Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
des allgemeinen
Misstrauens hatte er bisher immer sein Unbehagen unter großem taktischem Geschick
mit Grausamkeiten an seinen Mitarbeitern ausgelassen. Es hatte sich immer bewährt,
sein Vorzimmer an den Abstrafungen teilhaben zu lassen. So konnte der Flurfunk alles
unter dem Siegel der Vertraulichkeit verlässlich und schnell weiterverbreiten.
Er entschloss
sich, den Pförtner später zur Brust zu nehmen. Vorerst ließ er den Werkschutzleiter
Fries in sein Direktionsbüro einbestellen. Der erschien bereits nach wenigen Minuten
und grüßte höflich. Er schien absolut arglos zu sein.
Direktor
Bergfeld erwiderte diesen Gruß zunächst in einer so warmen Art und Weise, dass sich
der Werkschutzleiter wohl geschätzt fühlen musste. Fries entwickelte prompt einen
sehnsuchtsvollen Blick zu dem weichen italienischen Designersessel im Direktionszimmer,
auf den er sich vermutlich gerne fallen lassen würde. Aber der Direktor wollte den
Mann stehend leiden sehen. Hier ging es schlicht um Betriebsräson.
So bot Direktor
Bergfeld seinem Werkschutzleiter nicht an, sich zu setzen. Er hatte auch keinen
Kaffee durch seine Sekretärin bereitstellen lassen. Bergfeld vergewisserte sich,
dass die Tür zu seinem Vorzimmer noch einen Spalt offen stand.
Dieser Wichtling
Fries, mit ihm würde Bergfeld jetzt anfangen. Mit einer belanglosen Frage begann
er, die Anteilnahme am Leben seines Mitarbeiters vermitteln sollte. »Herr Fries,
Sie wirken zwar frisch wie immer, aber auch ein wenig nachdenklich. Ist bei Ihnen
und Ihrer Familie alles im grünen Bereich? Sie haben frisch gebaut, richtig?«
Der Werkschutzleiter antwortete
sehr offen. »Danke der Nachfrage, Herr Bergfeld. Es ist alles gut jetzt. Wir erwarten
unser zweites Kind und freuen uns beide darauf. Das war bei dem ersten Kind zwar
genauso, aber diese ganzen Veränderungen durch die Geburt eines Kindes haben unser
Eheleben kurzfristig in andere Bahnen gelenkt. Es gab Irrungen, aber dann haben
wir uns entschieden, gemeinsam durch dick und dünn zu gehen. Bewiesen haben wir
uns das durch den Hausbau und den Entschluss, gemeinsam ein zweites Kind zu haben.«
Bergfeld
nickte andächtig. Irrungen. Bergfeld war sich sicher, dass er damit seine Anja meinte.
Dieser Mistkerl hatte ganz sicher von Bergfelds Verhältnis mit ihr erfahren. Und
da sprach er eben einmal so von Irrungen. Na, der sollte sich noch wundern!
»Herr Fries,
einmal ganz unter uns, Sie sind doch schon so lange bei uns. Wie konnte es denn
passieren, dass Sie bei allen Ihren Sicherheitsüberlegungen nicht mehr unser Schmuckstück,
die alte Wassermühle im Iloo, mit im Blick gehabt haben?«
Bergfeld
wusste natürlich, dass der Werkschutzleiter überhaupt nicht damit rechnen konnte,
dass dort am Ende der Welt in dieser alten und fast vergessenen Mühle ein Anschlag
auf die Stadtwerke inszeniert werden konnte. Aber darum ging es Bergfeld nicht.
Der Schwarze Peter musste verteilt werden, und zwar möglichst weit weg von ihm selbst.
Und wenn dieser Fries wirklich etwas mit Anja zu tun gehabt hatte, dann würde es
ja nicht einmal den Verkehrten treffen.
Diesmal
kam keine vorschnelle Antwort vom Werkschutzleiter, der bemerkt hatte, dass die
Stimmung gekippt war. »Schmuckstück? Ich weiß nicht. Das Objekt hat doch eher Museumscharakter
und ist unbedeutend für die Energiegewinnung.«
Bergfeld begann sein grausames Spiel.
Er wischte den Einwand von Fries einfach weg mit der Bemerkung, dass es nun besser
sei, nicht wie in der Politik nach Ausflüchten zu suchen, sondern konstruktive Lösungen
zu finden, um für alle die Lage erträglicher zu gestalten.
Fries nickte
vorsichtig zustimmend, vermutlich wollte er seine Haut zum Wohle der Familie retten.
Er wirkte devot. So liebte der Direktor seine Mitarbeiter.
Bergfeld
nutzte die Gelegenheit, zu einer belehrenden Ansprache anzusetzen und damit gleichzeitig
seine Vernichtung einzuleiten. »Herr Fries, Sie sollten als Werkschutzleiter eigentlich
wissen, dass jedes Objekt in einem renommierten Unternehmen wie dem unseren eine
Bedeutung hat, die sich in der Gesamtwirkung für die Öffentlichkeit zu einem positiven
Bild abrunden soll.«
Bergfeld
wartete erst das zustimmende Nicken seines Werkschutzleiters ab, bis er seine Abstrafung
fortsetzte. »Herr Fries. Diese alte historische Wassermühle im Iloo war für die
Stadtwerke Neumünster immer schon einer der wichtigsten Bausteine für die Öffentlichkeitsarbeit,
weil wir dadurch in unserer Region auf unsere lange
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