Kuessen kann schon mal passieren
eigentlich auch nicht vorstellen.«
»Aber du nutzt sie ja wohl nicht aus, oder?«
Luca zuckte mit den Achseln. »Nicht weniger als du Filippo oder Filippo dich oder Jade mich.« Seine Augen jagten unruhig hin und her. »Liebe ist vielleicht immer eine Art Tauschgeschäft, keine Ahnung.«
»Blöd nur, wenn einer von beiden plötzlich mehr darin sieht. Zum Beispiel so was wie die groÃe Liebe.«
Luca starrte mich entgeistert an. »Hat Jade das so gesagt?«
»Ehrlich gesagt hat sie ziemlich wirr dahergeredet. Aber ich glaub, sie ist schon ziemlich in dich verknallt.«
»Ich mag sie auch sehr«, erklärte Luca mit belegter Stimme. »Trotzdem â¦Â« Er wiegte seinen Kopf. »Ich meine, sie ist doch eigentlich gar nicht der Typ für so was.«
Ich hörte, wie die Haustür zuschlug, Absatzschuhe klackerten über die Dielen, dann ging nach knappem Klopfen meine Tür auf und Mama schaute herein.
»Ach, hallo Luca. So ein Zufall! Deine Mutter ist auch da.«
Luca sprang sofort auf und begrüÃte Mama höflich per Handschlag. In diesem Punkt war er ein vollendeter Gentleman. Eben nicht ganz von dieser Welt.
»Wollt ihr auch ein Stück Kuchen?«
Wir schüttelten die Köpfe, dann tauchte Anna Pisanis Kopf in der Tür auf. Es sah aus, als versuchte sie ein Grinsen zu unterdrücken. »Luca, wo hast du denn deine Freundin gelassen?«
»Mom!« Er klang genervt.
»Komm, Anna, wir lassen die beiden mal«, erklärte meine Mutter und zog Frau Pisani, die heute einen besonders kurzen Rock über Leggins trug, aus meinem Zimmer.
»Also wirklich«, murrte Luca. »Immer diese neugierigen Weiber.«
»So sind sie eben«, sagte ich grinsend und erinnerte ihn daran, dass er mir noch eine Antwort schuldig war.
Augenblicklich verfinsterte sich Lucas Miene. »Ich rede nicht gern über ihn.«
»Warum nicht? Ist er ein Gangster? Ein Mafioso? Ein Brutalo?« Dieses Mal würde ich nicht eher lockerlassen, bis er die Hosen runterlieÃ. Doch Luca blieb stumm. Er betrachtete seine Nägel, das Vanilleeis-Foto über meinem Bett, die sich im Wind bauschende Gardine. Nach einer halben Ewigkeit brach er endlich das Schweigen. »Du willst es wirklich wissen?«
»Ja, will ich.«
»Brutalo.« Er wich meinem Blick aus. »Das trifft es schon ziemlich gut.«
Ich fing an zu grinsen. Total unpassend. Aber ich konnte irgendwie nicht anders. Nebenan hörte ich meine Mutter und Anna Pisani lachen.
»Du machst nur SpaÃ, oder?«
Es schien ein paar Grad kühler im Raum zu werden, als Luca sagte: »Nein. Mein Vater hat meine Mutter geschlagen. Immer wieder. Ständig hatte sie blaue Flecken, blutunterlaufene Augen, er hat ihr sogar mal den Arm ausgekugelt.«
Mir glitt der Becher aus der Hand und fiel auf den Teppich. Zum Glück waren bloà noch ein paar Tropfen darin gewesen, die jetzt in den Fransen versickerten. Luca bückte sich und hob ihn auf. »Tut mir echt leid, ich wollte dich nicht schockieren.«
»Hast du nicht«, log ich. In Wirklichkeit hatte ich eine Gänsehaut. »Und du? Hat er dich auch â¦Â« Ich konnte es nicht aussprechen. Zu schrecklich war die Vorstellung, dass der eigene Vater einen schlug.
Luca schüttelte den Kopf. »Er hatâs ein paarmal versucht, als er besoffen war. Aber meine Mutter ist sofort dazwischengegangen.« Mit gepresster Stimme setzte er nach: »Um dann selbst die Schläge zu kassieren.«
Unfähig etwas zu erwidern nickte ich bloÃ. Deswegen waren sie also nach Deutschland gekommen, er und seine Mutter. Sie hatten es nicht mehr ausgehalten. Mit dem Brutalo, Lucas Vater. Und aus diesem Grund nahm Luca auch kein Geld von ihm an und ging lieber bei Onkel Paul jobben.
»Vielleicht hätte ich besser nicht davon anfangen sollen.« Luca blinzelte gegen die Sonne, die plötzlich ins Zimmer schien. »Das Thema ist ein echter Stimmungskiller.«
»Das Leben ist nun mal keine Party«, erwiderte ich zaghaft lächelnd. »Luca, ich bin froh, dass du es mir gesagt hast.«
Sein Nicken fiel knapp aus.
»Weià Jade es?«
»Stimmungskiller-News sind Bad News. So was mag sie nicht.«
»Weià es sonst noch jemand? Filippo oder so?«
Luca verneinte. »Ich willâs nicht überall rumposaunen. Geht ja auch niemanden was an. Und ich möchte deswegen auch nicht ständig bemitleidet
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