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Kuessen kann schon mal passieren

Kuessen kann schon mal passieren

Titel: Kuessen kann schon mal passieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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ein Junge so offensiv angebaggert, was mir unglaublich schmeichelte.
    Â»Aber es ist auch so okay«, meinte er nach einer Atempause auf Deutsch.
    Ich lächelte meine Verlegenheit weg und er war klug genug, das Thema zu wechseln, bevor es noch peinlich wurde. Wir redeten über Belangloses, kamen dabei automatisch auf Luca zu sprechen. Ich sagte ihm, dass ich überhaupt nicht begreifen würde, wie jemand in der Schule so ein Überflieger sein könne.
    Â»Ich auch nicht.« Filippo verdrehte die Augen. »Aber mach dir nichts draus. Dafür haben wir andere Talente.«
    Â»Ach ja, und welche?«
    Â»Das wird sich schon zeigen«, murmelte er verheißungsvoll.
    Erst später, als wir zurückgingen, berührten sich unsere Hände immer wieder wie zufällig, woran auch ich nicht ganz unschuldig war. Auf der kleinen Brücke, die über den Bach in unseren Ort führte, geschah es dann. Bevor ich mich entscheiden konnte, was ich nun eigentlich wollte, zog Filippo mich an sich und küsste mich. Und ich küsste ihn zurück, einfach so! Es fühlte sich anders an als bei Luca. Hitziger, atemloser, vielleicht ruppiger, und ich wusste in dieser Sekunde nicht, ob ich es schön oder doch irgendwie daneben finden sollte oder ob es ein Betrug an Luca war, mit dem ich ja nicht mal etwas hatte. Immerhin war jetzt klar, dass Filippos kleiner Ausflug an den Deich nicht nur wegen der italienisch-norddeutschen Landschaft stattgefunden hatte, sondern weil er etwas von mir wollte. Das fand ich aufregend und unheimlich zugleich. Es war, als würde man in einen tiefen, dunklen See springen, ohne zu wissen, was einen am Grund erwartete.
    Zurück nach Hause gingen wir schweigend. Filippo versuchte ab und zu seine Hand in meine zu schummeln, aber ich zog sie immer wieder albern kichernd weg. Mein erster Kuss – das musste erst mal verdaut werden. Daher riss ich ihm, als wir am Schlossplatz ankamen, die Plastiktüte mit meinen Einkäufen aus der Hand, warf ihm ein knappes Ciao hin und machte, dass ich wegkam.

12.
    Günther wohnte und arbeitete in Hamburg, doch was ich erst mit sehr viel Fingerspitzengefühl aus Mama herauskitzelte, war, dass sie ihn im Internet aufgetan hatte. Im ersten Moment war ich überrascht, dann musste ich einfach schmunzeln. Meine Mutter hatte sich abends, wenn ich schon im Bett lag, heimlich an unseren Computer geschlichen und nach einer theoretischen Einweisung von Anna Pisani nach Kerlen mit grauen Locken Ausschau gehalten. Ich gönnte ihr ja ihren Günther, und nachdem ich ihn bei einem Zitronenhühnchen endlich kennenlernen durfte, fand ich seine Haare, seinen Namen und sein Altsein schon gar nicht mehr so befremdlich. Dafür hatte er eine schöne Stimme, ein warmes Lachen und behandelte Mama wie eine Prinzessin.
    Nur eins stank mir gewaltig. Seit meine Mutter im Liebesglück schwelgte, meinte sie, dass sich auch alle anderen Menschen auf der Welt (an erster Stelle ich) verlieben sollten. Immer wieder fing sie davon an: warum ich immer noch keinen Freund hätte, ob es denn überhaupt niemanden gäbe, den ich ein bisschen nett finden würde … Meine Güte, ich fand viele Leute nett. Die Verkäuferinnen in der Schulbäckerei, unseren dicklichen Briefträger, den Nachrichtensprecher im Fernsehen – nur musste ich mich deswegen trotzdem nicht gleich verknallen. Und schon gar nicht hatte ich vor, Mama von dem Kuss mit Filippo zu erzählen. Sie hätte nur irgendeinen Schlaumeierkommentar von sich gegeben, dabei war alles schon verworren genug. Filippo ja, Filippo nein, Filippo vielleicht …
    Aus Angst, meinem Küsser über den Weg zu laufen, blieb ich die nächsten Tage zu Hause. Das war ziemlich ungünstig, da der Sommer sich immer noch von seiner besten Seite zeigte und ich mich danach sehnte, mich im Schwimmbad abzukühlen. Stattdessen saß ich in meinem selbst geschaffenen Gefängnis und zählte die Tage, bis Jade und Luca zurückkommen würden. Weil das kaum tagesfüllend war, holte ich nach vielen öden Stunden vor dem Fernseher meine Schulbücher raus. Dabei wusste ich nicht, ob ich mich heroisch oder einfach nur erbärmlich finden sollte. Den Anfang machte Französisch. Ich wiederholte Vokabeln, bimste mir Grammatik rein und ging schließlich, wobei ich fürchtete, ernsthaft verrückt geworden zu sein, zu Physik über. Filippo war schuld. Sein Gejammer

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