Küssen will gelernt sein: Roman (German Edition)
existieren. Ich hab schon den Schlosser angerufen, aber der hat es noch nicht hierhergeschafft.«
Nick griff nach der Türklinke neben Delaneys Taille und rüttelte daran. Dabei streifte sein Handgelenk ihre Hüfte. »Wird er wahrscheinlich auch nicht. Jerry ist ein verdammt guter Schlosser, wenn er mal arbeitet. Aber er arbeitet nur gerade so viel, um seine Miete zahlen und sich Alkohol kaufen zu können. Den kriegst du erst zu Gesicht, wenn ihm der Black Velvet ausgeht.«
»Na toll.« Sie schaute eingehend auf die Spitzen ihrer glänzenden Stiefel. »Ist bei euch im Geschäft je eingebrochen worden?«
»Nee, aber ich hab Stahltüren und Riegelschlösser.«
»Vielleicht mache ich es einfach selbst«, überlegte sie. Wie schwierig konnte das schon sein? Sie brauchte dazu nur einen Schraubenzieher und vielleicht einen Bohrer.
Als er diesmal lachte, war es definitiv auf ihre Kosten. »Ich schicke dir in den nächsten Tagen einen Fachmann vorbei.«
Nun schaute Delaney doch zu ihm auf. Vorbei an seinem Kinn, seinem vollen, sinnlichen Mund und kühlen Blick. Sie traute ihm nicht. Sein Angebot war zu nett. »Warum solltest du das für mich tun?«
»Misstrauisch?«
»Sehr.«
Er zuckte mit den Achseln. »Ein Einbrecher könnte problemlos durch das Lüftungssystem von einem Gebäude ins andere kriechen.«
»Ich wusste ja, dass du das Angebot nicht aus reiner Nächstenliebe machst.«
Er beugte sich vor und stützte sich neben ihrem Kopf an der Wand ab. »Du kennst mich so gut.«
Sein kräftiger Körper nahm ihr das Sonnenlicht, doch sie weigerte sich, sich von ihm einschüchtern zu lassen. »Und was kostet mich das?«
Ein freches Grinsen ließ seine Augen aufleuchten. »Was hast du so zu bieten?«
Okay, sie weigerte sich, sich anmerken zu lassen, dass er sie einschüchterte. Sie reckte das Kinn ein bisschen höher. »Zwanzig Mäuse?«
»Reicht nicht.«
Zwischen seinen Armen gefangen, bekam sie kaum noch Luft. Nur ein winziger Hauch trennte ihren Mund von seinem. Er war ihr so nahe, dass sie den Duft von Rasiercreme roch, der noch an seiner Haut haftete, und sie musste das Gesicht
wegdrehen. »Vierzig?«, fragte sie mit hoher, atemloser Stimme.
»Nein, nein.« Er legte den Zeigefinger an ihre Wange und drehte ihr Gesicht zurück zu sich. »Ich will dein Geld nicht.«
»Was willst du dann?«
Sein Blick glitt sehnsüchtig zu ihrem Mund, und sie dachte schon, er würde sie küssen. »Ich überleg mir was«, meinte er und stieß sich von der Mauer ab.
Delaney atmete tief durch und sah ihm nach, als er im Nebengebäude verschwand. Sie wollte lieber nicht darüber nachdenken, was das sein könnte.
Am nächsten Tag bastelte sie ein Schild für den Laden, auf dem sie zu einer Haarverlängerung oder einmal Haarefärben ein Fläschchen Gratisnagellack anbot. Dafür gab es keine Interessenten, aber sie sprühte Mrs Vaughns graues Haar in Helmform. Laverne Vaughn hatte an der Grundschule von Truly unterrichtet, bis sie in den späten Siebzigern zwangspensioniert wurde.
Offensichtlich hatte Wanetta Wort gehalten und Delaney ihren Freundinnen weiterempfohlen. Mrs Vaughn zahlte ihre zehn Dollar und verlangte ihren Seniorenrabatt und ein Gratisfläschchen Nagellack. Danach nahm Delaney das Schild entnervt wieder ab.
Am Freitag wusch und frisierte sie die Haare einer weiteren Freundin von Wanetta, und am Samstag brachte Mrs Stokesberry zwei Perücken zur Reinigung vorbei. Eine weiße für den täglichen Gebrauch, die andere schwarz für besondere Gelegenheiten. Drei Stunden später holte sie sie wieder ab und bestand darauf, sich die weiße Perücke gleich aufzusetzen.
»Sie gewähren doch Seniorenrabatt, nicht?«, fragte sie, als sie sich das Haar über die Ohren zog.
»Ja«, seufzte Delaney und fragte sich, warum sie sich von so vielen Menschen so viel gefallen ließ. Von ihrer Mutter, von der Riege der grauhaarigen Damen und von Nick. Vor allem von Nick. Die Antwort kam ihr wie das Klingeln ihrer Registrierkasse. Drei Millionen Dollar. Für drei Millionen Riesen konnte man sich viel gefallen lassen.
Sobald die Frau weg war, schloss Delaney den Laden früher und machte sich zu einem Besuch bei ihren Freunden Duke und Dolores auf. Die Hunde zitterten vor Aufregung, als sie ihr freudig über die Wangen leckten. Endlich zwei freundliche Gesichter. Sie schmiegte ihre Wange an Dukes Fell und versuchte, nicht zu weinen. Sie schaffte es nicht, genauso wenig wie sie mit dem Salon fertig wurde. Sie hasste es, Fingerwellen
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