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Küstengold: Kriminalroman (German Edition)

Küstengold: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Küstengold: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Geisler
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Nordseeküste
niemand haben will, weil die Auswirkungen auf die Umwelt kaum erforscht sind. Unser
Kollege Dreesen war dankenswerterweise auf dieser Ecke sehr hilfreich tätig gewesen,
ist aber dort von einem politischen Überflieger weggestoßen worden.«
    Wenngleich
Stuhr kein besonderes Mitgefühl für Dreesen hegte, konnte er sich lebhaft vorstellen,
wie sich die Verwaltungshengste gegenseitig von den Trögen gestoßen hatten.
    Brodersen
setzte seine Rede fort. »Die fossilen erneuerbaren Energien haben zudem in der öffentlichen
Diskussion in den letzten Jahren einen schalen Beigeschmack bekommen. Wir bekommen
den Hunger auf der Welt nicht in den Griff und verheizen gleichzeitig Nahrung als
Sprit. Das passt nicht zusammen.«
    »Und warum
macht es dann für die Russen Sinn, sich hier einzukaufen?«, fragte Stuhr nach.
    »Um sich
langfristig die Abnahmemärkte für ihre Energieprodukte zu sichern. Zudem könnten
die Produzenten anstelle von Großlieferantenpreisen Endverbraucherpreise einstreichen.
Die dazu notwendige Infrastruktur übernehmen sie einfach vor Ort von den maroden
Stadtwerken.«
    Das leuchtete
Stuhr ein. Wenn er über Land fuhr, sah er zunehmend Stände, auf denen Bauern direkt
ihre Erzeugnisse den vorbeifahrenden Kunden aus den Städten anboten, um ihren Profit
zu erhöhen.
    »Weißt du,
wie Meyer-Riemenscheidt die Anträge der Russen abschließend beschieden hat?«
    Brodersen
amüsierte sich königlich über diese Frage. »Mensch Stuhr, in welcher Welt lebst
du denn? Natürlich hat Meyer-Riemenscheidt sich wie immer überhaupt nicht entschieden.
Das konnte er einfach nicht. Er hat wie immer alle heiklen Vorgänge zum Brüten auf
seine Heizung gelegt, und das wussten alle. Meyer-Riemenscheidt tat das mit einem
Spruch ab: ›Beamtenschweiß muss kostbar bleiben‹. Aber sollte ausgerechnet sein
Vorgesetzter das öffentlich machen? Dann hätte er als Führungsperson versagt.«
    Brodersen
hatte vermutlich recht, der mit gepressten Lippen noch einmal nachlegte. »Meiner
Ansicht nach sind die Übernahmen der städtischen Energieversorger in Schleswig-Holstein
durch die russischen Energielieferanten wettbewerbsrechtlich nicht zu verhindern.
Der Verkauf ihrer Energieversorger würde immense Gelder in die Säckel der klammen
Stadtkämmerer fließen lassen. Wer will sich das schon entgehen lassen?«
    Eine Frage
brannte Stuhr noch auf den Lippen. »Sag mal, hast du in letzter Zeit noch etwas
von Dreesen gehört oder gesehen?«
    Brodersen
betrachtete ihn ungläubig. »Meinst du das im Ernst? Der schwebt auf Freiersfüßen.
Er hat eine vornehme Dame aus dem Hamburger Geldadel kennengelernt. Eine Jeanette
Sowieso. Sein ganzes Handeln ist darauf ausgerichtet, die Dame an die Kette zu legen.
Donnerstag feiert Dreesen seinen Fünfzigsten in der Dorfsporthalle. Er hat mich
eingeladen. Ich werde aber nicht hingehen.«
    Stuhr konnte
das nicht nachvollziehen. »Warum nicht? Ich war vor zwei Jahren dort eingeladen.
25-jähriges Jubiläum im Sportverein. Silberne Ehrennadel für Dreesen.«
    Brodersen
überging die Einlassung. »Das war eine Ehrung, da wird erst hinterher gesoffen.
Jetzt steht der Fünfzigste von Dreesen an, da wird schon vorher gesoffen. Feuer
frei. Ich muss nicht miterleben, wie die besoffenen Knallköpfe in den Dorfteich
hineintaumeln. Solche Feste enden meistens tödlich.«
    Stuhr nickte.
»Deswegen gehe ich jetzt auch zu einer Schulfeier.«
    Brodersen
blickte ihn erwartungsvoll an, aber Stuhr verabschiedete sich auf seine Art.
    »Privatsache.«
     
    Wenig später stand Stuhr wieder
auf dem Hindenburgufer vor dem Ministerium. Ihn zog es aber nicht in die Stadt zurück,
sondern in die andere Richtung. In der Zeitung hatte er gelesen, dass heute in der
Privatschule Düsternbrook die feierliche Eröffnung eines Anbaus bevorstand. Das
war vielleicht eine gute Gelegenheit, Angelikas Tochter einmal unbemerkt in Augenschein
zu nehmen.
    Stuhr passierte
leidenschaftslos die Staatskanzlei, die in dem schlichten Neubau aus den Siebzigern
nur noch wenig von dem Glanz der ehemaligen Admiralität versprühte. Vermutlich hatte
auch hier das Gebäudemanagement der Landesregierung mit eiserner Faust zugeschlagen.
    Zur linken
Hand imponierte der im Sonnenlicht glänzende Neubau des Instituts für Weltwirtschaft
mit dem davor liegenden Olympiahafen von 1936, der gerade wieder einmal aufgeputzt
wurde. Weiter ging es vorbei am ehrwürdigen Kieler Yacht-Club, dem sogar Kaiser
Wilhelm II angehört hatte. In der Nazizeit

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