Küstengold: Kriminalroman (German Edition)
Herausgehen
abzeichnen.«
Der Werkschutzleiter
nickte geknickt und begann zu weinen.
Bergfeld
reichte ihm sein Taschentuch. »Fries, nun reißen Sie sich zusammen. Unser Mann an
der Pforte, unser Aushängeschild sozusagen, darf doch nicht weinen. Der muss sich
ein Loch in den Hintern freuen, unseren großartigen Betrieb an der Straßenfront
präsentieren zu dürfen.«
Fries schien mit seinen Gedanken
weit weg zu sein, er schluchzte weiter vor sich hin.
Bergfeld
war zufrieden, dass er diese Demütigung so widerspruchslos erteilen konnte. Aber
irgendwann war das Gejammer nicht mehr auszuhalten. »Herr Fries, nun hören Sie schon
auf. Können Sie denn nicht ein wenig Dankbarkeit aufbringen? Um Himmels willen,
nicht mir, sondern dem Betrieb gegenüber. Schließlich wird Ihnen nicht wie Millionen
anderen in der Republik knallhart gekündigt, sondern Sie können weiter an der Pforte
ihre Solidarität unserem Betrieb gegenüber beweisen, jetzt sogar in schmucker grauer
Uniform. Gut, Ihr Verantwortungsbereich wird zwar ein wenig kleiner, aber das entlastet
Sie doch auch. Durch die Nachtschichten sind Sie schließlich auch tagsüber einmal
zu Hause, das wird nicht nur Ihre Kinder freuen. Kommen Sie. Unterschreiben Sie,
und die Sache ist vergessen.«
Fries nickte
stumm und unterschrieb mit zitteriger Hand.
»Das ist
sehr vernünftig, Herr Fries. Wir haben entsprechend Ihrem Gesuch auch das Gehalt
anpassen müssen, das gehört natürlich dazu. Glauben Sie nicht, dass mir dass Spaß
macht. Es ist nur zu ihrem Nutzen.«
Natürlich war genau das Gegenteil
der Fall. Es bereitete Bergfeld tiefste Genugtuung, seinen geknickten Werkschutzleiter
davonschleichen zu sehen. Ein gebrochener Mann, der zu Hause vor der entsetzten
Frau und den Kindern sein vermeintliches Versagen mit vielen leeren Worthülsen erklären
musste. Das hatte er nun davon, die Finger nach seiner Anja auszustrecken.
Sollte Fries
doch auch einmal sehen, wie es ist, mit schlechten Gefühlen zu leben. Für Direktor
Bergfeld war das alles nicht neu, es war sein Tagesgeschäft. Demütigungen, Entlassungen,
Versetzungen. Manchmal Beförderungen, wenn die nicht zu umgehen waren. Es ging ausschließlich
darum, wer ihm zur Erhaltung seines Machtapparats am meisten nutzen konnte.
Nach der Mittagspause würde er sich
Anja vorknöpfen.
Der Monarch
Olli hatte seinen ehemaligen Kumpel
Jacko angerufen, der sich schon seit Jahren auf der nicht ganz so seichten Seite
des Lebens in Hamburg durchschlug. Jacko bekam viel mit, aber er machte keine richtig
krummen Dinger. Für seine Auskünfte ließ er sich bezahlen, davon lebte er.
Er kannte
niemanden aus der ehemaligen autonomen Szene in Hamburg. Jacko war vermutlich zu
jung. Am Ende des Gespräches rutschte ihm aber der Name Monarch heraus.
Der Monarch?
Ein König? Olli schien das suspekt zu sein, so hakte er nach.
Über den
Spitznamen klärte ihn Jacko schnell auf, denn der Monarch war ein Spezialist im
Abräumen eines Geldspielautomaten, der so hieß. Daher auch sein Spitzname. Der Monarch
hatte legendäre Goldene Serien im Abonnement an diesem Gerät erzielt, bis der Hersteller
alle Automaten aus dem Verkehr ziehen musste. Neuerdings sollte er den Crown Royal
bespielen, allerdings mit eher mäßigem Erfolg. Diese Digitalisierung der Automatenwelt
machte ihm zunehmend zu schaffen. So gab es notgedrungen bei ihm für kleines Geld
wertvolle Tipps.
Der Monarch
sollte im Schanzenviertel in einer Spielhalle am Schulterblatt zu finden sein. Die
Aufseher würden ihn alle kennen. Einen schönen Gruß von Jacko sollte er bestellen.
Vor wenigen Jahrzehnten war das
Schanzenviertel noch ein verruchter Altonaer Stadtteil mit Arbeiterquartieren. Inzwischen
hatte es sich zu einem bunten Viertel mit Künstlern, Bars und interessanten Läden
gewandelt. Olli kannte sich gut auf der Schanze aus, und so fand er die Spielhalle
am Schulterblatt schnell. Als er zum letzten Mal in einem Etablissement dieser Art
gewesen war, wurde es noch von mechanischen Flippergeräten und flackernden Spielautomaten
mit drehenden Scheiben beherrscht. Olli spähte durch die rauchgeschwängerte Halle.
Es wirkte alles viel aufgeräumter und nicht mehr so düster wie früher, aber die
Typen, die hier herumhingen, waren immer noch genau die gleichen. In der Regel Verlierer,
die wenigstens hier einmal gewinnen wollten.
Olli erkundigte
sich beim Aufseher nach dem Monarchen. Dem Zeigefinger folgend entdeckte er einen
langhaarigen dürren Mann,
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