Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können
die dahinter stehenden Privatunternehmer von den Zuschauern hohe Eintrittspreise verlangen müssen – mit einer gewissen Ängstlichkeit auf den mutmaßlichen Massengeschmack hin konzipiert sind. Um dabei auf Nummer sicher zu gehen, hatten einige Produzenten die Idee, die Musik eines Stücks gar nicht mehr neu zu komponieren, sondern erfolgreiche Popsongs zu nehmen und in eine halbwegs originelle Handlung einzubetten. Nach diesem Prinzip funktionieren sehr effektvoll beispielsweise »Mamma Mia« (1999) mit den Titeln der schwedischen Popgruppe Abba, »We will rock you« (2002) nach Queen oder für die Freunde des deutschen Schlagers »Ich war noch niemals in New York« (2007) von Udo Jürgens.
Kein Zweifel: Niemand, der Freude an diesen Produktionen hat, muss sich dessen schämen. Doch wenn dieser, nennen wir es mal: Zweit- und Drittverwertungstrend anhält, droht die Entwicklung des Musicals ähnlich zu versanden, wie einst jene der Operette. Das wäre schade um eine Kunstform, die über viele Jahrzehnte hinweg ein großes künstlerisches Potenzial bewiesen hat.
Vorbereitung auf den Musicalabend
Diesen Abschnitt können wir erfreulich kurz halten. Denn für einen Abend im Musical bedarf es wenig Übung. Allzu viele Informationen über das Stück und seine Entstehung könnten sogar eher dem Vergnügen hinderlich sein. Wie jede gute Unterhaltung will ein Musical den Zuschauer da abholen, wo er gerade ist, will ihn einfangen und mitreißen, faszinieren, begeistern und überraschen. Wenn das am Ende nicht funktioniert hat, liegen die Gründe dafür wahrscheinlich bei der Aufführung – ganz sicher aber nicht beim Zuschauer.
Zehn wichtige Operetten und Musicals
1. »Orpheus in der Unterwelt« (1858) von Jacques Offenbach (1819–1880). Eine herrliche Parodie auf die große Oper und auf die Blasiertheit des scheinbar anständigen Bürgertums. Ein Lobgesang der Lebensfreude und der Sinnlichkeit. Wie Orpheus die Götter mit schönem Gesang lockt, um zum Schluss den wilden, rassigen Cancan zu ernten, das ist ganz große Kultur.
2. »Die Fledermaus« (1874) von Johann Strauß (1825–1899). Ein im Grunde braver Bürger drückt sich vor dem Gefängnisarrest und zieht stattdessen lieber auf einen ausschweifenden Ball – musikalisch ist dies von großer Finesse, darstellerisch in gelungenen Inszenierungen ein wahres Fest der Doppelbödigkeit.
3. »Die lustige Witwe« (1905) von Franz Lehár (1870–1948). Reicher Mann liebt armes Mädchen, das aber nicht standesgemäß ist. Armes Mädchen zieht in die Ferne, wird reich und kehrt Jahre später wieder zurück. Doch bis es sein großes Glück findet, dauert es noch. Zugegeben, die Handlung ist voller Klischees, doch die Musik lässt weltweit die Herzen der Operettenfans höher schlagen.
4. »My Fair Lady« (1956) von Frederick Loewe (1901–1988). Nach einer Komödie von George Bernard Shaw: Ein verschrobener Professor wettet, dass er mittels Sprach- und Sprechunterricht aus einer einfachen Blumenverkäuferin eine Dame von Welt machen kann. Die Musik dieses zeitlos eleganten Stücks bietet zahllose Evergreens.
5. »West Side Story« (1957) von Leonard Bernstein (1918–1990). Womöglich das beste Musical aller Zeiten: Der Komponist verlegte Shakespeares »Romeo und Julia« in das New York der 50er-Jahre. Die harten Bandenkämpfe, die dramatische Liebesgeschichte, das tieftraurige Ende, vor allem aber die mitreißende und anspruchsvolle Musik begeistern das Publikum bis zum heutigen Tag.
6. »Anatevka« (1964) von Jerry Bock (*1928). Das Stück um den jüdischen Milchmann Tewje, der einerseits unbedingt die Traditionen pflegen, andererseits seine Töchter glücklich sehen will, spielt in der versunkenen Welt des Ostjudentums. Das Lied »Wenn ich einmal reich wär’« kann fast jeder noch mitsummen.
7. »Cabaret« (1966) von John Cander (*1927). Die Geschichte um den Berliner Kit-Kat-Club und seine Sängerin Sally Bowles aus dem Jahr 1932 beweist, dass man sogar die Schrecken des Nationalsozialismus angemessen in einem Musical darstellen kann. Weltberühmt wurde »Cabaret« 1972 durch die Hollywood-Verfilmung von Bob Fosse mit Liza Minelli in der Hauptrolle.
8. »Hair« (1968) von Galt MacDermot (*1928). Lange Haare als Protest gegen das Spießertum und gegen den Vietnamkrieg der USA – die subversive Kraft dieses Musicals um eine Hippie-Gang im New Yorker Central Park ist in Musik und Handlung bis heute
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