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Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)

Titel: Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Gibson
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er alles in den Dreck ziehen muss«, meinte Gwen, nachdem die Haustür zugeknallt war. »Henry hat ja versucht, es wiedergutzumachen, aber Nick hat ihn jedes Mal zurückgewiesen. Das liegt bestimmt daran, dass er schon immer eifersüchtig auf Delaney war. Sein heutiges Verhalten beweist das, findest du nicht?«
    Delaneys Kopf fing an zu hämmern. »Keine Ahnung.« Sie rieb sich ratlos das Gesicht. »Ich hab Nicks Beweggründe noch nie verstanden.« Nick war ihr immer ein Rätsel gewesen, schon als sie noch Kinder waren. Er war unberechenbar, und sie hatte sich sein Verhalten nie erklären können. Einen Tag führte er sich auf, als könnte er ihre Anwesenheit in derselben Stadt kaum ertragen, und am nächsten Tag sagte er ihr etwas Nettes oder hielt die Jungs an ihrer Schule davon ab, sie zu ärgern. Und gerade, wenn sie langsam glaubte, dass er wirklich nett war, versetzte er ihr einen unerwarteten Schlag, von dem ihr schier die Luft wegblieb. So wie heute. Und wie damals, als er ihr einen Schneeball genau zwischen die Augen geworfen hatte. Sie war in der dritten Klasse und hatte vor der Schule auf ihre Mutter gewartet. Sie erinnerte sich, dass sie am Straßenrand gestanden und zugesehen hatte, wie Nick und seine Freunde an der Fahnenstange eine Schneeburg bauten. Sie erinnerte sich an den scharfen Kontrast, den sein dichtes, schwarzes Haar und seine olivfarbene Haut gegen das viele Weiß gebildet hatten. Sein marineblauer Wollpulli hatte Lederflicken auf den Schultern gehabt, und seine Wangen waren vor Kälte gerötet. Sie hatte ihm zugelächelt, und er hatte sie mit einem Schneeball beworfen und dabei fast ausgeknockt. Danach hatte sie mit zwei blauen Augen in die Schule gehen müssen, die sich grün und gelb verfärbten, bevor sie vollkommen verblassten.
    »Und was nun?«, fragte Gwen und lenkte Delaneys Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt.
    »Wenn niemand das Testament anfechten will, können wir relativ zügig vorgehen.« Max sah Delaney fragend an. »Wollen Sie das Testament anfechten?«
    »Was würde das denn bringen? Sie haben sehr deutlich gemacht, dass Henrys Verfügung für mich ›Friss oder stirb‹ lautet.«
    »Das ist korrekt.«
    Sie hätte wissen müssen, dass Henry an sein Testament Bedingungen knüpfen würde. Dass er versuchen würde, sie zur Übernahme seines Geschäfts zu zwingen und noch aus dem Grab heraus über sie und alle anderen zu bestimmen. Jetzt musste sie eine Entscheidung treffen. Das Geld oder ihre Seele. Noch vor einer halben Stunde hätte sie behauptet, dass ihre Seele nicht käuflich war, doch da wusste sie auch noch nicht, was auf dem Spiel stand. Noch vor einer halben Stunde war alles sonnenklar gewesen. Doch plötzlich waren die Grenzen verwischt, und sie wusste nicht, was sie noch denken sollte.
    »Kann ich Henrys Vermögenswerte abstoßen?«
    »Sobald sie Ihnen rechtmäßig gehören.«
    Drei Millionen Dollar für ein Jahr ihres Lebens. Danach konnte sie gehen, wohin sie wollte. Seit sie Truly vor zehn Jahren verlassen hatte, war sie nie länger als ein paar Jahre an ein und demselben Ort geblieben. Sie war zu rastlos gewesen, um lange an einem Ort zu verweilen. Wenn das Bedürfnis weiterzuziehen sich zurückmeldete, reagierte sie sofort. Mit dem vielen Geld konnte sie gehen, wohin sie wollte. Tun, was sie wollte. Vielleicht einen Ort finden, den sie ihr Zuhause nennen wollte.
    Das Letzte, was sie wollte, war, zurück nach Truly zu ziehen. Ihre Mutter würde sie um den Verstand bringen. Sie wäre verrückt, hierzubleiben und ein Jahr ihres Lebens in den Wind zu schreiben.
    Aber auch, wenn sie es nicht täte.
    Wenige Meter vor den verbrannten Überresten dessen, was einst ein großer Stall gewesen war, kam der Jeep Wrangler rutschend zum Stehen. Das Feuer hatte so heiß gebrannt, dass es das Gebäude zum Einstürzen gebracht hatte und jetzt nur noch ein Haufen meist nicht wiederzuerkennender Trümmer zurückgeblieben war. Ein kohlschwarzes Fundament, ein Haufen Asche und zerbrochene Fensterscheiben waren alles, was von Henrys Sattelschuppen noch übrig war.
    Nick nahm den Fuß von der Kupplung und schaltete den Motor aus. Er hätte alles darauf verwettet, dass der Alte nicht beabsichtigt hatte, auch seine Pferde abzufackeln. Nick war am Morgen nach dem Feuer am Unglücksort gewesen, als der Coroner das, was von Henry noch übrig war, aus den Trümmern gezogen hatte. Nick hatte nicht damit gerechnet, bei dem Anblick etwas zu empfinden, und war überrascht, dass es so

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