Küstenfilz
den Eltern um
einen Beamtenhaushalt handeln würde. Sie streckte ihm spaßhaft ihr Messer
entgegen. »Du Spitzbube. Wolltest du mich wieder hereinlegen?«
»Wer den
Schlagzeilen dieser Zeitungen Glauben schenkt, der wird erst recht den Worten
eines ehrbaren Kriminalrats vertrauen.« Er wurde ernst und reichte Sinje einen
weiteren Streifen Toastbrot, das mit einer Schokonougatcreme bestrichen war.
Freudig umfasste die kleine Hand das Stück und führte es zum Mund. Von der
Nasenspitze bis zum Kinn hatte sich ein runder schwarzer Kreis gebildet.
Margit hatte Lüders
Blick bemerkt und wollte mit einem parat liegenden Tuch das kleine Gesicht
wischen.
»Lass«, hielt Lüder
sie davon ab. »Hand und Unterarm sind ebenfalls verschmiert. Und so viel werden
wir schon in unseren kleinen Sonnenschein investieren, dass es uns nicht arm
macht, wenn die Hälfte des Brotaufstrichs danebenlandet.«
Als hätte sie seine
Worte verstanden, dankte Sinje ihm mit einem fröhlichen Kiekser.
Lüder wurde ernst.
»Ich bin über den Fall informiert, auch wenn ich nicht in die Ermittlungen
eingebunden bin. Was auch immer für Motive dahinterstehen, es ist besonders
abscheulich, wenn Kinder mit einbezogen werden.«
Während er das
aussprach, wurde ihm bewusst, dass er sich im Inneren von der Vorstellung, dass
es sich um eine Lösegelderpressung handelte, befreit hatte. Margit hatte die
Veränderung bei ihm registriert.
»Dich belastet doch
etwas«, bohrte sie.
Lüder tupfte sich
den Mund mit der Serviette ab, trank den letzten Schluck Kaffee aus und stand
auf.
»Ich glaub, die
Pflicht ruft«, antwortete er ausweichend und beugte sich noch einmal über seine
Tochter, um ihr einen Kuss auf die Stirn zu geben. »Passt gut auf euch auf«,
sagte er zum Abschied und nahm Margit in den Arm.
Die Fahrt zum
Polizeizentrum Eichhof, in dem auch das Landeskriminalamt beheimatet war,
verlief zügig. Um diese Zeit waren in Kiel nur Handwerker und Lieferanten
unterwegs. Der Berufsverkehr war vorbei, und die privaten Fahrten würden erst
später einsetzen.
Die Dienststelle
befand sich auf einem Areal, das gut zwischen einem Wohngebiet mit engen
Siedlungshäusern, einem Gewerbegebiet und der hinter einer Lärmschutzmauer
unsichtbar verlaufenden Stadtautobahn versteckt war.
Unterwegs hatte
Lüder sich verschiedene Tageszeitungen besorgt. Die regionalen Zeitungen
berichteten gleich auf der ersten Seite über das Ereignis, ohne auf Namen oder
Einzelheiten einzugehen. Das Blatt mit den Sensationsnachrichten auf der
Vorderseite hatte mangels anderer die Massen erregender Nachrichten das
Kidnapping der Kinder eines »Spitzenpolitikers« groß herausgebracht. Unter der
Überschrift war das verschwommene Bild eines Mannes zu sehen, der einen
schwarzen Balken über den Augen trug. »Der verzweifelte Vater«, stand dort. Das
Blatt hatte auch nicht davor zurückgescheut, ein Bild des Hauses der Familie
Joost zu zeigen. Wie wenig es den Zeitungsmachern um das Mitgefühl für die
Eltern ging, war am großen Bild eines dürftig bekleideten Filmsternchens zu
erkennen, das unter der zweiten knallroten Überschrift gedruckt war. Dort war
zu lesen, dass die Frau bekifft an Sexorgien teilgenommen hätte.
Lüder konzentrierte
sich auf den nur wenige Sätze umfassenden Artikel zur Entführung. Es wurden
Vermutungen angestellt, dass es die Entführer auf geheime Pläne abgesehen
hätten, die sich in den Händen des Vaters befinden sollten. Der Verfasser der
Meldung ließ offen, um welche Art von Vorhaben es sich handelte.
Merkwürdigerweise
deckte sich diese abenteuerliche Spekulation mit Lüders Vermutung, dass es den
Kidnappern nicht um Geld ging. Schlimm war nur, dass durch die groß herausgebrachte
Berichterstattung die Forderung der Täter, nicht die Polizei einzuschalten, ad
absurdum geführt wurde. Es musste den Entführern noch weniger daran gelegen
sein, dass die Öffentlichkeit über ihre Tat informiert wurde. Hoffentlich hatte
das keine negativen Folgen für die Familie Joost.
Lüder setzte sich
mit Sven Kayssen in Verbindung.
»Stammen die
Informationen von uns?«
Der Pressesprecher
war entrüstet. »Wir haben keine Meldung herausgegeben. Ganz im Gegenteil. Ich
habe alle Anfragen zu diesem Fall abgewimmelt. Es ist ohnehin nicht viel, was
wir wissen.«
Daraufhin nahm Lüder
Kontakt zur Redaktion des Boulevardblattes auf. Es wurde fast eine
Viertelstunde lang verbunden, bis er mit dem verantwortlichen Redakteur
sprechen konnte.
»Hallo, Herr
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