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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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»Wenn die
Polizei nicht verschwindet, tut uns die Frau weh, Josh und mir. Papa, ich will
nach Hause.« Dann war nur noch das Schluchzen des Kindes zu hören, in das sich
das eines zweiten Kindes reihte. Ein Klatschen unterbrach das Geräusch. Es
klang, als wäre das Kind geschlagen worden. Das Wimmern ging in ein heftiges
Weinen über. Ohne weiteren Kommentar brach der Ton ab.
    Stefan hörte noch eine Weile weiter die CD ab. Aber es kam nichts mehr.
    Er setzte sein Programm auf den Anfang zurück und
lauschte erneut dem Inhalt der CD .
Natürlich! Er erkannte die Stimme. Das war David, der ältere Sohn der Joosts.
    Stefan rief seine Mutter in sein Zimmer. Widerwillig
erklomm Frau Holtz die Treppe ins Obergeschoss.
    »Ich hab so viel zu tun. Und niemand hilft mir«,
klagte sie. »Was ist denn nun schon wieder?«
    »Hör mal«, sagte Stefan und spielte erneut die CD ab.
    »Mein Gott«, sagte seine Mutter. »Das müssen wir den
Joosts bringen. Gib her.«
    Stefan öffnete das Laufwerk, nahm die CD heraus und drückte die seiner Mutter
in die Hand. Die stolperte in Eile die Treppe hinunter, ließ die Haustür hinter
sich offen und lief zum übernächsten Haus. Sie klingelte Sturm.
    Sophie Joost öffnete die Haustür. Sie hatte rot
verquollene Augen, die von tiefen schwarzen Schatten umgeben waren.
    »Ach, Sie sind es«, sagte sie enttäuscht, als sie Frau
Holtz gewahrte.
    Jetzt erschien Joachim Joost hinter seiner Frau in der
Türöffnung. »Frau Holtz, es ist sicher nicht der richtige Zeitpunkt für …«
    Stefans Mutter unterbrach ihn, hielt die CD in die Höhe, die sie fest mit allen
fünf Fingern umfasste, und stammelte: »Hier! Das lag bei uns im Briefkasten.«
    »Ich verstehe nicht …«, mischte sich Sophie Joost ein.
»Was sollen wir damit?«
    »Da ist David drauf«, gab Frau Holtz atemlos von sich
und hielt den Joosts den Datenträger hin.
    Der Vater griff die CD ,
murmelte »Wieso?« und zog seine Frau in den Hausflur zurück. Er war so perplex,
dass er sich weder bedankte noch nach den näheren Umständen fragte, sondern vor
der verdutzten Nachbarin die Tür ins Schloss fallen ließ.
    Enttäuscht kehrte Frau Holtz zu ihrem Haus zurück.
    *
    Nach dem Besuch in der Kreisverwaltung fuhr Lüder zum
Wohnsitz der Familie Rasmussen. Ihn interessierte, warum der Senior behauptet
hatte, bereits ab Mittwoch zur Tagung des Kreisausschusses gereist zu sein,
obwohl die Veranstaltung nach Aussage von Halenbergs erst am Donnerstag
begonnen hatte. Lüder traf aber nur den Sohn an.
    »Mein Vater und meine Frau besuchen Muddern in Kiel«,
erklärte Peter Rasmussen. »Vater is jeden Tag da. Er hat sich ein Hotelzimmer
genommen.«
    »Wie geht es Ihrer Mutter?«
    »So genau weiß man das nich. Sie hat ordentlich ein
mitgekriegt. Auf ein Auge bleibt sie blind. Und ihre Hände sind auch weg. Gott
sei Dank is sie aber außer Lebensgefahr. Ham Sie schon ‘ne Idee, wer das
gemacht hat?«
    »Wir verfolgen mehrere Spuren«, antwortete Lüder
ausweichend. »Kann der Täter gewusst haben, dass Ihr Vater ab Mittwoch für drei
Tage verreist war?«
    »Keine Ahnung. Um Vadderns Politik kümmer ich mich
nich.«
    »Kommt es öfter vor, dass er unterwegs ist?«
    »Ja – schon. Aber das is seine Sache.«
    »Sprechen Sie nicht über diese Dinge?«
    »Früher hat er mal von sein Engaschemang erzählt. Aber
wir ham das nich verstanden. Hat wohl auch kein von uns interessiert. So macht
er das jetzt allein.«
    »Sie wissen also nicht, worüber die Herren in
Sankelmark gesprochen haben, nachdem er am Mittwoch – das war doch richtig? –
abgereist war.«
    »Ja – Mittwoch is er weg. Wie gesagt: Ich weiß nich,
um was es ging.«
    Zumindest hatte Lüder jetzt die Gewissheit, dass der
alte Rasmussen sich bereits einen Tag früher verabschiedet hatte. Es wäre zu
klären, wo er diese Zeit zugebracht hatte.
    Wer als Tourist unterwegs ist und Zeit und Muße
mitbringt, die abwechslungsreiche Landschaft zu genießen, der hat sicher seine
Freude am Durchqueren des Landes. Lüder empfand es heute als notwendiges Übel,
auch wenn ihm bewusst war, dass selbst weniger stark befahrene Nebenstraßen in
einem guten Zustand waren und ein zügiges Vorankommen ermöglichten.
    Er hatte herausgefunden, dass Staatssekretär Heiner
Windgraf in Meldorf, der ehemaligen Hauptstadt Dithmarschens, beheimatet war.
Niemand hatte ihm sagen können, ob man bereits versucht hatte, über diesen Weg
Kontakt aufzunehmen. Bei strahlendem Sonnenschein fuhr er quer durch das Land
über

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