Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iain Banks
Vom Netzwerk:
Selbst wenn wir alles menschliche Leben von dem Gesteinsball
wegwischen würden, würden die Leute nach wie vor auf das
Ding hinunterblicken und erschaudern, wenn sie sich an die
erbärmlichen und gleichzeitig leidenschaftlich
selbstzerstörerischen Ungeheuer erinnerten, die einst auf seiner
Oberfläche umherwandelten. Jedoch… selbst
Gedächtnisspeicher haben Schwierigkeiten, eine Einmaligkeit zu
erfassen.«
    Li stieß die Spitze des Lichtschwertes in die Tischplatte
und stützte sich auf den Knauf; das Holz flammte auf und
verbrannte, und das Schwert bohrte sich in einer Rauchwolke immer
tiefer in das lodernde Rotholz. Li zog das Schwert heraus, schob es
in die Scheide und wiederholte den Vorgang, während jemand ein
kleines Vermögen an Wein über das brennende Holz goß.
(»Hatten sie Scheiden?« fragte Roghres verdutzt. »Ich
dachte, sie knipsten sie einfach aus…«) Der dadurch
entstehende Qualm und die Dämpfe stiegen dramatisch um Li herum
auf, während er sich wieder auf den Knauf des Schwertes
stützte und uns alle ernst und tiefsinnig ansah. »Ladies
and Gentlemen«, sagte er und nickte dazu mit grimmiger Miene.
»Das, so gebe ich Ihnen zu bedenken, ist die einzige
Lösung; ein Genozid, um allen Genoziden ein Ende zu bereiten.
Wir müssen den Planeten zerstören, um ihn zu retten.
Sollten Sie beschließen, mir die Ehre zu erweisen, mich zu
ihrem Herrscher zu wählen, damit ich zu Ihrem Wohle wirke,
verbürge ich mich dafür, daß ich diesen Plan
unverzüglich in die Tat umsetzen werde, und in Kürze werden
die Erde und damit all ihre Probleme aufhören zu existieren. Ich
danke Ihnen.«
    Li verneigte sich, trat vom Tisch und nahm Platz.
    Diejenigen von uns, die noch zugehört hatten, klatschten
Beifall, und allmählich fielen so ziemlich alle mit ein. Es
wurden einige recht belanglose fragen gestellt zu Themen wie
Mondgezeiten und Erhaltung des Drehimpulses, doch nachdem Li sie nach
bestem Wissen beantwortet hatte, gingen Roghres, Tel, Djibard und ich
zum Ende des Tisch, hoben Li hoch, trugen ihn, begleitet von
Jubelrufen, am Tisch entlang, brachten ihn in die tiefergelegene
Unterkunftsebene und warfen ihn ins Schwimmbecken. Dabei sprang die
Sicherung des Lichtsäbels heraus, aber ich glaube, das Schiff
hatte sowieso nicht vorgehabt, Li noch länger mit etwas so
Gefährlichem herumfuchteln zu lassen.
    Wir beendeten das Vergnügen an einem einsamen Strand sehr
früh am Morgen in West-Australien, wo wir uns die
vollgefressenen Bäuche und vom Wein benebelten Köpfe in den
trägen Wogen des Indischen Ozeans wegschwammen oder uns in der
Sonne wärmten.
    Genau das tat ich; ich lag einfach im Sand und hörte einem
immer noch von seinem unfreiwilligen Bad feuchten Li zu, der mir
erklärte, was für eine großartige Idee es wäre,
den gesamten Planeten in die Luft zu jagen (oder vielmehr, den
gesamten Planeten abzusaugen). Ich hörte, wie die Leute in den
Wellen planschten, und versuchte keine Notiz von Li zu nehmen. Ich
döste ein, doch man weckte mich zu einem Versteckspiel zwischen
den Felsen, und anschließend saßen wir im Kreis herum und
nahmen ein leichtes Picknick ein.
    Später regte Li uns alle zu einem anderen Spiel an;
Verallgemeinerungs-Raten. Jeder von uns mußte sich ein Wort
ausdenken, um die Menschen zu beschreiben, die Rasse als solche.
Einige fanden das blöd, einfach aus Prinzip, aber die meisten
machten mit. Es kamen Vorschläge wie ›altklug‹,
›verdammt‹, ›mörderisch‹,
›unmenschlich‹ und ›furchterregend‹. Die meisten
von uns, die einen Aufenthalt auf dem Planeten hinter sich hatten,
waren offenbar der Eigenwerbung der Menschen aufgesessen, denn wir
neigten dazu, Worte zu bringen wie ›wißbegierig‹,
›ehrgeizig‹, ›aggressiv‹ oder
›schnell‹. Lis Vorschlag, um die Menschen zu beschreiben,
lautete ›MEIN!‹, aber dann kam jemand auf die Idee, das
Schiff zu fragen. Es beschwerte sich, daß es sich auf ein
einziges Wort beschränken mußte, dann tat es eine Zeitlang
so, als ob es überlegte, und kam schließlich mit
›einfältig‹ heraus.
    »Einfältig?« sagte ich.
    »Ja«, ließ es durch die ferngesteuerte Drohne
antworten. »Einfältig… und bigott.«
    »Das sind zwei Wörter«, wies Li es zurecht.
    »Ich bin ein Raumschiff, verdammt noch mal; ich darf
bescheißen.«
    Nun, ich hatte meinen Spaß. Ich legte mich zurück. Das
Wasser glitzerte, der Himmel schien vor lauter Licht zu klirren, und
in weiter Ferne kennzeichnete ein schwarzes Dreieck oder auch

Weitere Kostenlose Bücher