heraus, das Sam ihr gestern geliehen hatte und das sie inzwischen als ihr Eigentum betrachtete. Nachdem sie rasch in die Ärmel geschlüpft war, sah sie ihn an. »Ich habe langsam die Nase voll davon, dass Sie mich ständig als Lügnerin bezeichnen«, erklärte sie ihm hitziger, als sie beabsichtigt hatte. Mit jedem Knopf, den sie zumachte, wuchs ihr Selbstvertrauen. Es war ein gutes Gefühl, endlich wieder etwas anzuhaben, das nicht wie eine zweite Haut an ihrem Körper klebte. »Wissen Sie, McKade, ich finde, dass Sie mit diesem Begriff etwas sparsamer umgehen sollten, nachdem Sie heute Nachmittag am eigenen Leib erfahren haben, wie es ist, wie ein gewohnheitsmäßiger Lügner behandelt zu werden.«
An seinem Kiefer begann ein Muskel zu zucken. »Die Sache ist nur die, dass Sie tatsächlich eine Lügnerin sind. Ich dagegen hatte einfach nur Pech und musste es ausbaden, dass Sie sich ständig irgendwelche Geschichten aus den Fingern saugen.«
»Jetzt machen Sie aber mal einen Punkt!« Catherine stemmte die Hände in die Hüften. »Nennen Sie mir nur ein einziges Wort, das ich heute gesagt habe und das nicht der Wahrheit entsprach.«
Gerade eben noch waren sie mit einem Meter Abstand voreinander gestanden, aber plötzlich ragte Sam bedrohlich vor ihr auf und drängte sie vom Bett weg an die Wand Zum wiederholten Mal fand sie sich in einer Haltung wieder, in der er ihr mit seinem Schlüsselbein die Nase praktisch platt drückte.
»Dass Ihr Name Catherine MacPherson ist, zum Beispiel«, ertönte seine Stimme knurrend über ihr.
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und reckte trotzig das Kinn in die Höhe, um den Größenunterschied zwischen ihnen etwas zu verringern. »Ich heiße aber nun mal Catherine MacPherson«, erklärte sie ihm kühl. Seine Nasenflügel blähten sich, und die bernsteinfarbenen Augen blitzten sie wütend von oben herunter an. Sie verspürte plötzlich den unbezähmbaren Drang, ihn weiter zu reizen, bis er wieder die Beherrschung verlor. Es hatte ihr gefallen, als das wenige Stunden zuvor auf dem Polizeirevier passiert
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