Küstenfilz
darauf
Ferienanlagen zu errichten.«
Der Mann schaute
Lüder mitleidig lächelnd an. »Glaubst du wirklich, dass wir die ganzen Ufer der
Schlei zubauen können? Die Leute, die herkommen, wollen auch Grün sehen. Und
Felder. Hast du das große Sonnenblumenfeld gesehen? Kurz hinter Lindaunis?«
Lüder nickte.
»Siehste. Das ist
es, was die Gäste haben wollen.«
»Dann haben Sie auch
keine Landvermesser beauftragt, hier in der Gegend tätig zu werden?«
»Landvermesser? Was
soll ich damit? Alle Bauern wissen seit Jahrhunderten, wie weit ihre Scholle
reicht.«
»Wollen Sie sich
denn aus der Landwirtschaft zurückziehen?«
Petersen ließ seinen
Blick über den Horizont schweifen.
»Eigentlich bin ich
gern Bauer. Mit Leib und Seele.« Er hielt Lüder seine schwieligen Hände hin.
»Mein Sohn will allerdings nicht weitermachen. Nun hoff ich, dass eine meiner
Töchter den richtigen Knaben an Land zieht.« Erneut blickte er versonnen gen
Süden, wo in der Sonne das Wasser der Schlei glitzerte und heute, am Sonnabend,
eine schier endlos erscheinende Kette von Segelbooten dahinglitt. Dazwischen
rumpelte die »Schlei Princess«, ein nachgebauter Raddampfer, mit fröhlichen
Menschen an Bord, von Kappeln Richtung Schleswig.
»Man darf es ja
nicht laut sagen, wissen Sie. Die Welt ist voller Neider. Aber uns Bauern ist
es nicht schlecht gegangen in den letzten Jahrzehnten. Wer tüchtig war, bei dem
ist ordentlich was hängen geblieben.« Petersen rieb die Spitzen von Daumen und
Zeigefinger aneinander. »Aber die Zukunft? Ob die so rosig aussieht?«
Petersen wechselte
wie selbstverständlich zwischen Du und Sie hin und her, zog erneut an seiner
Pfeife und blies kunstvoll blaue Kringel in die Luft. »Die Doofmatzen in
Brüssel haben den Überblick verloren. Da holen die jede Menge neuer Länder in
die EU und versprechen denen das
Blaue vom Himmel. Wer soll das bezahlen? Das geht doch zu unseren Lasten.« Er
tippte sich mit dem Pfeifenstiel gegen die Brust. »Uns werden ständig die
Mittel gekürzt, damit wir den Polen und all den anderen dahinten den Aufbau
bezahlen. Und wenn die modernisiert haben, ruinieren sie uns mit
subventionierten Preisen, zu denen wir nicht produzieren können. Nee, mein
Lieber, da schlafen unsere. Die sägen den Ast ab, auf dem wir alle hocken.«
Petersen war richtig
zornig geworden.
»Und deshalb steigen
Sie um auf die Tourismusbranche?«, warf Lüder ein.
»Tja, das hatte ich
mir eigentlich gedacht. Da habe ich schon Ende der Siebziger mit angefangen.
Und dann? Plötzlich kam die Maueröffnung. Da pumpen sie unser sauer verdientes
Geld in den Osten. Hier ist doch bald nichts mehr. Daddeldu. Die ganzen Mäuse
kriegen die an Mecklenburgs Küste. Die da drüben locken uns die Touristen weg.
Und wer hat das alles bezahlt? Wir!«
»Und deshalb sind
Sie verärgert und haben einen Groll auf die Politiker?«
»Ach, hör doch auf
damit. Das ist doch alles ein Pack. Sieh dir doch den Rasmussen an. Der
versucht doch auch, seine Schäflein ins Trockene zu bringen. Diese ganze
Ökoscheiße mit seinen Windmühlen … Was glaubst du, warum der im Kreistag ist?
Da kann er sich einen großen Teil vom Kuchen abschneiden, der da verteilt
wird.«
»Was meinen Sie
damit? Von welchem Schatz sprechen Sie, der dort gehoben und verteilt werden
soll?«
Doch Petersen winkte
ab. »Lass mich an Land. Die Brüder sind doch alle gleich. Das ist doch alles
ein Gesindel. Wer weiß, was die im Schilde führen. Nicht umsonst sind die
Burschen hier aufgekreuzt und haben gefragt, ob wir unser Land verkaufen
wollen.«
»Wer hat Sie
besucht?«
Der Mann ließ sich
mit der Antwort Zeit.
»Mehrere. Zuerst
tauchten zwei windschiefe Gestalten auf. So ein langer Dürrer und ein kleiner
Dicker. Die sahen wie Komiker aus.«
Lüder erinnerte
sich. Auch Rasmussen hatte die beiden erwähnt und von »Pat und Patachon«
gesprochen.
»Kennen Sie die
Namen? Oder können Sie die Männer beschreiben?«
Petersen zeigte
seine gelben Raucherzähne. »Sie haben doch den Hund vorhin gesehen? Das war
meine Antwort. Und dann war da noch so ein gelackter Typ. Doktor Doktor und so.
Der hat mir sogar ein Handgeld von fünfundzwanzigtausend Talern versprochen. In
bar und ohne Quittung, wenn wir einen unverbindlichen Vorvertrag machen.«
Das konnte nur Dr.
Dr. Cornelius F. Buurhove gewesen sein, der Düsseldorfer Wirtschaftsanwalt.
Bevor Lüder weitere
Fragen stellen konnte, setzte Hinrich Petersen seine sehr individuellen
Anklagen gegen die
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