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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Gelände
vermessen wollten.«
    Die beiden Fremden wechselten einen raschen Blick.
Während Wurzberger versuchte, seinen Kragen und den Krawattenknoten wieder zu
richten, beschimpfte er Rasmussen. »So etwas Verstocktes, Degeneriertes wie Sie
ist mir noch nie über den Weg gelaufen. Ich dachte immer, PISA wäre eine Idee der Medien, um das
Sommerloch zu füllen. Aber Sie … Sie sind ein leibhaftiges Beispiel für den
Bildungsnotstand auf dem Lande.«
    Wurzberger hatte beide Hände gehoben, um seine
Ausführungen mit lebhaften Gesten zu unterstreichen. Das verstand Peter
Rasmussen falsch.
    »Du Kanaille«, zischte der Jungbauer und schlug einmal
kräftig zu.
    Wie vom Blitz getroffen sackte Wurzberger in sich
zusammen.
    »Peter!«, schrie Jette Rasmussen entsetzt auf, während
ihr Mann einen Moment unschlüssig stehen blieb, bevor er sich hinabbeugte und
Wurzberger ansah.
    Der hatte inzwischen ein Taschentuch hervorgezaubert
und versuchte, das Blut, das aus seiner Nase schoss, zu stoppen.
    »Ich werde die Polizei rufen«, drohte Schmiedel und
fingerte an seinem Handy herum. Als Peter Rasmussen ihn ansah, machte der
kleine Mann vorsichtshalber zwei Schritte rückwärts.
    »Tu das. Dann brauch ich das nicht zu tun.« Rasmussen
klang immer noch wütend, während seine Frau ins Haus verschwunden war und kurz
darauf mit zwei frischen Handtüchern zurückkehrte. Eines davon hatte sie
angefeuchtet. Jetzt kümmerte sie sich um Wurzberger, der immer noch auf dem
Boden hockte.
    Peter Rasmussen hatte den Platz seiner Frau auf der
Bank eingenommen und hielt seine Tochter auf dem Arm, während sie gemeinsam auf
das Eintreffen der Polizei warteten.
    Es dauerte über eine Viertelstunde, bis der
blausilberne VW -Variant der
Kappelner Polizei vorfuhr.
    »Moin. Wer hat uns alarmiert?«, fragte die junge
Polizistin, während ihr älterer Kollege sich die Mütze salopp ins Genick
geschoben hatte und die Szene beobachtete.
    »Der«, zeigte Rasmussen auf den immer noch ängstlich
dreinblickenden Schmiedel. »Sonst hätte ich euch geholt.«
    »Um was geht es?«, wollte die Beamtin wissen.
    »Körperverletzung« und »Hausfriedensbruch« riefen
Schmiedel und Rasmussen durcheinander.
    »Nu man sutsche«, mischte sich jetzt der männliche
Polizist ein. »Einer nach dem anderen. Immer hübsch der Reihe nach.«
    »Der Mann hat meinen Kollegen grundlos angegriffen«, geiferte
Schmiedel und suchte halb verdeckt hinter der Polizistin Schutz.
    »Ich hab mich nur gewehrt«, erklärte Peter Rasmussen.
»Ich hab dem Lang’n eine gescheuert, aber vorher wollt er mir an die Wäsche.«
    Der Polizist stöhnte. »Gut, dann wollen wir das mal
aufnehmen.«
    *
    Das Vorzimmer des Geschäftsführers der Holsten Power
war von einer ebensolchen Sachlichkeit wie Grimms Büro, nur dass Elemente wie
die Besprechungsecke und die Grafiken an den Wänden fehlten.
    Die Assistentin des Managers, die Lüder auch am
Empfang abgeholt hatte, hieß Ehlebracht. Sie hatte Lüder, gleich nachdem Grimm
ihn hinausgeschickt hatte, höflich gefragt, ob er einen Kaffee oder ein Wasser
wünsche. Lüder hatte abgelehnt.
    »Das ist ein schickes Haus, in dem Sie hier arbeiten«,
sagte Lüder.
    Die Frau unterbrach ihre Tätigkeit am Bildschirm und
drehte sich halb zu Lüder um.
    »Das ist jetzt zwei Jahre alt«, erklärte sie. »Die
Holsten Power hat ihre verschiedenen Standorte hier konzentriert.«
    »Und Ihr Chef, der Herr Grimm, ist schon so lange Geschäftsführer?«
    »Ja, seitdem wir hier sind.«
    »Ein tüchtiger Mann. So alt ist er doch noch nicht,
oder? Und dann ist er für alles allein verantwortlich.«
    »Es gibt noch einen zweiten Geschäftsführer. Herr
Nientiedt ist für den technischen Bereich zuständig. Aber Herr Grimm ist der
Sprecher der Geschäftsführung. Tja, der hat ganz schön was auf dem Kasten. Er
ist gerade vierzig, und es wird gemunkelt, dass er über kurz oder lang in die
Zentrale nach Düsseldorf wechselt. Aus dem wird noch mal was ganz Großes.«
    »Was hat er vorher gemacht, bevor er hierherkam?«
    Frau Ehlebracht musterte Lüder aus zusammengekniffenen
Augen. Sie schien sich nicht mehr sicher, ob sie einem Fremden gegenüber so
bereitwillig vertrauliche Dinge ausplaudern durfte.
    »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen.« Lüder merkte
ihr an, dass sie mit sich kämpfte. Auf der anderen Seite wollte sie nicht
unhöflich wirken.
    »Sein Akzent klingt sächsisch«, baute ihr Lüder eine
Brücke.
    Jetzt lächelte Frau Ehlebracht.
    »Das kann Herr Grimm nicht

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