Kultur für Banausen - alles was Sie wissen müssen, um mitreden zu können
verstehen, warum sich der Regisseur und seine Schauspieler offenbar leichtfertig über die Vorgaben des Autors hinwegsetzen, den Text kürzen oder bearbeiten und weder bei den Kulissen noch bei den Kostümen auf die Zeit achten, in der das Stück eigentlich spielt.
Solche Streitereien sind aus dreierlei Gründen völlig unsinnig. Man mag eine Inszenierung misslungen finden, aber der Umstand, dass ein Regisseur sich nicht punktgenau an die Vorgaben des Autors gehalten hat, ist für eine solche Meinungkein hinreichender Grund. Erstens haben alte Texte für uns ja nur dann einen Wert, wenn sie etwas zum Ausdruck bringen, das in unserer gegenwärtigen Situation von Belang ist. Sie müssen also aus heutiger Sicht gedeutet, interpretiert werden, und der Verantwortliche für diese Interpretation ist nun mal der Regisseur. Veränderungen im Text, bei den Kostümen und im Bühnenbild sind letztlich nur das Mittel, um diese Interpretation zu verdeutlichen und den Zuschauern den Zugang zu dem Stück zu erleichtern. So hat Theater von Anfang an funktioniert.
Wenn die Interpretation des Regisseurs überzeugend ist, dann wird sich im Übrigen kein Zuschauer im Saal weitere Gedanken über die Frage der Veränderung machen. Denn das ist – zweitens – natürlich stets Voraussetzung für einen gelungenen Theaterabend: Der Regisseur und die Schauspieler müssen das Publikum von ihrer Sicht auf den Text überzeugen. Häufig sind die Debatten darüber, ob diese oder jene Aktion auf der Bühne eigentlich vom Text gedeckt war, in Wirklichkeit nur ein Zeichen dafür, dass viele Zuschauer den Sinn besagter Aktion nicht verstanden haben. (Und es ist übrigens das gute Recht des Zuschauers, das zum Ausdruck zu bringen!)
Aber einen Text, der rein und unverfälscht auf die Bühne gebracht worden wäre, hat es – und das ist der dritte Grund – im Theater wahrscheinlich noch nie gegeben. Zu unserem Glück sehen wir die häufig überlangen Klassiker nie in der Form, in der sie in ganzer Wortpracht im Buche stehen. Die Texte Shakespeares sind vermutlich zu einem wesentlichen Teil erst auf der Bühne während der Probenarbeit entstanden. Und Schiller wusste sehr genau, dass fast alle seine Werke für einen Theaterabend viel zu lang geraten waren. Deswegen war er seinem Weimarer Regisseur Johann Wolfgang von Goethe ja so überaus dankbar, dass dieser beispielsweise bei der Uraufführung des »Wallenstein« kräftig Verse gestrichen hatte.
Es gibt gelungene Theaterabende – und misslungene. Es gibt Inszenierungen, die mit modernen Mitteln einen alten Text in neuem Gewand erscheinen lassen, sodass sich der Zuschauer wundert, wie die alten Worte so treffsicher auf die Gegenwart passen. Und es gibt andere Inszenierungen, die einfach nur laut und verwirrend sind und es zu keiner Zeit schaffen, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Es gibt auf der anderen Seite aber auch recht konservative Inszenierungen, deren Respekt vor der Sprache die Zuschauer sofort gefangen nimmt, gerade weil das Gesagte für heutige Ohren so ungewohnt klingt. Und es gibt wieder andere konservative Inszenierungen, die so holperig durch die alten Verse torkeln, dass alles blutleer und uninteressant bleibt wie bei einem verstaubten Ausstellungsstück im Heimatmuseum. Theater kann grandios erfolgreich sein – und es kann desaströs scheitern.
Vorbereitung auf den Theaterabend
Eigentlich bedarf ein Theaterabend keiner besonderen Vorbereitung – nur der Vorfreude auf das Spiel der Akteure. Kleider- und Verhaltensregeln gibt es an den Schauspielbühnen inzwischen fast gar nicht mehr. Und das Spektrum von den großen Bühnen bis hin zu den kleinen, freien Gruppen ist in vielen Städten so groß, dass man im Zuge einer Theater-Entdeckungsreise bestimmt den passenden Ort für sich finden wird.
Es gibt einige Schauspielhäuser im deutschsprachigen Raum, deren Inszenierungen überregional beachtet werden. Das Thalia Theater in Hamburg, das Deutsche Theater in Berlin, die Münchner Kammerspiele, das Zürcher Schauspielhaus und das Wiener Burgtheater gelten als tonangebend.Doch die Qualität der Theaterlandschaft liegt gerade darin, dass selbst in kleineren Städten gute Bühnen zu finden sind, auf denen mit vielleicht geringerem Aufwand, aber ebenso großem Engagement allabendlich gespielt wird.
Natürlich kann es sehr hilfreich sein, sich vor dem Theaterabend in einem Schauspielführer über die Handlung des Stücks zu informieren. Und ist das Stück noch so neu, dass es
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