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Küstenfilz

Küstenfilz

Titel: Küstenfilz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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das einzig Dynamische, denn der
Händedruck, der folgte, war lasch.
    Grimm trat zur Seite und wies Lüder mit der Hand den
Weg in sein Büro.
    Der Raum war ebenso nüchtern ausgestattet wie der Rest
des Hauses. Ein großer Schreibtisch aus Glas und Chrom, ein fast zierlicher
Schreibtischsessel und Funktionsmöbel beherrschten das Interieur. Lediglich die
an dünnen Fäden von der Decke herabhängenden Grafiken belebten die auf Lüder
trist wirkende Raumgestaltung. Die Bilder waren von jener Machart, bei der man
nie weiß, wie herum sie richtig aufzuhängen sind.
    In der Besucherecke war Kaffeegeschirr für zwei
Personen eingedeckt. Die Mitarbeiterin, die Lüder am Empfang abgeholt hatte,
schenkte ein und zog sich dann diskret und wortlos zurück.
    »Verstehen Sie es bitte nicht als Misstrauen, aber
dürfte ich noch einmal Ihre Legitimation sehen?«, bat Grimm.
    Lüder reichte ihm seinen Dienstausweis, den der
Manager aufmerksam studierte.
    »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte Grimm und gab das
Dokument zurück. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Vielleicht erläutern Sie mir zunächst einmal, was Ihr
Unternehmen macht.«
    Grimm lehnte sich entspannt zurück, schlug die Beine
übereinander und achtete dabei darauf, dass zuvor die Bügelfalten an den Knien
zurechtgezupft wurden.
    »Wir erfüllen eine wichtige volkswirtschaftliche
Funktion, indem wir Industrie, Gewerbe und private Haushalte mit Energie
versorgen, ganz abgesehen von den öffentlichen Einrichtungen wie Schulen,
Krankenhäusern, Behörden und vielen mehr.«
    Lüder gab sich betont unwissend. »Ich denke, das macht
die DEU Deutsche Energie Union AG aus Düsseldorf.«
    Der Manager lächelte nachsichtig. »Das ist unsere
Konzernmutter.«
    Lüder fuhr sich hilflos mit den Fingerspitzen über die
Mundwinkel. »Das verstehe ich nicht. Alle Welt spricht davon, dass wir in einer
globalisierten Welt leben und die Unternehmen nur bestehen können, wenn sie
immer größer werden und sich dem internationalen Wettbewerb stellen, während
die DEU sich aufsplittet und für
das gemessen an Europa doch überschaubare Schleswig-Holstein einen eigenen
Stromversorger unterhält. Das kostet doch zusätzliches Geld.«
    »Nicht nur das nördliche Bundesland, sondern auch
Hamburg fällt in unser Geschäftsgebiet. Es würde zu weit führen, Ihnen die
betriebswirtschaftlichen Hintergründe für diese Vorgehensweise zu erläutern.
Glauben Sie mir aber, dass es Sinn macht.«
    Lüder war es recht, dass Grimm sich überlegen fühlte
und Lüder für einen mit dieser Materie nicht vertrauten Beamten hielt.
    »Kann es damit zusammenhängen, dass es der DEU über diesen Weg eher möglich ist,
durch die Aufgliederung in mehrere rechtlich scheinbar selbständige Unternehmen
Verrechnungspreise untereinander zu verlangen, die sich letztlich auf den
Endpreis niederschlagen?«
    »Wie meinen Sie das?« Grimm war hellhörig geworden.
    »Die Stromproduktion wird von einem anderen
Konzernunternehmen vorgenommen. Das verkauft die Energie zu Marktpreisen an Sie
wie an einen Fremden. Sie profitieren damit schon im Konzern durch eine
Zwischenhandelsstufe. Und da weder der Erzeuger noch Sie als Verteiler über das
Stromnetz verfügen, müssen Sie teures Geld für die Durchleitung zahlen.
Natürlich ist der Netzbetreiber auch eine Konzerntochter. Und auf jeder Stufe
wird mehr Geld verdient, als wenn Sie alles formell in einem Unternehmen regeln
würden. Und dann heißt es, dass der Einkaufspreis der letzten Stufe zu hoch ist
und man nichts für den exorbitanten Preis gegenüber dem Endverbraucher könne.«
    Grimm winkte ab. »Die Mechanismen der Preisbildung auf
dem Energiemarkt sind so komplex, dass wir das hier nicht diskutieren sollten.
Ich nehme an, das ist auch nicht der Grund Ihres Besuches.«
    »Richtig. Ich interessiere mich dafür, weshalb Ihr
Unternehmen über recht verschlungene Pfade Vermessungsarbeiten an der Schlei
durchführen lässt.«
    Lüder beobachtete ein kurzes Aufflackern in Grimms
Augen, sonst hatte der Manager keine Miene verzogen.
    »Ich verstehe nicht, wovon Sie sprechen.«
    »Erlauben Sie mir eine direkte Frage?«
    Reiner Grimm nickte.
    »Wie ist das in einem solch mächtigen Unternehmen?
Sind die Leiter der kleinen Ableger vor Ort, so wie Sie zum Beispiel, nur
Ausführende der Anweisungen aus Düsseldorf und ohne jede Kompetenz? Habe ich
mich geirrt, als ich glaubte, in Ihnen einen kompetenten Gesprächspartner
gefunden zu haben?«
    Der Stich saß. Grimm fühlte sich sichtlich

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