Kullmann
Hübner und Biehler seine Großmutter angefahren hatten. Die beiden hätten sich noch nicht einmal die Mühe gemacht, auszusteigen und nachzusehen. Angeblich sind sie einfach weitergefahren.«
»Wie kann der Junge behaupten, dass Hübner und Biehler im Auto saßen?«
»Er hat die beiden Gesichter gesehen und würde schwören, sie wiedererkannt zu haben«, antwortete Jürgen.
»Und wo ist da der Zusammenhang mit Nimmsgern?«
»Nimmsgern war mit Steven Dienhardt um ein paar Ecken verwandt. Maria Dienhardt, Stevens Oma, war Nimmsgerns Tante.«
»Schön, aber dann steht Nimmsgern ja auf der anderen Seite«, zweifelte Kullmann weiter.
»Nimmsgern hatte Steven versprochen, dieser Sache nachzugehen, hat aber sein Versprechen nicht gehalten«, erklärte Jürgen.
Nun wurde Kullmann hellhörig. Was Jürgen ihm gerade mitteilte, brachte ganz neue Aspekte ins Spiel.
»Wer sagt, dass Nimmsgern sein Versprechen nicht gehalten hatte?«
»Der Junge. Er wurde von Nimmsgern enttäuscht. Im Gespräch mit mir beschuldigte er Nimmsgern, dass er nicht besser sei als die beiden Autofahrer.«
»Das sind doch Hetzkampagnen eines Pubertierenden. Wieso glaubst du dem Jungen?«, kamen Kullmann wieder Zweifel auf.
»Ganz einfach! Nimmsgern hat sein Versprechen nicht gehalten. Steven meinte, Nimmsgern habe seine Meinung geändert, als er erfahren hat, dass es Kollegen waren!«
Verzweifelt rieb Kullmann sich die Augen und meinte: »Das klingt nun doch sehr interessant. Aber wissen wir auch, ob das alles stimmt?«
»Nach Stevens Auskünften habe ich in der Asservatenkammer in Nimmsgerns persönlichen Sachen erneut nachgesehen und tatsächlich etwas gefunden, was darauf hindeutet. Als wir sein Haus durchsuchten, war uns die Bedeutung dieses Fundes nicht aufgefallen!«
»Was hast du gefunden?«, drängte Kullmann.
»Den Unfallbericht über Maria Dienhardt, der auf der Polizeistation gefehlt hatte!«
»Sind in diesem Bericht die Namen unserer beiden Kollegen festgehalten?«, fragte Kullmann.
»Nein! Dieser Bericht enthält nur die Anzeige des Jungen, der behauptet, alles gesehen zu haben. Mehr nicht!«
»Was wollte Nimmsgern mit diesem Bericht?«
»Was Nimmsgern wirklich wollte, werden wir nie erfahren!«
Eine Weile überlegte Kullmann, bis er feststellte: »Sollte Steven Dienhardt wirklich die beiden Kollegen Biehler und Hübner für die Autofahrer halten, und Nimmsgern durch seine Zurückhaltung als Verbündeten sehen, hat er für alle drei ein Motiv!«
Jürgen nickte nur.
»Hast du ihn über die Polizistenmorde befragt?«
»Nein! Er weiß, dass Hübner und Biehler tot sind, hat aber meine Fragen nicht mit den beiden Kollegen in Verbindung gebracht. Er glaubte, mir ginge es um den Unfall mit Fahrerflucht!«
»Wo ist er jetzt?«
»Zu Hause. Ich wollte zuerst mit dir darüber sprechen, wie diese Angelegenheit weiter behandelt wird«, erklärte Jürgen.
»Also besteht keine Fluchtgefahr?«
»Nein«, bestätigte Jürgen.
*
Als Anke am Reitstall eintraf, empfing sie eine beruhigende Stille. Außer Susanne Werth, der Reitlehrerin, war niemand da. Neugierig trat sie auf Anke zu und fragte: »Stimmt es, dass Robert im Verdacht steht, Peter Biehler erschossen zu haben?«
Anke staunte darüber, wie schnell sich alles am Stall herumsprach. Zögernd meinte sie: »Ich darf darüber keine Auskunft geben!«
»Aber einen kleinen Wink kannst du mir doch geben!«, drängte Susanne weiter.
»Nein, ich verliere sonst meinen Job!«, wand sich Anke und hoffte, die Reitlehrerin würde ihre Fragerei aufgeben. Aber das tat sie nicht.
»Aber du glaubst doch nicht, dass er es war? Oder doch?«
»Meine persönliche Meinung ist da leider nicht gefragt«, wehrte Anke verzweifelt ab, aber Susanne blieb hartnäckig: »Du kannst doch wenigstens sagen, was du persönlich denkst!«
»Ich darf nicht über Angelegenheiten spekulieren, die meine Arbeit betreffen. Tut mir Leid!«
Mürrisch verzog Susanne sich wieder, aber Anke spürte einen deutlichen Vorwurf in der Haltung der Reitlehrerin. Sie wusste selbst, dass sie sich mit dieser ausweichenden Antwort nur um eine ehrliche Meinung gedrückt hatte. Warum hatte sie nicht offen antworten können? Warum hatte sie nicht einfach geradeheraus sagen können: Niemals glaube ich, dass Robert es war. Warum nur? Diese Antwort war ihr einfach im Hals stecken geblieben. Dabei musste sie doch wissen, dass Robert zu einer solchen grausamen Tat niemals fähig wäre. Viel zu menschenfreundlich war er, als dass man
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