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Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
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der Schlecht Fürs Geschäft und
all den anderen ab, aber ich glaube, sie wollte nur höflich
sein; nichts von dem, was ich vorbrachte, wurde aufgegriffen. Also
spielte ich Musik, unternahm meine Bildungsreise und schlief
viel.
    Ich beendete meine Tour und nahm Abschied von der Erde, auf den
Klippen des eisigen, windgepeitschten Santorin, mit Blick auf einen
zerklüfteten Krater, wo die rubinrote Sonne ins Mittelmeer
tauchte; eine bläuliche Plasmainsel, die im weindunklen Meer
versank. Ich weinte.
     
    Deshalb war ich alles andere als erfreut, als das Schiff mich
aufforderte, noch ein letztes Mal einen Auftrag zu
übernehmen.
    »Aber ich will nicht.«
    »Nun, dagegen ist nichts zu sagen, wenn du dir ganz sicher
bist. Ich bitte dich nicht darum, damit du es zu deinem eigenen
Vergnügen tust, das muß ich zugeben, aber ich habe Linter
versprochen, dich zu fragen, und ihm schien sehr viel daran zu
liegen, dich vor unserem Aufbruch noch einmal zu sehen.«
    »Ach… aber warum denn? Was will er von
mir?«
    »Das wollte er nicht verraten. Ich habe nicht allzulange mit
ihm gesprochen. Ich habe eine Drohne hinuntergeschickt, um ihn
darüber zu informieren, daß wir bald abreisen werde, und
er sagte, er wolle ausschließlich mit dir sprechen. Ich habe
ihm zugesagt, dich zu fragen, könnte aber nichts
garantieren… Er blieb jedoch beharrlich; nur du. Mit mir wollte
er nicht sprechen. Na ja. So ist das Leben. Keine Angst. Ich werde
ihm sagen, daß du nicht bereit bist…« Das kleine
Gerät schwebte langsam davon, aber ich zog es zurück.
    »Nein, halt mal! Ich werde gehen. Verdammt, ich gehe. Wo? Wo
will er mich treffen?«
    »In New York.«
    »O nein!« stöhnte ich.
    »He, das ist doch eine interessante Stadt. Vielleicht
gefällt sie dir.«

 
    6.2: Die genaue Natur der Katastrophe
     
    Eine Allgemeine Kontakt-Einheit ist eine Maschine. Beim Kontakt
lebt man während der meisten Zeit unseres durchschnittlich
dreißigjährigen Arbeitspensums im Innern einer oder
mehrerer solcher Maschinen, die durch eine Vielfalt von
System-Fahrzeugen ergänzt werden. Ich hatte etwas mehr als die
Hälfte meiner Zeit hinter mir und war auf drei verschiedenen AKE
gewesen; die Willkür war erst ein Jahr lang meine
Heimstatt gewesen, als wir die Erde trafen, doch die Einheit davor
hatte ebenfalls der Schanz-Klasse angehört. Ich war also daran
gewöhnt, in einem Apparat zu wohnen… Trotzdem hatte ich
mich noch nie so sehr in einer Maschine gefangen, so eingezwängt
und gefesselt und zugeschnürt gefühlt wie nach einer Stunde
im Big Apple.
    Ich weiß nicht, ob es an dem Verkehr, dem Lärm oder der
Menschenmenge lag, an den hoch aufragenden Gebäuden oder der
streng geometrischen Anordnung der langen Straßen und Avenuen
(ich muß sagen, ich habe noch nicht einmal je von einer AKE
gehört, die so regelmäßig unterteilt wäre wie
Manhattan), oder einfach an allem zusammen, aber was auch immer der
Grund sein mochte, es gefiel mir hier nicht. Also: ein bitter kalter,
windiger Samstagabend in der großen Stadt an der Ostküste,
nur noch ein paar Wochen Einkaufsmöglichkeit bis Weihnachten,
und ich saß in einem kleinen Cafe an der 42. Straße; es
war elf Uhr, und ich wartete auf das Ende der Filme in den Kinos.
    Was mochte in Linters Kopf vor sich gehen? Sich zum siebtenmal Unheimliche Begegungen anzusehen, also wirklich! Ich sah auf
die Uhr, trank meinen Kaffee aus, zahlte und ging. Ich zog den
schweren Wollmantel an, knöpfte und gürtete ihn fest zu,
zog Handschuhe an und einen Hut auf. Ich trug eine Feinkordhose und
kniehohe Lederstiefel. Beim Gehen sah ich mich um, der eisige Wind
peitschte mein Gesicht.
    Was mich wirklich erschütterte, war die Bestätigung der
Vorurteile. Es war tatsächlich ein Dschungel. Oslo ein
Steingarten. Paris ein Theater, mit seinen Revuebühnen, den
dunklen Ecken und den Wohnblocks mit offenen Laufgängen und
dazwischen Garagen. London, mit seiner unbestimmten Treibhausluft,
ein schlecht geführtes Museum, aufs Geratewohl modernisiert.
Wien eine allzu ernste Abart von Paris, mit gestärkten hohen
Kragen, und Berlin ein endloses Gartenfest in den Ruinen eines
barocken Grabmals. Und New York ein Regenwald; ein verseuchter, hoch
aufragender, wimmelnder Dschungel voller großer Säulen,
die an den Wolken kratzten, mit den Füßen jedoch in dem
verkommenen, verfaulenden und wuselnden Leben unten stehend; Stahl
auf Felsen, Glas, das die Sonne ausschließt; das leibhaftige
Gegenstück zu der lebenden Maschine, die das

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