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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Politik und deren Macher fort. Lüder sah ein, dass aus dem
Mann außer Schimpftiraden nichts mehr herauszuholen war, und verabschiedete
sich.
    Das Anwesen von
Joost machte einen heruntergekommenen Eindruck. Es mochte eine Sache sein, dass
ein Hof in finanzielle Nöte geraten war und die Mittel für Farbe und
Außengestaltung fehlten. Sicher war der Engpass aber kein Grund, Abfälle und
Unrat achtlos auf dem Vorplatz liegen zu lassen. Der Vorgarten war verwildert,
und tapfer kämpften ein paar Tagetes, die sich aus verstreuten Samen des
Vorjahres entwickelt hatten, gegen die Ödnis.
    Nachdem niemand auf
sein Klingeln an der Haustür, von der die Farbe abblätterte, reagiert hatte,
umrundete Lüder das Gebäude und fand auf der Rückseite eine geöffnete Tür, die
in eine Wohnküche führte.
    Eine Frau im
geblümten Kittel war mit Hausarbeit beschäftigt, während am Tisch mit der
Wachstuchdecke ein stoppelbärtiger Mann saß, der den Kopf in die Hände stützte
und Zeitung las.
    »Moin«, grüßte
Lüder. »Herr und Frau Joost?«
    Der Mann sah auf und
musterte Lüder über den Rand seiner Brille hinweg. Die Frau wischte sich die
Hände an ihrer Kittelschürze ab.
    »Ja«, antwortete
sie.
    »Lüders. Kripo Kiel.
Haben Sie einen Moment Zeit für mich?«
    »Polizei?«, fragte
Frau Joost mit einem ungläubigen Unterton. »Wollen Sie zu uns?«
    »Ich habe ein paar
Fragen zu Leuten, die sich in jüngster Zeit in der Gegend aufgehalten haben und
reges Interesse an landwirtschaftlichen Flächen zeigten.«
    Die Frau fuhr sich
mit der Hand an den Mund. »O Gott, Erich«, stammelte sie und sah ihren Mann mit
weit aufgerissenen Augen an.
    »Halt die Klappe,
Lisbeth«, fuhr Joost seine Frau barsch an. Dann wandte er sich an Lüder. »Hier
war keiner. Nicht bei uns.«
    »Darf ich?« Lüder
setzte sich, ohne die Antwort abzuwarten, dem Mann gegenüber an den Tisch.
»Natürlich waren die Leute auch bei Ihnen. Das wissen wir. Es macht keinen
Sinn, wenn Sie das bestreiten.«
    »Na und? Mehr habe
ich dazu auch nicht zu sagen.«
    »Wollen Sie
verkaufen?«
    Joost zog
geräuschvoll die Nase hoch. »Geht das die Polizei was an?«
    »Das hängt von den
Umständen ab. Wenn solche Transaktionen mit Bombenattentaten und
Kindesentführungen einhergehen, interessiert es uns brennend.«
    »Das ist doch
Humbug, was Sie da von sich geben. Sehen Sie sich doch um. Hier ist doch nichts
weiter übrig geblieben als diese Bruchbude.«
    »Sie haben
ökologische Landwirtschaft betrieben?«
    Erneut zog Joost die
Nase hoch. »Ich bin auf den Zug aufgesprungen, nachdem man uns weisgemacht hat,
dass das die Zukunft wäre. Aber das Ganze war ‘ne Pleite. Das hat Unmengen
gekostet. Und hinterher wollte keiner den Mehraufwand bezahlen. Das war’s
dann.«
    »Das heißt, Ihnen
kommen Leute, die sich für Ihr Land interessieren, gerade recht?«
    »Tünkram. Glauben
Sie, dass hier noch irgendwas uns gehört? Da haben überall die Banken ihren
Daumen drauf.«
    Die Frau fing still
an zu weinen. Mit einem Papiertaschentuch tupfte sie sich die Tränen aus den
Augenwinkeln.
    »Können Sie mir
sagen, wie es weitergehen soll? Wissen Sie, wie alt wir sind? Hier!« Joost
zeigte Lüder die rauen Hände. »Mein ganzes Leben habe ich geschuftet. Und nun
ist alles hin.«
    »Und da kamen Ihnen
die Euro, die Ihnen der Anwalt zugesteckt hat, gerade zur rechten Zeit?«
    Joost war
aufgestanden und stützte sich auf der Tischplatte ab. »Ich hab kein Geld
gekriegt. Verdammt noch mal.«
    Währenddessen war
seine Frau an seine Seite getreten. Vorsichtig legte sie ihren Arm auf seinen.
Zuerst sah es aus, als würde er sie abschütteln wollen, doch dann besann er
sich und nahm sie vorsichtig in den Arm.
    »Ach, nun ist es
auch egal«, sagte Joost mit müder Stimme. »Das Geld ist ohnehin schon
ausgegeben. Wir haben davon die Stromrechnung bezahlt, weil man uns das Licht
abgedreht hat. Und etwas für den Kühlschrank.«
    »Wie viel haben Sie
bekommen?«
    Der Mann zögerte
eine Weile, bis es ganz leise über die Lippen kam. »Zweitausend.« Dann sah er
Lüder an. »Ist das strafbar? Nur weil ich diesen Wisch unterschrieben habe?«
    »Nein, da ist nichts
Strafbares dran. Sie sollten aber Ihren Steuerberater informieren.«
    »Ich dachte, weil
die Banken doch die Konten gesperrt haben und wir das Geld unter der Hand in
bar entgegengenommen haben.«
    »Das ist keine
Sache, die uns als Polizei interessiert.«
    Frau Joost gab einen
hörbaren Stoßseufzer von sich. »Sieht du, Erich. Da haben

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