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Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können

Titel: Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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hat es Offenbachs »Orpheus« immer mal wieder auf den Spielplan großer, ernsthafter Opernbühnen geschafft. Das gilt auch für das wichtigste Werk seines Wiener Kollegen Johann Strauß (1825–1899): »Die Fledermaus«. Der schon zu seinen Lebzeiten weltberühmte Komponist ist vor allem durch seine Walzer und Polkas bekannt. Aber er schuf auch einige Stücke, die zum Grundstock der über viele Jahrzehnte so populären Wiener Operette wurden, neben dem »Zigeunerbaron« ebendie »Fledermaus«. Diese dreiaktige Geschichte über einen reichen Lebemann, der eigentlich zu einer kleinen Gefängnisstrafe verurteilt worden ist, stattdessen aber einen ausschweifenden Ball besucht, ist voller Doppeldeutigkeiten, Anspielungen und musikalisch überaus anspruchsvoll. Deswegen ist sie auch immer wieder gern von großen, der ernsthaften Kunst verpflichteten Opernregisseuren inszeniert worden.
    Dank Johann Strauß wurde Wien für einige Zeit zur Operettenhauptstadt der Welt. Seine Nachfolger Franz Léhar (1870–1948; »Die lustige Witwe«) und Oscar Straus (1870 bis 1954; »Ein Walzertraum«) erweiterten das musikalische Spektrum in der Tradition alter Habsburgerseligkeit in Richtung südosteuropäischer Folklore. Doch mit dem Untergang der alten Adelsgesellschaft schienen auch die Bezugspunkte der Operette verloren zu gehen. An die Stelle ironischer Spitzen und Doppelbödigkeiten traten zusehends Pathos und Schmalz – ein Grund, warum viele dieser Stücke aus heutiger Sicht trotz ihrer musikalischen Qualitäten kaum noch ernsthaft aufzuführen sind.
    Let’s dance! Von der Energie des Musicals
    In den 1920er- und 30er-Jahren verlagerte sich das Zentrum des unterhaltsamen Musiktheaters aus der Alten in die Neue Welt. Nicht mehr Wien war der Ort des Geschehens, sondern New York, und hier – der Broadway!
    Wer hier Theater machen will, der darf auf keinen Dollar öffentlicher Zuschüsse hoffen, der kann nur von einem leben: von der Gunst des Publikums. Die Zuschauer müssen mit perfekten, unterhaltsamen, faszinierenden Inszenierungen zu den Kassenhäuschen der Theater gelockt werden, sonst können diese bald wieder ganz schließen. Das ist einerseits ein gnadenloser Druck. Andererseits erzeugt dies bei vielen Künstlern einen ungeheuren Schub an Kreativität – und war ausschlaggebend für die Entstehung des Musicals, das auf noch unterhaltsamere und mitreißendere Art als die Operette das Publikum in seinen Bann ziehen sollte. Hier spielt der Komponist zwar auch weiterhin eine wichtige Rolle, ist aber dennoch nur ein Teil eines großen Ensembles: Der Autor der Geschichte, der Texter der Songs, der Regisseur, der Choreograf und die Tänzer sind mindestens ebenso wichtig. Und das letzte Wort hat dabei immer der Produzent, der in die Show sein Geld investiert und natürlich irgendwann mit dem ganzen Projekt einen dicken Gewinn machen will. (Es gibt ein schönes und sehr böses Musical, das die Jagd der Produzenten nach Kassenerfolgen auf die Schippe nimmt: »The Producers«, geschrieben und produziert von Mel Brooks.)
    Das Musical, das unter diesen Bedingungen entsteht, muss also auf die Wünsche des Publikums, auf den Unterhaltungsmarkt ausgerichtet sein. Doch trotz dieses kommerziellen Hintergrunds hat das 20. Jahrhundert wahre Kunstwerke an amerikanischen Musicals hervorgebracht. Das ist vor allem Künstlerpersönlichkeiten wie George Gershwin (1898–1937) und Cole Porter (1891–1964) zu verdanken. Beide waren hervorragende Musiker; von Gershwin stammen sinfonische Werke und eine Oper (»Porgy und Bess«), die bis heute zum klassischen Kanon gehören. Ebenso unermüdlich schufen Gershwin und Porter Broadway-Musicals, von denen einzelne Songs und Melodien weltberühmt sind. Zum Beispiel »So in Love« aus »Kiss me, Kate« und »Anything Goes« aus dem gleichnamigen Musical von Cole Porter sowie »Summertime« aus Gershwins »Porgy und Bess«.
    Musicalkomponisten müssen stets ein Ohr für die neuesten Trends der Unterhaltungsmusik haben, also für das, was den Massengeschmack prägt. Das war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts der Jazz und vor allem der Swing. Natürlich konnte die Orientierung am Massengeschmack auch schiefgehen, und es entstanden eher seichte und wenig originelle Produktionen – die heute längst vergessen sind. Aus der Feder guter Komponisten stammen jedoch Stücke, die durch ihre musikalische Qualität und ihren Mut zu sperrigen Themen zum Tagesgespräch wurden und bis heute aufgeführt

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