Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Tradition verweisen konnten.
Gerade im Hinblick auf die erneuerbaren Energien ist eine alte Wassermühle ein unverzichtbarer
Sympathieträger. Da haben Sie als Leiter des Werkschutzes damit rechnen müssen,
dass sich für einen verrückten Täter, der auf Außenwirkung zielt, ein solches Objekt
geradezu anbietet. Sie haben aber keinerlei Werkschutz betrieben, Herr Fries. Sie
haben unsere Einrichtung direkt ins Fadenkreuz der öffentlichen Aufregung geführt!«
Bergfeld ließ die einsetzende Stille
einen Moment wirken. Fries war jetzt schon kein Gegner mehr für ihn, sondern nur
noch ein Jammerlappen. Ein Nichts. Wie konnte Anja nur?
Direktor Bergfeld genoss den Triumph,
bevor er zu seinen verbalen Foltermethoden überging. »Es ist schon bedauerlich,
Herr Fries, dass Sie nicht in der Lage waren, mögliche Gefahren für unseren Betrieb
abzuwehren, der den Broterwerb von Ihnen und Ihren Kollegen sichert.«
Gut, das
mit dem Broterwerb mochte vielleicht für andere archaisch klingen, aber es ging
für Bergfeld zurück auf die Wurzeln des Schaffens in seinem eigenen armen Elternhaus.
Nur harte Knochenarbeit half, all die kleinen hungrigen Mäuler zu stopfen.
Bergfeld
hatte sich früh vorgenommen, diesen Sumpf so schnell wie möglich zu verlassen. Er
hatte es geschafft. Nun wollte er nicht, dass jetzt noch irgendjemand seine Lebensleistung
schmälerte oder weiter beschädigte.
Es bereitete
dem kleinen Direktor Vergnügen, zu beobachten, wie sein Werkschutzleiter in sich
zusammen sackte. Bergfeld hatte ihm jeglichen Glauben an seine eigenen Fähigkeiten
geraubt. Er hatte aber noch einige Gehässigkeiten mehr auf Lager, um diesen Fries
endgültig unter den Teppich seines Direktionszimmers zu kehren.
»Herr Fries,
es ist nicht Ihre Schuld, dass Ihnen diese Gabe, Gefahren zu spüren, aus Ihrer Familie
nicht mitgegeben worden ist. Aber auf Ihrer Position ist sie zwingend erforderlich.
Sie haben schlicht und einfach versagt und Sie werden immer wieder versagen!«
Bergfeld
bemerkte, wie hart diese Spitze seinen Werkschutzleiter getroffen hatte. Der Direktor
wusste aus langjähriger Praxis, dass das mit dem fehlenden Erbgut bei allen Betroffenen
besonders tief saß. Er setzte noch einen drauf.
»Sie müssen
sich eingestehen, Herr Fries, dass nicht einmal kostenträchtige Schulungen Ihre
Fehleinschätzungen verbessert haben.«
Bums, das saß. Sein Werkschutzleiter
stand vor ihm und fand keine Antwort mehr. Dafür schossen ihm Tränen in die Augen.
Sollte das Anjas heimlicher Traum sein?
Jetzt kam
die große Stunde des Direktors: »Von Mann zu Mann, Herr Fries. Ich stehe dennoch
weiter zu Ihnen als Kollege. Wir wollen nach vorne sehen. Ich möchte, dass sie bei
uns bleiben. Allein schon wegen Ihrer kleinen Familie.«
Ein Hoffnungsschimmer
kam bei seinem Mitarbeiter auf. Irgendwie schien Fries immer noch an Gerechtigkeit
und Unschuld zu glauben. In welcher Welt lebte dieser Idiot eigentlich, fragte sich
Bergfeld.
»Herr Fries,
verstehen Sie mich bitte nicht verkehrt. Sie müssen den ersten Schritt von sich
aus unternehmen.«
Fries schaute
den Direktor ungläubig an: »Wie denn, Herr Bergfeld?«
»Herr Fries,
Sie sollen eine zweite Chance erhalten. Dazu muss ich Sie zum Wohle aller Mitarbeiter
umsetzen. Vorbedingung ist, dass Sie von sich aus freiwillig auf die Leitung des
Werkschutzes verzichten. Dann erst kann ich es vor Ihren Kolleginnen und Kollegen
vertreten, Sie an anderer verantwortungsvoller Position im Betrieb wieder einzusetzen.«
Es blieb
einen Moment still.
»Und welche
Position käme für mich in Frage? Freie leitende Stellen gibt es zurzeit nicht.«
Der Direktor
schaute seelenruhig auf seine gepflegten Fingernägel. »Ich habe Sie für eine wichtige
Aufgabe vorgesehen: die Leitung der Pförtnerei.«
Natürlich
bemerkte Bergfeld sofort, dass dieser Gedanke Fries wenig Freude bereitete. Vermutlich
befürchtete er den Gesichtsverlust bei seinen Kollegen und damit auch bei Anja.
Bergfeld
hatte nun genügend Zeit mit diesem Versager verbracht. So beeilte er sich, das Strafgericht
für Fries schnell und wirkungsvoll abzuschließen.
»Herr Fries,
natürlich geschieht das alles ausschließlich zu Ihrem eigenen Wohl. Ich traue Ihnen
durchaus zu, die Pförtnerei in einer gewissenhafteren Form zu betreiben, als es
bisher von diesem gesichtlosen Fritzen möglich war. Ein entsprechendes Schriftstück
habe ich bereits im Vorzimmer aufsetzen lassen. Sie können es gleich beim
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