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Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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einschließlich all der liebenswerten
hingepfuschten Teile.« (»Wer hat dich denn so
entzückend hingepfuscht, Süßer?«)
    »Wenn ich also von mir behaupten kann, einigen der Bewohner
jener Tiefen der Atmosphäre dort unter uns moralisch
überlegen zu sein, liegt das an der Art und Weise, wie ich
aufgewachsen bin. Wir wachsen im wahrsten Sinne des Wortes auf,
während sie zurechtgeknetet, gestutzt, erzogen, zu Bonsais gemacht werden. Ihre Zivilisation beruht auf der Entbehrung und
dem Entzug, während die unsere auf einer fein ausgewogenen
Befriedigung beruht und stets am Rande der Ausschweifung abzukippen
droht. Die Kultur konnte es sich leisten, mich alles werden zu
lassen, das innerhalb meines persönlichen Potentials liegt,
deshalb ist mein Dasein, im Guten oder im Schlechten,
erfüllt.
    Bedenken Sie folgendes: ich glaube, ich kann durchaus von mir
behaupten, eine durchschnittliche Person der Kultur zu sein, wie es
für uns alle hier zutrifft. Sicher, wir gehören dem Kontakt
an, deshalb sind wir vielleicht etwas stärker am Reisen in
fremde Gebiete und am Kennenlernen von Leuten interessiert als die
kleineren Geister, aber im großen und ganzen könnte man
aufs Geratewohl jeden von uns herausnehmen und hätte einen
angemessenen Repräsentanten der Kultur; die Entscheidung, wen
Sie als Repräsentanten der Erde auswählen könnten,
überlasse ich Ihrer Phantasie.
    Aber um auf mich zurückzukommen; ich bin so reich oder so arm
wie jeder andere in der Kultur (ich gebrauche diese Worte, weil ich
unsere gegenwärtige Stellung insbesondere mit der der Erde
vergleichen möchte). Reich; gefangen, wie ich nun mal bin, an
Bord dieser führerlosen Röhre ohne Captain, mag mein
Reichtum nicht ohne weiteres ersichtlich sein, doch einem
durchschnittlichen Erdenbürger würde er gewaltig
erscheinen. Zu Hause genieße ich die Vorzüge einer
angenehmen und hübschen Orbitalsiedlung, die jemandem von der
Erde sehr sauber und still erscheinen müßte; ich habe
uneingeschränkten Zugang zum freien, schnellen, sicheren und
absolut zuverlässigen Interplattform-Transportsystem; ich
bewohne einen Flügel eines Familienanwesens mit den
Ausmaßen eines herrschaftlichen Besitzes, umgeben von einigen
Hektar herrlichen Gartens. Ich verfüge über eine
Flugmaschine, eine Startrampe, habe die Wahl innerhalb eines
großen Stalls von pferdoiden Tieren, selbst das Nutzungsrecht
an einem Gefährt, das diese Leute hier als
›Raumschiff‹ bezeichnen würden, und außerdem
eine große Auswahl an Tiefenraumkreuzern. Wie gesagt, zur Zeit
bin ich durch meine Zugehörigkeit zum Kontakt in meinen
Möglichkeiten etwas festgelegt, aber ich könnte sie
jederzeit kündigen und innerhalb weniger Monate zu Hause sein
und mich auf weitere zweihundert Jahre oder mehr eines sorgenfreien
Lebens freuen; und das alles fällt mir gratis zu, ich brauche
dafür nichts zu tun.
    Aber gleichzeitig bin ich arm. Ich besitze nichts. Genau wie jedes
Atom meines Körper einst Teil von etwas anderem war, genauer
gesagt, Teil von vielen verschiedenen Dingen, und genau wie die
Elementarteilchen ihrerseits Teil eines anderen Musters waren, bevor
sie sich zusammenfanden, um die Atome zu bilden, um dieses
großartige physische und psychische Exemplar zu ergeben, das
sie so eindrucksvoll vor sich sehen…, ja, ich danke Ihnen…,
und genau wie eines Tages jedes Atom meines Wesens wiederum Teil von
etwas anderem sein wird – anfänglich eines Sterns, denn auf
diese Weise pflegen wir unsere Toten zu begraben –, so gibt es
alles um mich herum, von der Nahrung, die ich esse, und den
Getränken, die ich zu mir nehme, und der gefällig
gestalteten Figur, die ich abgebe, und dem Haus, das ich bewohne, und
der Kleidung, die ich so elegant trage… bis zu dem Modul, um zu
der Plattform zu fahren, auf der ich mich befinde, und dem Stern, der
mich wärmt, solange ich da bin, und nicht so sehr, weil ich da bin. Dieses Dinge mögen für mich vorgesehen
sein, aber nur in dem Sinne, wie ich zufällig da bin, und sie
wären auch für jeden anderen da – sofern jemand Wert
auf sie legte. Ich besitze sie nicht – ich betone – nicht.
    Nun, auf der Erde liegen die Dinge nicht ganz so. Auf der Erde ist
eine der Errungenschaften, auf die ein großer Teil der
Einheimischen so überaus stolz ist, jenes wundervolle
ökonomische System, das mit einer so weitreichenden Sicherheit
und Selbstverständlichkeit, daß man fast auf den Gedanken
kommen könnte, der Fortschritt stünde im Zusammenhang

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