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Kunst des Feldspiels

Kunst des Feldspiels

Titel: Kunst des Feldspiels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Harbach
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sagte Schwartz
noch einmal. SpecksTür fiel zu, und das Aufjaulen der Bettfedern drang
überdeutlich durch die Wand.
    Das Haus war nun wieder
wie ausgestorben. Auf dem Weg zur Küche tastete Schwartz sich langsam am
Beer-Pong-Tisch vorbei. What you missed about these bitches
/ Is they all can feel my fame / My sick hits make ’em ticklish / Till they
screamin’ out my name. Meine Güte, was einem alles so im Kopf blieb,
sosehr man sich auch dagegen wehrte. Es war nicht gerade Milton; es war nicht
einmal Chuck D. Ernsthaft, er sollte sich darum kümmern, dass sie die Jukebox
bei Bartleby’s von HipHop auf Lyrik umstellten. Dann könnte man seinen Dollar
hineinschmeißen, die 10-08 anwählen, »Wenn
Furcht mir kommt, ich hörte auf zu sein«, und zusammen mit dem Bier ein wenig
Keats aufsaugen.
    Die Küche war im
Vergleich zum Rest des Hauses auf unheimliche Art makellos, die Spüle glänzte
im Licht der darüberhängenden Lampe und hatte beinahe ihren ursprünglichen
Limabohnen-Ton wiedererlangt. Pella hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, sie
jedes Mal zu schrubben, wenn sie da war, weshalb Schwartz es sich zur
Angewohnheit gemacht hatte, sie selbst zu schrubben, damit sie es nicht machen
musste, und in letzter Zeit hatte es den Anschein, als würde sich sogar Speck
beteiligen, indem er Flecken vom Linoleum kratzte – alte Kaugummis von früheren
Bewohnern, nicht ganz so alte Tabaksaftflecken – und den Abfalleimer ausspülte.
Schwartz erwärmte die Kekse dreißig Sekunden lang in der Mikrowelle, steckte
einen in den Mund, goss sich einen Liter Milch in ein Souvenirglas der Chicago
Bears, trank ihn und verdrückte dann im Licht des Kühlschranks die restlichen
Kekse. Asch, ganz Ehrenmann, hatte einen Zwölferpack Schlitz besorgt. Schwartz
schnappte sich zwei Dosen, ging in das muffige Wohnzimmer und setzte sich im
Dunkeln auf die Couch. Eine Lyrik-Jukebox war eine bescheuerte Idee, aber sie
gefiel ihm trotzdem. Er wünschte, er könnte Pella davon erzählen, und sei es
nur, damit sie ihn auslachte und ihn einen Chicagoer Konservativen nannte.
    Sie hatten sich noch
nie gestritten. Falls es beim Streiten darum ging, dem anderen richtig
wehzutun, war sie gut darin. Als Gegenpol zu seiner Wut konnte er eine leichte
Befriedigung erspüren; sie speiste sich aus dem Wissen, dass diese Art von
Schmerz überhaupt existierte, dass ein Mädchen, eine Frau, ihm genug bedeutete,
um ihn verletzen zu können. Das erhöhte die Wahrscheinlichkeit, dass Pella
recht hatte und er tatsächlich am glücklichsten war, wenn er litt. Aber das
stimmte nur, wenn man »aus einem Grund« hinzufügte. Er litt gern aus einem
Grund. Wer tat das nicht? Aber all seine Gründe fielen in sich zusammen. Im
Kopf hakte er einen nach dem anderen ab: Jurastudium, Abschlussarbeit, Henry,
Pella.
    Er war nicht mehr der
Junge aus der Hochhaussiedlung. Wenn er sich zu Tode soff, wie so viele
Schwartze vor ihm, oder auf andere Weise alles verbockte, war das ganz allein
seine Schuld. Ausreden gab es nicht. Was es gab, waren Optionen ,
auch ohne die Jurististische Fakultät von Yale. Er war allein deshalb von
keiner Universität angenommen worden, weil er sich bei Hunderten von
Universitäten, die ihn angenommen hätten, erst gar nicht beworben hatte. Ihm
stand das komplette Instrumentarium zur Verfügung, rhetorische, analytische und
kritische Fähigkeiten, Selbstreflexion, reiche Freunde, Referenzen, Respekt.
Verdammt, er hatte sogar tausend Dollar in der Jackentasche. Er kehrte in die
Küche zurück, um sich noch zwei Bierdosen zu holen.
    Pella konnte mit
siebzig Seiten pro Stunde durch James, Austen oder Pynchon kajolen und sich
alles merken, als wäre sie dafür geboren. Er liebte es, ihr zuzusehen, wenn ihr
die Lesebrille auf der Nasenspitze saß und ihre Gedanken von ihm unabhängig
waren.
    Sie missverstand sein
Leben. Er wollte nicht, dass alles schwierig war, es war alles schwierig. Das Geld war das geringste Problem. Er war nicht so schlau wie
sie. Das Einzige, was er konnte, war andere Leute motivieren. Was letztlich gar
nichts brachte. Manipulation, Puppenspielen. Was hätte er dafür gegeben, ein
eigenes Talent zu haben, so wie Henry? Alles. Er hätte alles dafür gegeben. Wer
es nicht kann, lehrt es.
    Ein Auto fuhr langsam
die Grant Street entlang, aus dem Subwoofer pumpte der wummernde Bass jenes
dümmlichen Songs, den er vorhin noch gesungen hatte. Er zwang sich, nicht an
noch mehr Textzeilen zu denken. Er leerte die Bierdosen und ging

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