Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
schwer in Versuchung führte, Neva zu fragen, ob sie noch wüsste, wie sie mal dem gesamten Footballteam in der Halbzeit einen geblasen hatte.
»Du solltest morgen zu uns in die Kirche kommen«, schlug Neva noch schnell vor, als sie ihre Mädchen zur Bühne scheuchte. »Wir treffen uns von neun bis zwölf.«
Lieber hätte Delaney bis in alle Ewigkeit in der Hölle geschmort. Sie packte ihre übriggebliebenen Arbeitsmaterialien zusammen und begab sich auf die Suche nach ihrer Mutter. Da sie Gwen erst nach Neujahr wiedersehen würde, wollte sie sich von ihr verabschieden und ihr eine gute Reise wünschen. Jahrelang hatte sie die Feiertage bei Freunden verbracht, die Erbarmen mit ihr hatten und sie zum Weihnachtsessen einluden. Dieses Jahr wäre sie total allein, und als sie ihre Mutter umarmte und ihr versprach, sich um Duke und Dolores zu kümmern, wurde ihr klar, dass sie das Fest sehr gern zu Hause verbracht hätte wie früher. Besonders jetzt, wo Max auf der Bildfläche erschienen war. Der Anwalt brachte es anscheinend fertig, ihre Mutter von ihrer ewigen Krittelei an Delaneys Leben abzulenken.
Als sie ihren Kram in Henrys Cadillac lud, rieselte Schnee auf ihren Kopf. Sie hatte ihre Handschuhe vergessen, und ihre Hände erstarrten vor Kälte, als sie die Fenster freikratzte. Sie war erschöpft, ihre Schultern schmerzten, und sie nahm die Abbiegung zum Parkplatz hinter dem Salon etwas zu rasant. Der Cadillac rutschte seitlich weg, kam vor der Tür von »Allegrezza-Bau« zum Stehen und blockierte den Eingang mit dem Kotflügel. Delaney ging davon aus, dass die Brüder am nächsten Tag nicht arbeiten würden, war aber schlicht und ergreifend zu müde, um sich darum zu scheren. Sie zog sich ein Nachthemd
an und kroch ins Bett. Es kam ihr vor, als wäre sie gerade erst eingeschlafen, als jemand gegen ihre Tür hämmerte. Sie sah blinzelnd auf den Wecker. Es war Sonntagmorgen, halb zehn, und sie brauchte Nick gar nicht zu sehen, um genau zu wissen, wer da draußen stand und ihr fast die Tür einrannte. Entnervt schnappte sie sich ihren roten Seidenmorgenmantel, machte sich jedoch nicht die Mühe, sich das Gesicht zu waschen oder sich noch schnell zu kämmen. Sie fand, dass er einen Heidenschrecken verdiente, wenn er sie an ihrem freien Tag so früh rauswarf.
»Was zum Henker ist mit dir los?«, waren die ersten Worte aus seinem Mund, als er in ihre Wohnung stürmte wie der personifizierte Zorn Gottes.
»Ich? Ich bin nicht diejenige, die gegen deine Tür hämmert wie eine Wahnsinnige.«
Er verschränkte die Arme und legte den Kopf schief. »Hast du etwa vor, den gesamten Winter durch die Stadt zu schlittern, oder nur so lange, bis du dich umbringst?«
»Erzähl mir nicht, dass du dir Sorgen machst.« Sie band den Seidengürtel um ihre Taille fester und lief an ihm vorbei in die Küche. »Das hieße ja, dass dir was an mir liegt.«
Er packte sie am Arm und hielt sie fest. »An gewissen Körperteilen von dir liegt mir sehr wohl was.«
Sie sah ihm ins Gesicht, auf seinen zusammengepressten Mund, seine in Falten gelegte Stirn und in seine Augen, die erkennen ließen, dass er sich nach ihr verzehrte. Er war zorniger, als sie ihn je erlebt hatte, konnte aber sein Verlangen nach ihr nicht verbergen. »Wenn du mich willst, du kennst ja meine Bedingungen. Keine anderen Frauen.«
»Klar, aber wir wissen beide, dass ich nur zwei Minuten bräuchte, um dich umzustimmen.«
Sie hatte schon vor Monaten gelernt, dass er jeglichen Widerspruch
als Herausforderung verstand, ihr das Gegenteil zu beweisen. Sie wollte ja gern glauben, dass sie ihm widerstehen konnte, doch tief in ihrer Seele fürchtete sie, dass er sogar noch eine Minute und dreißig Sekunden übrig behalten würde. Sie riss sich von ihm los und lief in die Küche.
»Gib mir die Schlüssel zu Henrys Wagen«, rief er ihr nach.
»Warum?« Sie zog den Wasserbehälter aus der Kaffeemaschine und füllte ihn. »Was hast du damit vor, ihn zu klauen?«
Die Tür knallte zu. Misstrauisch stellte sie den Wasserbehälter auf der Theke ab und eilte ins Wohnzimmer. Ihre Handtasche war auf dem Couchtisch ausgekippt, und sie hatte so eine Ahnung, dass ihre Autoschlüssel fehlten. Sie rannte aus der Tür und versank auf der ersten Stufe mit den Füßen im Schnee. »Hey«, rief sie ihm nach, »was denkst du dir eigentlich dabei? Gib mir die Schlüssel zurück, du Arsch!«
Sein Gelächter schallte zu ihr hinauf. »Komm doch runter und hol sie dir.«
Ihr fielen mehrere gute Gründe
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