Kullmann
aufbauen, ohne den geringsten Fehler dabei zu machen? Oder war doch ein Funken Wahrheit daran?
»Wer hat die Waffen gefunden?«
»Den Polizisten kannte ich nicht«, zuckte Robert mit den Schultern.
Wie sollte es Esche gelungen sein, drei Waffen unbemerkt mit zur Hausdurchsuchung zu nehmen, wo es von Ermittlungsbeamten nur so wimmelte, um damit einen sensationellen Fund zu fingieren, der Robert das Genick brechen sollte? In diesen Überlegungen tauchte plötzlich die Frage auf, ob Robert überhaupt Umgang mit Waffen hatte. Er war Altenpfleger von Beruf. Konnte das nicht bedeuten, dass er anstelle des Wehrdienstes Zivildienst geleistet hatte? Genau diese Frage musste sie ihm stellen, aber Roberts Antwort passte ihr überhaupt nicht in den Kram: »Ich war in Lebach bei den Fallschirmjägern!«
Also konnte sie diesen Hoffnungsschimmer wieder begraben. Enttäuscht saß sie neben ihm und fühlte sich meilenweit von ihm entfernt. Unbehagen kroch in ihr hoch, Zweifel an seiner Version der Geschichte. Aber das durfte sie nicht zulassen, ermahnte sie sich. Trotzdem schaffte sie es nicht, ihm in die Augen zu schauen, als er mit ihr sprach. Die Verbundenheit, die sie beide empfunden hatten, wollte sich nicht mehr einstellen. Dabei hatte sie sich nichts sehnlicher gewünscht, als wieder mit Robert zusammen zu sein und ihr junges Glück zu genießen. Anke konnte einfach nicht abschalten, ständig spürte sie den Widerstreit ihrer Gefühle. Obwohl Robert unverändert charmant und liebevoll war, kam das vertraute Gefühl nicht mehr auf. Sie konnte ihre Zweifel einfach nicht unterdrücken und ärgerte sich gleichzeitig darüber. Als Robert sich ihr am Abend nähern wollte, sprang Anke vom Stuhl auf und rannte ins Wohnzimmer. Die Reaktion war so heftig, dass sie sich selbst gar nicht verstehen konnte. Nach einer Weile folgte ihr Robert. Dabei sah sie in seinem Gesicht, wie weh sie ihm getan hatte und augenblicklich tat es ihr Leid. Sofort nahm sie ihn in ihre Arme und entschuldigte sich bei ihm. Plötzlich sprudelte es nur noch aus Anke heraus: »Es tut mir leid, ich bin sehr verwirrt. In dieser Wohnung gab es eine Hausdurchsuchung und auf wunderbare Weise kamen drei Waffen zum Vorschein. Ich vermute zwar irgendeine windige Manipulation, aber das sind auch Fakten, verstehst du? Für jeden Kriminalbeamten ein gefundenes Fressen. Ich halte das kaum aus!«
Robert unterbrach sie: »Die Waffen kamen nicht in meiner Wohnung zum Vorschein. Sie lagen in der Mülltonne.«
»Das ändert nichts an deiner schwierigen Situation!«
»Aber vergiss bitte nicht, dass ich von Anfang an gesagt habe, dass ich mit den Waffen nichts zu tun habe. Vielleicht hat dich meine Information, dass ich bei der Bundeswehr war, so sehr aus dem Konzept gebracht. Aber das muss doch nicht bedeuten, dass ich heute – nach zwanzig Jahren – meine Schusswaffenkenntnisse eingesetzt habe. Beim Bund lernt man mit Waffen umzugehen und nicht Menschen zu jagen. Außerdem liegt das alles so lange zurück, dass ich gar nicht mehr weiß, wie so ein Ding funktioniert. Das hat mich ohnehin nie besonders interessiert.«
Anke sah ihn mit großen Augen an. Das klang plausibel. Aber sie war auch Polizistin, die Fakten nicht einfach übersehen durfte.
Fast im gleichen Augenblick fiel ihr wieder ein, wer der Hausdurchsuchung beigewohnt hatte: Esche. Dieser Gedanke löste sofort die Erinnerung an Esches Überfall aus und an seine bösartige Behauptung, sie würde Fakten mit privaten Interessen vermischen.
Nachdenklich ging sie in der Wohnung auf und ab und schaute sich um. Langsam und sehr leise begann sie nach einer Weile zu sprechen: »Vor zwei Tagen wimmelte es in diesen Räumen von Kripoleuten; ich sehe sie wie Gespenster herumschwirren, alles durchwühlen, alles anfassen, alles beglotzen. Und dann dieser Eklat mit dem angeblichen Waffenfund. Und dann bist du aus deiner eigenen Wohnung in Handschellen abgeführt worden. Wie hältst du das aus?«
Robert nahm sie in die Arme: »Das ist ganz lieb von dir, dass du dir so viele Sorgen machst. Aber jetzt bist du bei mir. Und das zählt. Alles andere wird sich regeln!«
Lange standen sie da wie zwei Königskinder, die doch zueinander gefunden hatten, bis die Nacht mit ihnen verschmolz.
Die Sonnenstrahlen, die durch das Fenster auf ihr Gesicht schienen, weckten Anke am nächsten Morgen sanft. Als sie die Augen öffnete, saß Robert schon vollständig angezogen am Bettrand und schaute sie lächelnd an.
»Du siehst so gelöst aus,
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