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Kuessen kann schon mal passieren

Kuessen kann schon mal passieren

Titel: Kuessen kann schon mal passieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fuelscher
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überrascht und ich ärgerte mich, überhaupt davon angefangen zu haben. Vielleicht hatte Luca seinem Kumpel gegenüber nie erwähnt, dass es zwischen ihm und seinem Vater nicht zum Besten stand. Und vielleicht wollte er auch nicht, dass ich es weitertratschte.
    Â»Luca wird die Zeit da unten schon genießen«, wechselte ich das Thema.
    Â» Certo! Sonne, Meer, Strand und jede Menge hübsche Mädchen zum … na, du weißt schon.« Filippos Lachen stieg in den Himmel.
    Â»Idiot«, murmelte ich.
    Â»He, war bloß ein Scherz«, schwenkte er um. »Luca ist kein Mädchenaufreißer.«
    Â»Wieso, er kann doch machen, was er will«, entgegnete ich verstimmt. »Er ist mir keine Rechenschaft schuldig.«
    Â»Nicht?« Filippo taxierte mich von der Seite. »Ich mein, so dicke, wie ihr miteinander seid. Da fragt man sich ja sowieso …«
    Den Rest des Satzes bekam ich nicht mit, weil ein Lkw mit mindestens 70 Sachen an uns vorbeidonnerte. Kaum war er vorüber, erkundigte sich Filippo mit samtweicher Schmeichelstimme, ob ich Lust auf ein Eis hätte.
    Ich zögerte einen Moment – seinen Spruch mit den ›Mädchen zum … na, du weißt schon‹ fand ich ziemlich daneben – nickte dann aber. So oft, wie ich an ihn gedacht hatte, an seinen schönen Körper und seine karamellfarbene Haut, wäre es blöd gewesen, jetzt zu kneifen. »Okay, aber nur auf Vanille«, erklärte ich.
    Â»Du isst immer nur Vanilleeis?«
    Â»Logisch! Ein Leben ohne Vanilleeis ist gar kein Leben.«
    Filippo lachte, dann marschierten wir los, wobei er darauf bestand, meine Einkäufe zu tragen. Ich war felsenfest davon ausgegangen, dass wir ins Tre Stelle gehen würden, doch zu meiner Überraschung lotste er mich durch die verwinkelten Gässchen stadtauswärts.
    Â»Wo willst du eigentlich hin?«, fragte ich, als mir die Sache schon unheimlich zu werden begann.
    Â»An den Deich. Hast du Lust?«
    Â»Aber dort gibt’s keine Eiscafés.«
    Â»Non c’è problema.« Filippo sprintete über die Straße, verschwand im Supermarkt gegenüber und kam schon kurz darauf mit zwei Magnums wieder heraus.
    Â»Vanille.« Er reichte mir das verpackte Eis. »Den Schokoüberzug musst du dir wegdenken.«
    Â»Der Schokoüberzug ist schon okay«, erwiderte ich belustigt. »Puh, Glück gehabt.« Filippo wischte sich über die Stirn, dann wickelte er sein Eis aus und meinte: »Wart’s ab, Lena. Ich zeige dir ein Fleckchen Erde, da sieht es aus wie in Italien.«
    Am liebsten hätte ich mir gegen die Stirn getippt, der norddeutsche Deich und Italien, das passte ja wohl genauso wenig zusammen wie Apfelkuchen mit Leberwurst, aber ich wollte ihm den Spaß nicht verderben. Vielleicht war er einfach nur ein hoffnungsloser Romantiker. Ein bisschen wie Luca.
    Unser Gespräch tröpfelte dahin – wir sprachen über das Wetter, unser langweiliges Örtchen, über seine Arbeit im Tre Stelle  –, doch als wir am Deich ankamen, versiegte unser Geplänkel. Und das, obwohl ich sonst nicht auf den Mund gefallen bin. Ich wusste eigentlich immer was zu sagen. Irgendetwas! Filippo lächelte mal mir, mal den grasenden Schafen zu, und ich wartete ungeduldig darauf, dass sich das schrecklich nervöse Kribbeln, das ich seit geraumer Zeit verspürte, in ein verknalltes Kribbeln verwandelte – Jade hatte es mir schließlich oft genug beschrieben –, aber nichts tat sich. Alles fühlte sich nur verkrampft und komisch an und trotzdem kehrte ich nicht einfach um. Was wollte Filippo eigentlich von mir? Mir wirklich nur die schöne Landschaft zeigen, die ich sowieso viel besser kannte als er? Oder mich am Ende doch nur flachlegen? Ich kannte ihn ja kaum, wusste von Luca bloß, dass er aus der Toskana stammte, schon siebzehn war und seit seinem dreizehnten Lebensjahr in Deutschland lebte. Vor einem knappen Jahr hatte sein Vater dann in unserem Ort das Tre Stelle aufgemacht.
    Â»Darf ich dich was fragen?«, durchbrach ich nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen.
    Â»Klar.« Filippo schien sichtlich erleichtert zu sein, dass ich meine Sprache wiedergefunden hatte.
    Â»Warum gehst du eigentlich nicht mehr zur Schule?«
    Um Filippos Mundwinkel zuckte es, dann sagte er: »Ich hab’s verbockt. In Italien von der Schule geflogen und hier zweimal sitzengeblieben.

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