Küstenfilz
musterte
Lüder. Er schien sich über seine Antwort nicht schlüssig zu sein.
»Ich würde gern ein
wenig mit Ihnen plaudern«, erklärte Lüder und stellte sich vor.
Ein erschrecktes
Aufflackern zeigte sich in den Augen des Mannes. Er stand auf, hielt sich mit
der linken Hand das Sakko in Höhe des mittleren Knopfs zu, verbeugte sich
leicht und wies mit der rechten Hand auf einen freien Stuhl.
»Bitte.«
Dieses eine Wort
hatte Lüder gereicht, um anhand des Dialekts die Herkunft des Mannes zu
erraten. Er hatte es mit Schweizern zu tun.
»Was will die
Geheimpolizei von mir?«
Lüder machte mit der
Hand eine besänftigende Bewegung.
»Bei uns heißt es
Kriminalpolizei. Das klingt weniger furchterregend. Zunächst einmal möchte ich
Ihnen versichern, dass es keinen Grund zur Aufregung gibt. Ich erkläre
ausdrücklich, dass es reine Routine ist.«
»Geht es um das
Unglück an Frau Rasmussen?«, fragte der Schweizer.
Lüder war dankbar,
dass der Mann das Thema ansprach. So war der Anlass für diese Befragung aus der
Sicht des Gastes unverfänglich und stellte auch Holger Rasmussen nicht in ein
fragwürdiges Licht, selbst wenn Lüder betonte, dass es keinen Grund gab, an der
Rechtschaffenheit des Mannes zu zweifeln.
»Sie haben davon
gehört?«
Der ältere Mann
nickte und erhob sich, als seine Frau an den Tisch trat.
»Der Herr ist von
der Kriminalpolizei.«
Lüder war auch
aufgestanden und reichte der Frau die Hand. »Lüder Lüders«, stellte er sich
vor.
Sie hielt ihm ihre
feingliedrige Hand entgegen.
»Martha Jäcki«,
sagte sie und nahm Platz.
»Und Sie sind der
Ehemann?«
Der Schweizer
nickte. »Ja, ich bin Friedrich Jäcki.« Er lachte ein wenig. »Wie Sie
wahrscheinlich schon gehört haben – wir kommen aus der Schweiz.«
»Aus Bad Ragaz. Das
ist ein Kurort in Graubünden, nicht weit von Chur«, erklärte Frau Jäcki und
strahlte aus ihren faltenumsäumten Augen. »Kennen Sie es?«
»Ich hatte leider
noch nicht das Glück«, wich Lüder aus.
»Da müssen Sie
einmal hin«, ergänzte ihr Mann. »Wissen Sie, was wir mit Düsseldorf und Köln
gemeinsam haben?«
Bevor Lüder
antworten konnte, erklärte es ihm Frau Jäcki. »Den Rhein. Wir haben es dort
wirklich schön und genießen es, seit mein Mann Pensionist ist.«
»Aber Martha«,
wehrte der ab. »Der Herr Inspektor möchte bestimmt nichts über unsere
Verhältnisse wissen.«
»Mich interessiert
Ihre Verbindung zu Herrn Rasmussen«, sagte Lüder.
»Das ist rein
geschäftlich.« Friedrich Jäcki hatte sich vorgebeugt.
»Stimmt«, unterbrach
ihn seine Frau und erntete dafür einen liebevoll aufgesetzten Blick, der ein
Vorwurf sein sollte. Doch die ältere Dame zeigte sich dadurch nicht
beeindruckt. »Wir haben ein wenig Geld über und suchen dafür eine solide
Anlage. Für die Kinder – später«, plauderte sie munter weiter.
»Ob das den Herrn
Kommissar interessiert?«, warf ihr Mann skeptisch ein.
Lüder schmunzelte
innerlich. Bei der Frau war er vorhin »Inspektor« gewesen, jetzt hatte er den
Rang eines »Kommissars«. Er unterließ es, diese Anreden richtigzustellen.
Stattdessen sagte er: »Ich finde das interessant.«
Herr Jäcki seufzte.
Da seine Frau bereits mit der Erklärung begonnen hatte, konnte er Lüder die
ganze Geschichte offenbaren.
»Uns war es
vergönnt, während des Arbeitslebens ein wenig Geld beiseitezuschaffen.« Als er
Lüders belustigten Gesichtsausdruck wahrnahm, ergänzte er rasch: »Legal
verdientes Geld, das wir nicht fürs Leben brauchten.«
»Wir haben einen
sehr engagierten Berater bei der Volksbank«, mischte sich seine Frau erneut
ein.
»Und der hat uns
geraten, einen kleinen Teil in Windenergieanlagen zu investieren. Alle Welt
hungert nach Strom, und gerade Deutschland mit ständig wachsendem Bedarf …«
»… wie alle anderen
Länder auch, besonders in Asien«, mischte sich die alte Dame ein. Offenbar war
es in der Ehe Jäcki ein Ritual, dass sie ihren Mann ständig unterbrach.
»Wo war ich stehen
geblieben?«, fragte Friedrich Jäcki ein wenig irritiert und fasste sich an die
Stirn. »Ach ja. Also der junge Mann von der Bank glaubt, dass alternative
Energien in Deutschland zukunftsweisend sind. Dafür sorgen die Grünen, die für
saubere Luft und gegen Atom- und Kohlekraftwerke sind«, fasste der Schweizer
alle energiepolitischen Fragestellungen in einem Satz zusammen. »Und da Herr
Rasmussen schon Windanlagen gebaut hat und sein Vorhaben erweitern möchte, sind
wir zueinandergekommen. Jetzt
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